Ferrari greift den SUV-Markt an

Bildquelle: Pressefotos Ferrari

Lange Zeit hat sich Ferrari dagegen gewehrt, doch nun wird es Realität: ein SUV von Ferrari. Nach vielen erfolgreichen, hochpreisigen und leistungsstarken Sportwagen hat sich das Unternehmen schließlich dem unerbittlichen Druck des Marktes gebeugt und den 2023 Purosangue produziert. Purosangue bedeutet übersetzt “Vollblut”, und der Name ist Programm.

Damit beugt sich die Traditionsmarke aus Maranello einem Trend, gegen den sie sich lange (erfolgreich) wehren konnte. Schließlich hatte sich schon Firmengründer Enzo Ferrari nur widerwillig auf den Bau von Serienfahrzeugen eingelassen. Er wollte lieber seine Rennwagen finanzieren. Später wollte sich Sergio Marchionne noch lieber “erschießen” lassen, als so ein Auto durchzuwinken. Doch Enzo Ferrari ist genau wie Marchionne Geschichte. Der Kampf gegen ein SUV mit dem springenden Pferd (“Cavallino Rampante”) wurde verloren. Schließlich ist die Nachfrage nach SUVs weltweit ungebrochen. Vor allem in China sehnen sich die Neureichen nach dem Status eines Ferrari, ohne sich gleich in einen Sportwagen quetschen zu müssen.

Ferrari Purosangue schafft eine neue Version des SUV

Ein absoluter Blickfang mit diesen Türen. Bildquelle: Ferarri.com / Pressebilder

Zwar ist Ferrari nicht der erste, sondern einer der letzten Reiter auf dieser Welle. Doch anstatt die Konkurrenz nachzuahmen, haben sich die Italiener etwas Neues einfallen lassen und gegenläufige Türen eingebaut. Diese gibt es sie sonst nur im Rolls-Royce Cullinan – mit versenkten Griffen und voll elektrisch. Sie geben den Weg frei zum großzügigsten Innenraum, den Ferrari je gebaut hat. Vorn wird er dominiert von Hutzen im Cockpit für Fahrer und Beifahrer. Hinten gibt es immer zwei Einzelsitze, und der Kofferraum ist nicht nur groß, sondern lässt sich erstmals auch durch Umklappen der Rücklehnen erweitern.

Die Konkurrenz des Purosangue sind nicht nur Ultra-Performance-Karossen wie der Cayenne Turbo oder der Urus, sondern auch Ultra-Luxusmodelle wie der Bentley Bentayga und der Rolls-Royce Cullinan. Ein donnernder V-12-Motor wird der einzige Antriebsstrang sein, der angeboten wird – warum sollte er etwas anderes brauchen? Die Ingenieure haben außerdem das Fahrverhalten des Prosangue mit einem ausgeklügelten aktiven Aufhängungssystem verbessert, damit er sich so fährt, wie es sich für einen Ferrari gehört.

Motor, Getriebe und Leistung

Das Rezept mag nicht neu sein, aber Ferrari verfeinert es mehr als andere mit ganz eigenen Zutaten. Wo Lamborghini achtzylindrige Großserientechnik von Audi lediglich mit italienischem Temperament würzt, trägt der Purosangue ein legendäres Herz aus heimischen Hallen: einen 6,5-Liter-Zwölfzylinder der neuesten Generation mit Trockensumpfschmierung und Hochdruck-Direkteinspritzung. Ferrari behauptet, dass der Purosangue in nur 3,3 Sekunden eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h pro Stunde erreicht. 200 km/h pro Stunde sollen in 10,6 Sekunden erreicht werden.

Bei 7750/min entwickelt das Triebwerk 725 PS (533 kW), der maximale Drehmoment von 716 Newtonmeter gipfelt bei 6250. Bereits bei 2100 Touren sollen 80 Prozent anliegen, was dem drehfreudigen Ferrari Purosangue ein breit nutzbares Drehmoment-Plateau und damit einen echten Sportwagencharakter beschert. Ferrari rüstet sein SUV zudem mit einem neuen Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe aus, das bis zu 1200 Newtonmeter übertragen kann und mit kürzeren Schaltzeiten als das bekannte Siebengang-DCT brillieren soll. Es sitzt in Transaxle-Bauweise hinten, was im Verbund mit dem Frontmittelmotor ein sehr ausgewogenes Gewichtsverhältnis von 49:51 Prozent zur Folge hat.

Innenraum, Komfort und Gepäckraum

Der Purosangue ist ein wahres Raumwunder für einen Ferrari. Bildquelle: Ferrari.com / Pressebilder

Als einziger aktueller Ferrari bietet der Purosangue Platz für vier Personen und ist mit einer Reihe von raffinierten, hinten angeschlagenen Hecktüren im Reisebus-Stil (auch “Selbstmordtüren” genannt) ausgestattet. Diese erleichtern den Zugang zum Rücksitz und bewahren so gleichzeitig das Erscheinungsbild eines Zweitürers. Die vorderen und hinteren Sitze sind Einzelsitze. Das bedeutet, dass es hinten keine Sitzbank für einen gelegentlichen fünften Passagier gibt, und beide Reihen haben eine Mittelkonsole. Natürlich ist der Innenraum mit Materialien in Ferrari-Qualität ausgestattet.

Im Innenraum warten einige Überraschungen. Bildquelle: Ferrari.com / Pressebilder

 

Zu sagen, das Cockpit sei fahrerorientiert, wäre eine Untertreibung, denn die meisten Bedienelemente werden über das Lenkrad betätigt. Eine große Überraschung im Zeitalter der Tablet-Bildschirme in der Mittelkonsole ist, dass es keinen mittig angebrachten Infotainment-Touchscreen gibt. Die Informationen des volldigitalen Cockpits können über einen zweiten Bildschirm auch vom Copiloten abgelesen werden. Typisch für die Marke sind die starren Schaltwippen und der Richtungsanzeiger auf dem Lenkradkranz. Das Raumangebot vorn ist gut, die Sitzposition tief. Der Zustieg auf die beiden elektrisch bedien- und beheizbaren Einzelsitze im Fond gelingt spektakulär über hinten angeschlagene, elektrisch öffnende Fondtüren.

 

 

Erste Auslieferung im nächsten Jahr

Erste Purosangue werden im zweiten Quartal nächsten Jahres ausgeliefert. Zuerst werden treue Ferrari-Kunden be­dient. Die selbst verordnete Beschränkung auf einen Anteil von maximal zwanzig Prozent an den Verkäufen aller Ferrari-Modelle wird ebenso für ein gewisses Maß an Exklusivität sorgen wie der Preis des Purosangue. Für Deutschland wurde der zwar noch nicht kommuniziert, erwartet wird aber ein Preis zwischen 300.000-400.000 Euro.

JDL

Bildquelle: ferrari.com / Pressebilder