Trendwende beim Tagesgeld ist eingeläutet

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Nicht nur bei den Baugeldzinsen sind die vergangenen Monate dynamisch gewesen. Auch bei der Verzinsung von Tages- und Festgeld hat sich etwas getan. Feiert womöglich ein Anlageklassiker ein Comeback? 

Tages- und Festgeldkonten waren noch bis weit in die 2000er-Jahren für viele Verbraucher ein beliebtes Vehikel, um abseits der Finanzmärkte und Vorsorgeprodukte wie Riester & Co. einen Teil des Geldvermögens anzulegen. Im Zuge der Niedrigzins-Politik der Notenbanken seit der Finanzkrise 2008 sind jedoch diese klassischen Geldanlagen immer unattraktiver geworden:

Für einen Anlagezeitraum von mehreren Jahren nicht einmal den Ausgleich zur Inflation als Rendite zu erhalten, war für viele Anleger keine Option, um ihr Geld „zu parken“. Beim Tagesgeld boten selbst die Topanbieter am Markt lediglich knapp 0,3 Prozent. Bei vielen Banken dümpelten derweil die Zinsen eher im Bereich zwischen 0,0 und 0,1 Prozent.

Tagesgeld – die „eiserne Reserve“

Wer dennoch einen Geldbetrag mit einer Verzinsung anlegen möchte, aber gleichzeitig jederzeit bei Bedarf über das Geld verfügen können will, findet im Tagesgeldkonto die perfekte Anlageform. Es gibt keine Laufzeiten und auch keine Kündigungsfristen. Bei vielen Banken fallen für ein Tagesgeldkonto keine Kosten an – Kontoführungs- oder Buchungsgebühren gibt es nicht, lediglich das Zusenden der Kontoauszüge könnte Gebühren kosten.

Auf dem Tagesgeldkonto sollten laut Experten Verbraucher lediglich die „eiserne Reserve“ für den Notfall aufbewahren. Die Faustformel dafür: Drei Netto-Monatsgehälter, die beispielsweise für den Fall vorliegen, wenn kostspielige Reparaturen am Auto oder Haus unverhofft aufkommen und man so ohne Kreditaufnahme reagieren kann.

Tagesgeldzinsen ziehen rasant an

Vor allem im zweiten Halbjahr 2022 haben die Tagesgeldzinsen einen deutlichen Höhenflug hingelegt. Im Schnitt haben sich die Zinsen seit dem Rekordtief Anfang Juli von 0,05 Prozent auf nunmehr 0,70 Prozent pro Jahr vervierzehnfacht, was dem Niveau vom Frühjahr 2013 entspricht. Das zeigt ein Blick auf den Biallo-Index, ein Mittelwert von rund 50 an biallo.de gemeldeten Tagesgeldangeboten.

Das gleiche Bild zeigt sich auch bei den Festgeldzinsen aus. So werden beispielsweise für Festgeld mit einjähriger Laufzeit aktuell im Schnitt wieder 1,20 Prozent bezahlt – so viel wie zuletzt im Jahr 2012. Dabei handelt es sich sogar nur um Durchschnittswerte. In der Spitze können Anleger laut biallo deutlich mehr Tagesgeldzinsen ergattern.

Gute Tagesgeld-Deals meist nur für Neukunden

Ein Bespiel hierfür ist die spanischen Suresse Direkt Bank. Die Onlinebank ist erst kürzlich auf dem deutschen Markt gestartet und bietet 1,70 Prozent bis zum 31. März 2023 garantiert. Etwas weniger gibt es bei der schwedischen TF Bank, die ihren Kundinnen und Kunden für die ersten vier Monate 1,65 Prozent bezahlt. Die Advanzia Bank aus Luxemburg offeriert 1,60 Prozent, drei Monate lang garantiert, so biallo weiter.

Eines sollten aber Anleger bei solchen Angeboten wissen: Diese sind befristete Aktionen und gelten (meist) nur für Neukunden. Das heißt: Läuft die Garantiezeit aus, müssen Sparer meist deutlich niedrigere Zinsen in Kauf nehmen – auch wenn es sicherlich rühmliche Ausnahmen gibt.

Festgeld ist das bessere Sparbuch

Wer mittelfristig einen Teil des persönlichen Barvermögens entbehren kann, kann es als Festgeld für eine feste Laufzeit zu einem festen Zinssatz anlegen. Viele konservative Anleger sehen in Festgeld eine Art Sicherheitsbaustein in der persönlichen Anlagestrategie. Die Laufzeit von Festgeld kann von einem Monat bis zu mehreren Jahren betragen.

Festgeld ist also eine Terminanlage, das heißt der Sparer kann sein Geld bis zu einem bestimmten Datum anlegen. Finanzexperten raten derweil, dass die Laufzeit nicht länger als zwei Jahre sein sollte, um steigende Zinsen nicht zu verpassen. Denn sollte es doch während der Laufzeit bei anderen Banken bessere Konditionen geben, ist eine Auflösung des Festgeldkontos ist nur möglich, wenn in den Vertragsbedingungen ein Sonderkündigungsrecht vereinbart wurde. Die Zinsen, die einem das Kreditinstitut auf das Festgeld zahlt, sind steuerpflichtig. Um steuerliche Freibeträge zu nutzen, sollte man dem Kreditinstitut einen Freistellungsauftrag erteilen.

