Streaming-Wars: Weg frei für Disney?

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Netflix (WKN: 552484 / ISIN: US64110L1061) blieb lange Zeit im Streamingbereich unbehelligt. Inzwischen macht jedoch vor allem Disney+ dem langjährigen Branchenprimus Druck.

Die neue Art Medieninhalte zu konsumieren

Es hat einige Jahre gedauert. Doch seit den Tagen, als Netflix mit dem Versand von DVDs und Blu-rays das Ende der Videotheken eingeläutet hatte und sich die Menschen Filme und Serien illegal im Internet heruntergeladen haben, hat sich viel verändert. Es hat sich eine Bereitschaft entwickelt, für Inhalte viel Geld auf den Tisch zu legen.

Zudem wollen die Menschen Filme, Serien, oder Dokumentationen nicht mehr linear mit ständigen Werbeunterbrechungen im traditionellen Fernsehen schauen. Es ist jedoch nicht nur die Art und Weise, wie sich Menschen Filme, Serien oder Dokumentationen anschauen, die sich verändert hat. Vielmehr hat sich die Art und Weise verändert, welche Medieninhalte überhaupt und wie konsumiert werden.

Verschärfte Konkurrenzsituation

Statt eine bestimmte Serie “binge zu watchen”, also viele Folgen am Stück zu gucken, schauen sich insbesondere Jugendliche heutzutage häufig viel lieber Kurzvideos auf TikTok, Facebook oder YouTube an. Damit muss das lineare Fernsehen nicht nur mit den neuen Streamingdiensten konkurrieren, sondern auch mit einer Vielzahl von Möglichkeiten, mit denen sich die Menschen ihre Zeit im Internet vertreiben können.

Dieser Konkurrenzsituation sind aber auch die Streamingdienste wie Netflix, Disney+, Apple+ Amazon Prime Video, Paramount+, Warner Bros. Discovery und viele andere ausgesetzt. Damit müssen sie mit dem Problem fertig werden, dass Menschen nur eine bestimmte Anzahl von Stunden am Tag zum Konsumieren von Inhalten zur Verfügung haben.

Gleichzeitig haben sie im Monat oder im Jahr nur ein bestimmtes Budget für Abonnements der vielen Streamingangebote zur Verfügung. Insbesondere in Zeiten der Inflation und Unsicherheiten in Bezug auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung kann es schon einmal vorkommen, dass das ein oder andere Streaming-Abo gekündigt werden muss.

Normalisierung nach Corona-Hoch

In Verbindung mit Effekten wie den Folgen des Krieges in der Ukraine hat dies zuletzt vor allem Netflix zu spüren bekommen. Zumal der langjährige Marktführer und Branchenpionier viele Jahre auf einer Erfolgswelle ritt. Die Euphorie wurde in Zeiten der Corona-Krise sogar noch verstärkt.

Plötzlich hatten die Menschen aufgrund von Lockdowns noch viel mehr Zeit zum Schauen von Filmen, Serien oder Dokumentation. Dies hatte die Abonnentenzahlen bei Netflix, aber auch bei anderen Streamingdiensten, in die Höhe schießen lassen. Doch inzwischen ist vor allem bei Netflix Ernüchterung eingekehrt. Dies machte sich gleich in verschiedener Weise bemerkbar.

Disney überholt Netflix

Im ersten Quartal 2022 hatte Netflix zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren einen Rückgang bei den Abonnentenzahlen vermeldet. Im zweiten Quartal verlor man weitere zahlende Kunden. Zwischen April und Juni 2022 wanderten netto knapp 1 Million Netflix-User ab. Dies sorgte sogar dafür, dass Konkurrent Disney+ Netflix in einer Kategorie überholen konnte. Ende Juni 2022 hatte Netflix 220,67 Millionen Abonnenten.

Der Medienriese Disney brachte es dagegen mit seinen Angeboten Disney+, dem Sportangebot ESPN+ und Hulu auf 221,1 Millionen User. Diese Entwicklung führte dazu, dass man bei Netflix einige lange Zeit für ausgeschlossen geltende Maßnahmen ergriff. Zunächst wurde dem sogenannten Password-Sharing der Kampf angesagt, während selbst das Tabu der werbefinanzierten Inhalte fallen musste. Dabei war dies etwas, worüber sich das Netflix-Management in der Vergangenheit sogar lustig gemacht hatte.

Teure Angelegenheit

Am Beispiel Netflix zeigt sich, wie rau und überfüllt der Streaming-Markt inzwischen ist. Allerdings ist es selbst im Fall des derzeitigen Branchenüberfliegers Disney nicht so, dass alles rund laufen würde. Die Bereitstellung der vielen Inhalte geht ganz schön ins Geld. So weitete Disney den operativen Verlust im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2021/22 (Ende 2. Juli) im Bereich Direct-to-Consumer auf 1,06 Mrd. US-Dollar, nachdem dieser im Vorjahreszeitraum bereits 293 Mio. US-Dollar betragen hatte.

Hierfür machte das Management höhere Programm-, Produktions-, Technologie- und Marketingkosten bei Disney+ und den anderen Diensten verantwortlich. Zu diesen Kosten zählen beispielsweise höhere Ausgaben für Übertragungen von Cricketspielen. Als Reaktion wird Disney (WKN: 855686 / ISIN: US2546871060) unter anderem die Abo-Preise anheben.

Hierzulande wäre eine solche noch keine große Sache, da man mit 8,99 Euro im Monat gegenüber Netflix und seinen 12,99 Euro beim Standardtarif deutlich günstiger aufgestellt ist. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es nicht die letzten Preiserhöhungen sein werden. In diesem Fall bleibt es abzuwarten, wie lange Disney+ mit seinem sehr beliebten Angebot mit den Star Wars- oder Marvel-Franchises bei Film- und Serienfans punkten kann.

FAZIT

Nach dem Abflachen der “Stay-At-Home”-Trades ist die Situation rund um die Streaminganbieter immer noch dabei sich zu normalisieren. Gleichzeitig wird ein erbitterter Konkurrenzkampf geführt, der zuletzt vor allem gezeigt hat, dass selbst der langjährige Branchenprimus Netflix nicht verschont wird. In der aktuellen Situation dürfte Disney allein schon wegen seiner beliebten Inhalte die Nase vorne haben. Außerdem kann der Medienkonzern mit seinen Parks auch abseits des Streamingsegments mit weiteren erfolgreichen Geschäftsbereichen punkten.

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