Bremsen die Notenbanken weniger stark?

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Das verspätet vermeldete Wachstum des chinesischen Bruttoinlandsprodukts überraschte zwar mit 3,9 Prozent im dritten Quartal positiv und die Industrieproduktion konnte mit 6,3 Prozent im September im Vergleich zum Vorjahr unerwartet deutlich zulegen. Doch verdeutlichen die nur um 2,5 Prozent gestiegenen Einzelhandelsumsätze die negativen Auswirkungen der anhaltenden massiven Lockdowns im Zuge der Null-Covid-Politik.

China im Fokus

Da Xi Jinping für eine weitere Amtszeit als Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas und damit auch als Staatschef gewählt wurde, ist mit keiner veränderten Strategie der Pandemiebekämpfung zu rechnen.

Zudem dürfte auch die Skepsis bezüglich der künftigen Vorgehensweise im Taiwan-Konflikt tendenziell für Zurückhaltung ausländischer Handelspartner sorgen, der Immobiliensektor weiterhin fragil und die Perspektiven der chinesischen Volkswirtschaft vorerst weiter eingetrübt bleiben.

Europa auf Rezessionskurs

Damit kann China kaum zur Stabilisierung der schwächelnden Weltwirtschaft beitragen. Zudem verdeutlichen die aktuellen Veröffentlichungen der S&P Global Einkaufsmanagerindizes, dass die wirtschaftliche Dynamik einiger europäischer Staaten und auch in den USA deutlich nachlässt. Während sich Deutschland, die Eurozone und Großbritannien auf klarem Rezessionskurs im kommenden Winterhalbjahr befinden, nimmt auch in den USA die Gefahr einer stärkeren wirtschaftlichen Abkühlung wieder zu.

Wesentliche Belastungsfaktoren sind dabei fast unisono die hohen Inflationsraten, die zunehmend Investitionen und den privaten Konsum abwürgen. Die Marktreaktion nach schwächeren Konjunkturdaten war in den letzten Monaten überwiegend positiv, denn Anleger hegen nach wie vor die Hoffnung, dass die Notenbanken vor diesem Hintergrund einen weniger restriktiven geldpolitischen Kurs als bisher erwartet fahren könnten.

Große Zinsschritte voraus

Da allerdings die Oktober- Inflationsraten in Europa und die von der US-Notenbank Fed vielbeachtete PCE-Kernrate für September am Freitag weiter ansteigend erwartet werden, ist für die Zinsentscheide der EZB in dieser und der Fed in der kommenden Woche trotzdem jeweils mit einem großen Zinsschritt um 75 Basispunkte zu rechnen.

Erst wenn die wirtschaftliche Abkühlung über eine geringere gesamtwirtschaftliche Nachfrage auch den Inflationsdruck nachhaltig senkt, wäre ein Einlenken der Notenbanken denkbar.

Ein Kommentar von Carsten Mumm
Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.

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