Trendwende bei Immobilienpreisen?

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Die Preisrückgänge auf dem Immobilienmarkt bestätigen sich laut Interhyp, Deutschlands größtem Vermittler für private Baufinanzierungen. Bereits zum zweiten Mal in Folge sind die Kosten für den Immobilienerwerb im Vergleich zum Vorquartal zurückgegangen. Dies eine Auswertung von mehr als 500.000 abgeschlossenen Finanzierungen aus den letzten zehn Jahren.

In den zehn Jahren zuvor waren die Kosten für den Immobilienerwerb weitgehend kontinuierlich angestiegen. Vom ersten Quartal 2012 bis zum ersten Quartal 2022 von 290.000 Euro auf 540.000 Euro inklusive Nebenkosten um 86 Prozent. Bereits im zweiten Quartal waren die Kosten um 0,9 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurückgegangen. Im dritten Quartal betrug der Preis für eine finanzierte Immobilie für den Bau oder Kauf inklusive Nebenkosten durchschnittlich 512.000 Euro. Das entspricht einem Rückgang von 4,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal. In dem der Durchschnittspreis noch 535.000 Euro betrug.

Der Preisrückgang hängt vor allem mit der schwierigeren Leistbarkeit durch hohe Bauzinsen und die Inflation zusammen.

Momentan sehen wir eine abwartende Haltung: Käufer und Käufer sind nicht mehr bereit, jeden Preis zu zahlen. Gleichzeitig wollen Verkäufer ihre Immobilie häufig nicht unter dem gewünschten Preis verkaufen. Eine neue Balance zwischen Angebot und Nachfrage muss sich erst noch einspielen. Die aktuellen Preisrückgänge bieten neue Chancen und Spielräume für die Preisverhandlung, erklärt Jörg Utecht, CEO der Interhyp Gruppe.

Immobilienpreisindex bestätigt die Entwicklung

Der VdK-Immobilienpreisindex zeigt den leichten Abwärtstrend deutlich. Datenquelle: vdp-immobilienpreisindex

Auch der Immobilienpreisindex des Verbands deutscher Pfandbriefbanken deutet auf eine (kurzfristige) Trendwende am Immobilienmarkt hin. Zwar weisen die Immobilienpreise in Deutschland im dritten Quartal 2022 noch einen Anstieg um 4,7 Prozent gegenüber dem dritten Quartal 2021 auf, gegenüber dem zweiten Quartal 2022 sind sie jedoch um 1,0 Prozent gefallen

Unterschiede bei Wohn- und Gewerbeimmobilien

Der Vorjahresvergleich ,Quartal 3 2022 zu Quartal 3 2021, macht die unterschiedlichen Entwicklungen deutlich. Wohnimmobilien in Deutschland verteuerten sich in diesem Zeitraum um 6,1 Prozent, während die Preise für Gewerbeimmobilien um 0,6 Prozent fielen. Zurückzuführen ist dieser Rückgang auf die Entwicklung der Einzelhandelsimmobilienpreise, die auf Jahressicht um 5,8 Prozent nachgaben. Büroimmobilienpreise zogen hingegen im gleichen Zeitraum um 1,4 Prozent an.

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Schaut man sich jedoch nur den Quartalsvergleich, Quartal 3 2022 zu Quartal 2 2022, zeichnet sich ein anderes Bild. In diesem Zeitraum waren Rückgänge sowohl bei den Wohnimmobilien- mit -0,7 Prozent als auch bei den Gewerbeimmobilienpreisen mit -2,2 Prozen zu verzeichnen. Dabei fielen die Preise für Büroimmobilien mit -1,6 Prozent weniger stark als die Preise für Einzelhandelsimmobilien mit -3,9 Prozent.

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Die zahlreichen Belastungsfaktoren für die Volkswirtschaft insgesamt und damit auch für den Immobilienmarkt, wie zum Beispiel gestiegene Zinsen und Inflationsraten, reale Einkommenseinbußen bei potenziellen Käufern und anhaltende politische und wirtschaftliche Unsicherheiten, schlagen sich sukzessive im vdp-Index nieder. Nachdem die Preise für Wohnimmobilien mehr als zwölf Jahre lang gestiegen sind, sind sie nun erstmals wieder leicht gefallen – der jahrelange Aufwärtstrend bei Wohnimmobilienpreisen ist somit zu Ende, erklärte vdp-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt.

Preise für selbst genutztes Wohneigentum legen weiterhin zu

Die positive Entwicklung der Wohnimmobilienpreise im Vorjahresvergleich in Höhe von 6,1 Prozent ergibt sich aus Preisanstiegen des selbst genutzten Wohneigentums mit +8,3 Prozent und der Mehrfamilienhäuser mit +4,1 Prozent. Demgegenüber ist beim Blick auf die Entwicklung seit dem zweiten Quartal 2022 festzustellen, dass sich das selbst genutzte Wohneigentum mit 0,5 Prozent nur noch leicht verteuert hat. Dagegen haben die Preise für Mehrfamilienhäuser um 1,9 Prozent nachgegeben.

Die nach wie vor hohe Nachfrage auf dem Mietwohnungsmarkt stößt auf einen Mangel an bezahlbarem Wohnraum, der beispielsweise auf den rückläufigen Wohnungsneubau sowie auf die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Flüchtlingsmigration zurückzuführen ist.

