Emerging Markets: Ganz genau hinschauen!

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COVID-19, gefolgt von einer hohen Inflation haben in vielen Schwellenländern die Konjunktur ausgebremst. Einige Emerging Markets können jedoch besser mit diesen schwierigen Marktbedingungen fertig werden als andere.

Die Preise steigen weiter

In Europa und den USA stöhnen die Menschen unter den Folgen der hohen Inflation. Hierzulande sind es vor allem die hohen Energiepreise, die Verbraucher und Regierungen umtreiben. Zumal mit dem Krieg in der Ukraine sowie den westlichen Sanktionen gegen Russland die Sorgen vor einem russischen Gas-Lieferstopp im Winter zugenommen haben.

Die Folgen dürften für Gesellschaft und Industrie enorm sein. In vielen anderen Teilen der Welt wirken sich die hohen Preise für Öl, Gas und andere Rohstoffe aber schon heute deutlich gravierender aus als hierzulande.

Nicht umsonst wird angesichts hoher Nahrungsmittel- und Düngerpreise von drohenden Hungersnöten gesprochen. Zudem ist die Energieversorgung anderswo schon heute ein riesiges Problem.

Beispiel Sri Lanka – nur ein Land, das Sorge bereitet

Als Beispiel dient vor allem Sri Lanka. Eine unzureichende Versorgung mit Benzin, Stromausfälle oder fehlende Medikamente sowie eine schwere Wirtschaftskrise hatten das Land erfasst, zu Protesten geführt und letztlich den Sturz einer Regierung verursacht.

Auch in anderen Schwellenländern ist die hohe Inflation ein großer Belastungsfaktor, insbesondere, da die Menschen häufig einen größeren Teil ihres Einkommens für Nahrungsmittel oder Energie ausgeben müssen als in den Industrieländern. Dies sind auch Gründe, warum die Notenbanker in vielen Emerging Markets, früher als im Fall von EZB oder Fed damit begonnen haben, die Geldpolitik zu normalisieren und die Leitzinsen anzuheben.

In einem Kommentar zu den Schwellenländermärkten verweisen die Fondsmanager bei Janus Henderson allerdings darauf, dass höhere Rohstoffpreise einigen Emerging Markets Vorteile verschaffen könnten.

Schwellenländer bleiben für Anleger interessant, aber nicht alle Investments sind geeignet. Bildquelle: markteinblicke.de

Die Terms of Trade

Ales Koutny, Portfolio Manager, und Andrew Mulliner, Head of Global Aggregate Strategies bei Janus Henderson Investors, verweisen darauf, dass viele Schwellenländer bedeutende (und oft führende) Rohstoffexporteure seien. Daher hätten sich die Preissteigerungen sehr positiv auf ihre Haushaltslage ausgewirkt.

Die Terms of Trade – das Verhältnis zwischen den Exportpreisen eines Landes und seinen Importpreisen – hätten sich für einige Volkswirtschaften deutlich verbessert. Letztlich wirkten sich die aktuellen Entwicklungen auf die Schwellenländer jedoch sehr unterschiedlich aus.

„Da die einheimische Bevölkerung in der Regel strikter Verbraucher ihrer Exportgüter sind, führen höhere Weltmarktpreise zu Erschwinglichkeits- und Versorgungsproblemen. Aus diesem Grund haben sich viele Länder für umfangreiche Maßnahmen entschieden, um die lokalen Preise zu senken und die Verfügbarkeit zu gewährleisten, wie zum Beispiel ein Palmöl-Exportverbot in Indonesien und erhebliche Kürzungen der Exportquoten für Sojaproduzenten in Argentinien.

Auch wenn sich diese Maßnahmen nachteilig auf die Bilanzen dieser Länder und ihre Finanzlage insgesamt auswirken, sind die Regierungen der Ansicht, dass ein Mangel an Grundnahrungsmitteln für die Bürger schlimmere Folgen hätte“, heißt es weiter.

Die Gefahr der sozialen Unruhen

Da eine Gefahr eines Wiederaufflammens der sozialen Unruhen, wie sie in Ägypten, Ecuador und Sri Lanka zu beobachten waren, bestehen würde, mussten Regierungen laut den Fondsmanagern außerdem Subventionen für Waren gewähren, was ihrer Haushaltslage geschadet habe, während die Bilanzstabilität von den Terms of Trade der Länder abhängen würde.

Im Ergebnis könne dies zu einer größeren Divergenz in den Schwellenländern führen, da die Länder mit einer stärkeren Finanzlage und politischer Stabilität wahrscheinlich eher in der Lage seien, den Rahmenbedingungen zu trotzen.

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Nicht alle(s) über einen Kamm scheren

Es ist keine allzu neue Erkenntnis, dass die Schwellenländermärkte sehr verschieden sind. Dies hat man beispielsweise im Zuge der Entwicklung der BRIC-Volkswirtschaften, Brasilien, Russland, Indien und China, in den vergangenen Jahren gesehen. Diese sind alles andere als im Gleichschritt gewachsen. Während China sich zur zweitgrößten Volkswirtschaft hinter den USA entwickelt hat, hinkt beispielsweise die russische Wirtschaft deutlich hinterher.

In der aktuellen Phase hoffen viele Marktteilnehmer wiederum, dass die Notenbanken in den Schwellenländern früher mit Zinssenkungen reagieren können, da sie auch früher mit Erhöhungen auf die steigenden Preise reagieren mussten.

Bei Janus Henderson ist man jedoch der Ansicht, dass die Zentralbanken in erster Linie den derzeitigen Preisdruck verringern wollen und die Zinssätze wahrscheinlich anheben werden, bis sie glauben, dass dieser unter Kontrolle ist.

„Solange eine schwere globale Rezession nicht zu einem starken negativen Preisdruck auf breiter Basis führt, werden die Zentralbanken unserer Meinung nach nur langsam die jüngsten Zinserhöhungen rückgängig machen. Zinssenkungen sind zwar möglich, aber wir gehen davon aus, dass sie sehr behutsam erfolgen werden. Darüber hinaus gibt es in den Schwellenländern immer noch einige Länder wie Indonesien, die eine andere Inflationsdynamik aufweisen“, heißt es im jüngsten Kommentar.

Asien bleibt als Anlageregion weiter spannend. Bildquelle: markteinblicke.de

mE-FAZIT

Viele Schwellenländer haben mit den derzeit vorherrschenden schwierigen Marktbedingungen besonders hart zu kämpfen. Selbst in China haben die jüngsten COVID-19-Lockdowns für ein langsameres Wachstum der Wirtschaft gesorgt, nachdem das Land lange Zeit als Vorzeige-Schwellenland und so etwas wie der Motor der weltweiten Konjunktur gegolten hatte.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass China und andere Emerging Markets nach dieser schwierigen Phase Anlegern keine Möglichkeiten bieten würden. Es gilt jedoch genau hinzuschauen, da eine Pauschalisierung über die Schwelländermärkte hinweg kaum möglich ist. Viele von ihnen dürften jedoch weiterhin mit jungen Bevölkerungen, wachsenden Mittelschichten und einem hohen Wirtschaftswachstum aufwarten können.

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