Erdgas bleibt auch dank LNG ein wichtiges Thema

Bildquelle: pixabay / Gaz_Chapp

An den Erdgasmärkten hat sich die Preissituation zuletzt etwas entspannt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass in Sachen Energiekrise eine allgemeine Entwarnung ausgerufen werden kann. Zumal mit der Suche nach Alternativen zu russischen Erdgaslieferungen das Thema Erdgas auch weiterhin im Fokus der Politik, Wirtschaft und Anlegergemeinde bleiben wird.

Die Preise für Erdgas gehen durch die Decke

Im Zuge seiner Statistiken zu den größten Gewinnern und Verlierern am ETF-Markt konnten laut Morningstar-Daten im August vor allem türkische Aktien-ETFs, Erdgas und andere Rohstoffe überzeugen. Zu den Gewinnern gehörte beispielsweise der BNP Henry Hub Erdgas (TR) ETC. Kein Wunder. Schließlich wird hierzulande in diesem Jahr über kaum ein anderes Thema mehr gesprochen als über die steigenden Energiepreise. Im Fokus steht ganz besonders die Erdgaspipeline Nord Stream I. Russland hat Anfang September einmal mehr den Gasdurchfluss nach Deutschland gestoppt, nachdem es bereits zuvor Streitigkeiten über eine reparierte Turbine gegeben hatte.

Diese Entwicklungen hatten den Preis des Terminkontraktes TTF für niederländisches Erdgas in Richtung 300-Euro-Marke getrieben. In den vergangenen Tagen erlebten die Notierungen zwar eine deutliche Entspannung, was auch den Aktienmärkten kurzfristig auf die Beine half, allerdings könnte es jederzeit zu weiteren Kursschüben kommen. Schließlich steht der Winter bevor. Auch wenn die deutschen Gasspeicher gut gefüllt sind, dürften wir nicht ganz ohne russische Lieferungen auskommen. Zumal immer noch die Gefahr besteht, dass es ein besonders kalter Winter wird.

Die Energiepreise kurbeln massiv die Inflation an

Dies dürfte die Energiekrise hierzulande weiter anfachen und bei den bereits sehr hohen Preisen für weitere Schübe sorgen, was weitere Folgen hätte und die Inflation in vielen anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei Nahrungsmitteln, ankurbeln würde. Zumal Energierationierungen nicht ausgeschlossen sind. Gleichzeitig geht der Krieg in der Ukraine weiter und sorgt damit dafür, dass die Energieversorgung auf der Tagesordnung bleibt. Der Umstand, dass Deutschland auch in Zukunft auf Erdgas angewiesen sein wird, sorgt darüber hinaus dafür, dass das Thema auch in den kommenden Jahren spannend bleiben sollte.

LNG Terminal
Das Konzept von RWE für schwimmende LNG-Terminals. Quelle: RWE

Dabei geht es hierzulande vor allem darum, wie man unabhängig von russischen Erdgaslieferungen sein kann. Selbst ohne diese benötigen Deutschland und die anderen europäischen Länder auch in Zukunft sehr viel Erdgas. Zwar sollen die Erneuerbaren Energien eines Tages fossile Energieträger wie Öl, Gas und Kohle ersetzen, an diesem Punkt sind wir jedoch noch lange nicht. Daher geht es nun darum, andere Lieferanten von Erdgas auszumachen. Mit den USA, Katar oder Australien hat man diese auch schnell gefunden. Allerdings hat die Sache einen Haken.

LNG (Liquefied Natural Gas) soll die langfristige Lösung sein

Anders als im Fall von Russland führen aus diesen Ländern keine ausgedehnten Pipelinesysteme nach Deutschland und den Rest Europas. Um die Abhängigkeit von russischen Erdgasimporten zu senken, stehen Wirtschaft, Politik und der Gesellschaft als Ganzes viele Anknüpfungspunkte zur Verfügung. So ist das Einsparpotenzial gewaltig. Auf diese Weise müsste weniger Gas importiert werden. Ein anderer wichtiger Ansatzpunkt ist die noch stärkere Förderung Erneuerbarer Energien. Allerdings handelt es sich im Fall der Energiewende um einen langfristigen Prozess.

Zwar stellt dieser die eleganteste Möglichkeit dar, sich von russischen Energieimporten unabhängig zu machen – denn er eliminiert den Einsatz fossilen Erdgases ganz und trägt damit zum Erreichen der Klimaziele bei. Allerdings wird es noch einige Jahrzehnte dauern, bis wir unseren Energiebedarf mithilfe Erneuerbarer Energien vollständig decken können. Da wir noch eine ganze Weile an den Einsatz fossilen Erdgases gebunden sind, steht kurz- bis mittelfristig die Suche nach alternativen Bezugsquellen im Fokus. Die Lösung des Problems soll daher LNG (Liquefied Natural Gas) heißen.