Hinzu kommt als Nachfrager die Gruppe derjenigen, die eigentlich kaufinteressiert sind, für die der Traum vom Eigenheim aufgrund der Inflation und der Zinsanstiege aber vorerst zwangsweise unerfüllt bleibt, erläuterte Tolckmitt.

Immobilienpreis-Entwicklung im Städtevergleich

In Berlin blieben die Immobilienpreise im Vergleich zum Vorquartal stabil. Bildquelle: unsplash / mattes-busikes

Mit einer Zunahme um 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal 2021 stiegen die Wohnimmobilienpreise in den Top 7-Städten genauso stark wie in Deutschland insgesamt. Im Vergleich zum zweiten Quartal dieses Jahres büßten die Preise für Wohnimmobilien in den Metropolen allerdings auch 0,7 Prozent ein. Die mit Abstand positivste Entwicklung unter den Top 7-Städten wies Berlin auf. Die Preise legten gegenüber dem Vorjahr um 7,5 Prozent zu. Gegenüber dem direkten Vorquartal bleiben sie aber mit -0,1 Prozent nahezu stabil.

Interhyp sieht bei seinen Kunden eine ähnliche Entwicklung, auch wenn sich die ausgewerteten Zahlen leicht unterscheiden. Die Rückgänge aus dem zweiten Quartal von 1,0 Prozent in Berlin und 0,4 Prozent in Hamburg führten sich im dritten Quartal nicht fort. Im dritten Quartal legten die Preise in Berlin mit +2,4 Prozent gegenüber Vorquartal zu und in Hamburg um +3,7 Prozent. Dies könnte laut Interhyp aber nur kurzfristig sein. In München waren die Kosten dagegen zwei Quartale in Folge gesunken. Im zweiten Quartal betrug der Rückgang 1,1 Prozent gegenüber dem ersten Quartal. Im dritten Quartal betrug der Rückgang gegenüber dem sogar Vorquartal 4,5 Prozent.

Die Zahlen aus den ersten Wochen des vierten Quartals aus München, Hamburg und Berlin zeigen, dass weitere Korrekturen nach unten wahrscheinlich sind, erklärt Jörg Utecht.

Immobilienpreise sollen wieder steigen

Im Hinblick auf die zukünftige Preisentwicklung äußerte sich Tolckmitt wie folgt: „Im Gesamtjahr 2022 dürfte es im Vorjahresvergleich aufgrund der hohen Steigerungsraten in den ersten sechs Monaten noch zu einem Plus bei der Preisentwicklung der Wohnimmobilien reichen.

Auf Quartalsbasis rechnen wir mit einem anderen Ergebnis: Die aktuelle Entwicklung wird sich voraussichtlich fortsetzen, d.h. es ist von weiterhin moderaten Preisrückgängen bei den Wohnimmobilienimmobilienpreisen auszugehen. Aufgrund der weiterhin hohen Nachfrage nach Wohnraum sind aus heutiger Sicht aber keine Preiseinbrüche zu erwarten.“

Auch die giv Gesellschaft für internationale Immobilienvermittlung und Vermögensplanung mbH erwartet keinen nachhaltigen Einbruch der Preise für Wohnimmobilien. Vor allem in Ballungsgebieten sind mittelfristig nach Ansicht von Otto Kiebler, Gründer und Geschäftsführer der giv sogar wieder steigende Immobilienpreise zu erwarten. Als Gründe nennt Kiebler den Einbruch bei Neubauten und eine weiter steigende Bevölkerungszahl in Deutschland. Bereits jetzt gibt es in vielen Regionen eine große Wohnungsknappheit, die sich nunmehr noch vergrößern wird.

Wohnraum wird ein knappes und teures Gut bleiben, ich kann mir kein Szenario mit deutlichen Preisrückgängen für Wohnimmobilien vorstellen. Im Gegenteil, die Preise für Bestandswohnungen werden sich auch in Zukunft an den stark gestiegenen Neubaupreisen orientieren. Damit muss grundsätzlich mit Preissteigerungen im zweistelligen Prozentbereich gerechnet werden, stellt Kiebler klar.

Interhyp erwartet zunächst in den nächsten Wochen weitere Rückgänge. Weil sich im ersten Quartal 2022 der Preisanstieg der Vorjahre mit einem Plus von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal sogar noch beschleunigt hatte, wird sich am Ende des Jahres voraussichtlich dennoch ein Plus im Vergleich zum Vorjahr ergeben.

Bietet die aktuelle Lage Chancen?

Jörg Utecht, CEO von Interhyp erklärt die aktuelle Situation folgendermaßen, „Momentan sehen wir eine abwartende Haltung: Käufer sind nicht mehr bereit, jeden Preis zu zahlen. Gleichzeitig wollen Verkäufer ihre Immobilie häufig nicht unter dem gewünschten Preis verkaufen. Eine neue Balance zwischen Angebot und Nachfrage muss sich erst noch einspielen. Die aktuellen Preisrückgänge bieten neue Chancen und Spielräume für die Preisverhandlung.“ Zudem sieht er auch Chancen in der aktuellen Lage. Die Zinsen für zehnjährige Darlehen sind von über 4 Prozent zwischenzeitlich wieder unter diese Marke gesunken. Aus diesem Grund meint Jörg Utecht: „Der Zinsvergleich lohnt sich jetzt besonders, weil die Kreditinstitute ihre Konditionen unterschiedlich schnell an die Marktlage anpassen.“