Wer als konservativer Sparer unterwegs ist, sollte bei Festgeld die sogenannte Treppenstrategie nutzen: Wer sparen möchte, legt nicht das ganze Sparvermögen auf ein einziges Festgeldkonto, sondern teilt es mit unterschiedlichen Laufzeiten auf mehrere Konten auf. Das schafft Flexibilität.

Beim Festgeld steht sogar wieder die Drei vor dem Komma

Wer Geld auf dem Festgeldkonto anlegt, kann bei zweijähriger Laufzeit in der Spitze sogar bis zu drei Prozent pro Jahr einstreichen, etwa bei der österreichischen Kommunalkredit Invest. Aber auch bei einjähriger Laufzeit kratzen die Zinsen mittlerweile an der Drei-Prozent-Marke: Der schwedische Finanzdienstleister Klarna bietet mit dem “Festgeld+”, das sich ausschließlich über die Klarna-App abschließen lässt, aktuell 2,84 Prozent.

Mit Spannung blicken Zinsanleger auf den 15. Dezember. Dann steht der nächstes Zinsschritt der Europäischen Zentralbank (EZB) an. Experten rechnen mit einer weiteren Leitzins-Erhöhung von 50 bis 75 Basispunkten auf dann bis zu 2,75 Prozent.

Das könnte auch für die Sparzinsen einen weiteren Aufwärtsimpuls bedeuten. “Wir halten bis Jahresende eine Zwei vor dem Komma beim Tagesgeld für möglich”, sagt Horst Biallo, Gründer und Geschäftsführer des gleichnamigen Verbraucherportals. Auch das einjährige Festgeld dürfte bald die Drei-Prozent-Marke knacken.

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Die verlockende Angebote ausländischer Banken

Tages- und Festgeld sind wie Sparbücher sichere Anlageformen, die über die gesetzliche Einlagensicherung geschützt sind. Das heißt im Falle einer Bankenpleite sind 100.000 Euro pro Bank und Kunde geschützt. Verlockend sind auch viele Anleger augenscheinlich attraktiver ausländischer Banken. Geldanlagen sind EU-weit noch über die sogenannte Einlagensicherung derzeit bis zu einem Betrag von 100.000 Euro pro Kunde und Bank abgesichert. Viele Banken sichern auch höhere Beträge ab.

Wer sein Geld nicht in Euro anlegen, sollte bedenken, dass ein Fremdwährungsrisiko durch Wechselkursänderungen besteht. Hinzukommt, dass ein Festgeld-Deal mit einem ausländischen Geldinstitut Verbraucher zum Teil auch Abstriche bei der Einlagensicherung in Kauf nehmen. In der Folge sollte man eine Regel beherzigen: Nicht mehr als 100.000 Euro bei einer Bank anlegen. Denn nur bis zu dieser Höhe sind Sparguthaben im Entschädigungsfall gesetzlich garantiert.

Stiftung Warentest hat so beispielsweise jüngst in seinem Zinstest diverse Festgeld-Angebote ausländischer Banken nicht aufgenommen. Unter anderem das Festgeld der Fjord Bank aus Litauen, „da unsere Experten aufgrund der Noten für die Wirtschaftskraft bezweifeln, dass die litauische Einlagensicherung bei einer größeren Bankenpleite Sparer so zeitnah entschädigen könnte, wie es im EU-Recht vorgeschrieben ist.“

mE-Fazit

Festgeld ist für eine bestimmte Laufzeit eine solide Anlageoption, um Geld „zu parken“ und dabei zumindest künftig wieder etwas an Haben-Zinsen kassieren zu können. So die Theorie. Denn die Realität ist eine andere: Parallel zum Anstieg von Haben-Zinsen ist aber auch die Inflation massiv angestiegen – auf mehr als 9 Prozent im Herbst.

Das bedeutet für Anleger, dass die Kombination von de facto weiterhin nicht existierenden Habenzinsen für sichere Geldanlagen und der angestiegenen Inflation derzeit immer noch dafür sorgen, dass jedes angelegte Geld über die Anlagezeit real an Wert verliert – und somit einem negativen Zins gleichkommt. Tages- und Festgeld mögen wieder im Aufwind sein, für eine langfristige Geldanlage abseits der Börse ist Termingeld jedoch nach wie vor nicht geeignet.

Es ist erst gar nicht um eine Option, um den eigenen Vermögensaufbau für die persönliche Altersvorsorge voranzubringen. Um dieses zu erreichen, geht der Weg für jeden Anleger ausschließlich über die Börse in Form von Aktien, Fonds oder ETFs – auch wenn es in Bezug auf die Liquiditätssicherung neben Termingeld wie Festgeld keine Alternativen gibt.

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