Deutschland beschleunigt den Bau von LNG-Terminals

Hierzulande hört man seit vielen Jahren von einem Flüssiggasterminal, das Importe von Fracking-Gas aus den USA sowie Erdgaslieferungen in flüssiger Form aus Katar erlauben würde. Nur geschehen ist lange Zeit wenig. Kein Wunder – schließlich wurde Deutschland dank Nordstream I günstig aus Russland per Pipeline beliefert. Nun jedoch scheint der Bau von gleich zwei Terminals nicht schnell genug vorangehen zu können. Bisher lag der Anteil russischen Gases hierzulande bei etwa 55 Prozent. Durch mehr Erdgas aus Norwegen und den Niederlanden sowie zusätzlichen Importen über LNG-Terminals anderer Länder konnte dieser bereits gesenkt werden.

Bis zum Jahresende ist ein Wert von 30 Prozent angedacht. Die vollständige Unabhängigkeit ist für Sommer 2024 geplant. Helfen sollen langfristig gleich zwei eigene Flüssiggasterminals, während bis zu ihrer Fertigstellung schwimmende LNG-Terminals als Übergangslösung zum Einsatz kommen sollen. Das LNG-Beschleunigungsgesetz sieht eine schnellere Entstehung dieser Vehikel vor. Beispielsweise sollen Zulassungs-, Vergabe- und Nachprüfungsverfahren beschleunigt werden. Konkret bedeutet dies unter anderem Ausnahmen von einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte es im Bundestag angekündigt:

Deutschland werde schnell zwei Terminals für Flüssigerdgas errichten. Für das in Brunsbüttel geplante Terminal haben die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) (im Auftrag der deutschen Bundesregierung), das niederländische Unternehmen Gasunie und RWE bereits eine Absichtserklärung zur Errichtung eines Terminals für den Import von LNG unterzeichnet. Der Baustart soll 2023 erfolgen, während die Inbetriebnahme für Ende 2026 vorgesehen ist. Weitere Terminals sind in Stade und Wilhelmshaven geplant.

Europas neuer „Power-Plan“

Das Interessante bei der LNG-Strategie ist der Umstand, dass die entstehende Infrastruktur auch für den Umschlag von Wasserstoff genutzt werden soll, sodass ein reibungsloser Übergang zu den Erneuerbaren Energien gelingt. In der Übergangszeit sollen schwimmende Flüssiggasterminals zum Einsatz kommen. Ein erstes solches Terminal in Wilhelmshaven sieht die Umwandlung des flüssigen Erdgases in gasförmiges Erdgas sowie die Einspeisung in das deutsche Erdgasleitungsnetz ab Winter 2022/23 vor. Deutschland ist jedoch nicht allein, wenn es darum geht, sich von russischen Importen fossilen Erdgases unabhängig zu machen.

Die EU-Kommission hat den REPowerEU-Plan zur Umgestaltung des europäischen Energiesystems auf den Weg gebracht. Dieser sieht Investitionen im Volumen von 300 Mrd. Euro vor. Ein Teil davon — bis zu 10 Mrd. Euro — geht in die Finanzierung fehlender Gas- und LNG-Verbindungen. Angedacht sind auch gemeinsame Käufe von Gas, LNG und Wasserstoff der EU-Mitgliedsländer. Irgendwo muss das viele verflüssigte Erdgas aber auch herkommen. Katar gehört zu den Big Playern am LNG-Markt. Daher wollen die Bundesregierung und das Emirat im Energiebereich enger zusammenarbeiten. Die Suche nach weiteren Lieferanten läuft gleichzeitig weiter.

mE-FAZIT

Mit dem Ausbruch des Russland-Ukraine-Krieges wurde in der deutschen und europäischen Politik eine Zeitenwende beschworen. Sie ist vor allem eng mit dem Energiebereich verbunden. Auf einen Importstopp von russischer Kohle konnte man sich schnell einigen. Im Fall von Ölimporten aus Russland ist ein ähnliches Embargo etwas schwieriger, doch ebenfalls machbar. Besonders schwierig wird es derweil mit Blick auf russische Erdgasimporte. Die Lösung des Problems soll unter anderem LNG liefern, was die Themen Liquefied Natural Gas, also Flüssiggas, und im breiteren Sinne auch Erdgas für Anleger ebenfalls interessant macht.

red. mE

Bildquelle: pixabay / Gaz_Chapp