Börsianer von Immofinanz-Aktie nicht gerade begeistert

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Ende Mai gab es neue Zahlen von der Immofinanz AG (WKN: 911064 / ISIN: AT0000809058). Nachdem es im vorigen Jahr im ersten Quartal noch tiefrote Zahlen gegeben hatte, fielen die neuen Zahlen im direkten Vergleich positiv auf. Interessanterweise steht die Performance des Aktienkurses im Jahresvergleich aktuell mehr oder weniger bei +/-Null.

Immofinanz-Chart: finanztreff.de

Die Börsianer waren von der Aktie in den vergangenen 12 Monaten nicht gerade begeistert, um es einmal so auszudrücken. Denn der Gesamtmarkt stieg bekanntlich deutlich stärker. Aber so eine Underperformance kann für Value-Investoren eine Aktie gerade erst interessant machen – wenn die Bewertung günstig ist. Hier der Blick auf die jüngsten Quartalszahlen und Hintergründe zu dieser Aktie:

Bei der Immofinanz-Aktie zeigt sich seit März/April 2017 ein schöner Aufwärtstrend. Die jüngsten Zahlen waren zwar nicht berauschend, aber doch im Vergleich zum Vorjahresquartal ganz gut – das wurde gewissermaßen im Kurs bereits vorweggenommen. Quelle: Finanzen100

Der Überblick über die neuen Quartalszahlen

Nun der Blick auf die neuen Quartalszahlen der Immofinanz. Da sieht der erste Blick zunächst einmal schon gut aus: Das gesamte Konzernergebnis lag demnach im ersten Quartal 2017 bei +80,7 Mio. Euro. Das ist schon ein deutlicher Unterschied zu den -240,7 Mio. Euro (genau, Minus) im ersten Quartal 2016. Doch interessant ist der Bereich auf die einzelnen Bereiche. Denn ich finde die „cash-wirksamen“ Bereiche interessanter als solche, bei denen das nicht der Fall ist. Nun die nähere Aufschlüsselung der Zahlen. Um die besser einordnen zu können, zunächst ein paar grundlegende Informationen zu Immofinanz.

Immofinanz: Gewerbliche Immobilien in Mittel- und Osteuropa

Immofinanz mit Sitz in Wien ist ein Immobilienkonzern mit einem Portfolio von einigen Hundert Objekten in Mittel- und Osteuropa. Dabei konzentriert sich Immofinanz auf Gebäude in den Bereichen Einzelhandel und Office/Büro, wodurch schöne Mieteinnahmen erzielt werden. Geographisch ist das Unternehmen zu einem Großteil gewissermaßen im Gebiet des alten Österreich-Ungarn tätig: In Österreich, Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Polen und Rumänien (Teile davon gehörten damals bekanntlich zur k.u.k. Monarchie). Dann gibt es auch noch Immobilien in Russland, die aber verkauft werden sollen bzw. es bereits sind, diesen Teil-Aspekt hatte ich etwas aus den Augen verloren. Die Aktie hat als Heimatbörse den Börsenplatz Wien. Nun aber zum näheren Blick auf die jüngsten Quartalszahlen:

Immofinanz: Die Vorgehensweise in der Vergangenheit

Ich erinnere mich daran, dass Immofinanz in früheren Quartalen bei den Gewerbeeinheiten in Russland mit den Mieten runtergegangen war, als der russische Rubel deutlicher an Wert verloren hatte. Denn wenn in Euro gezahlt werden muss, bedeutete das für die Mieter einen herben Mietanstieg in Rubel gemessen. Da fand ich es ganz gut, dass Immofinanz da nicht in allen Fällen auf der vereinbarten Miete bestand und dann vielleicht Mieter verloren hätte und Leerstände erzielt hätte, sondern lieber etwas entgegen kam und dafür die Mieter behielt. In Euro gerechnet ließ das allerdings die Mieteinnahmen aus Russland etwas sinken. Wie sah es nun im ersten Quartal 2017 diesbezüglich aus?

Mieterlöse von Immofinanz im ersten Quartal

Laut Immofinanz beliefen sich die Mieterlöse im ersten Quartal 2017 auf 57,1 Mio. Euro. Im Vorjahresquartal waren es 58,2 Mio. Euro. Das fällt direkt auf – Konzernergebnis von 80,7 Mio. Euro, aber nur 58,2 Mio. Euro durch Mieten als Einnahmen erzielt? Immofinanz schlüsselt die Mieteinnahmen auf – auf die beiden genannten Bereiche „Büro“ und „Einzelhandel“. Im ersten Bereich stiegen die Mieteinnahmen um 1,3% auf 28,1 Mio. Euro, im zweitne Bereich sanken sie um 4,3% auf 24,2 Mio. Euro. Der Rückgang von insgesamt 1,9% sei eine „Folge der Portfoliobereinigung im Einzelhandelsbereich in Österreich“. Dort wurden also offensichtlich Objekte verkauft. Weiter im Text:

Ergebnis im Bereich Asset Management sinkt leicht

Im Bereich Asset Management meldet Immofinanz einen Rückgang um 3,6% auf 39,5 Mio. Euro (Vorjahresquartal: 40,9 Mio. Euro). Hier wird auf höhere Instandhaltungsaufwendungen im Rahmen von Modernisierungsarbeiten verwiesen sowie auf „Roll-outs“, was immer das auch sein mag. Wenn in den Wohnungsbestand investiert wird, finde ich das eine feine Sache, nicht zuletzt für die Mieter(innen) und eine gut gepflegte Immobilie ist doch erfreulicher als ein Immobilienkonzern, der möglichst wenig investieren möchte und nur auf kurze Sicht möglichst viel aus den Wohnungen rausziehen möchte. Aber das ist nur meine persönliche Ansicht.

Die Veränderungen bei den „Funds from Operations“

Bei Immobilienunternehmen schaut man üblicherweise auf die Höhe des FFO (steht für „Funds From Operations“, gewissermaßen eine Form des operativen Ergebnisses). Da weist Immofinanz zwei Zahlen aus: Zunächst das „nachhaltige FFO 1“, bei dem das Ergebnis aus Immobilienverkäufen sowie Immobilienentwicklung herausgerechnet wird. Das lag im ersten Quartal 2017 demnach bei 10,6 Mio. Euro (nach 2,5 Mio. Euro im ersten Quartal 2016). Und dann das FFO 2, bei dem – Sie ahnen es – das Ergebnis aus Immobilienverkäufen berücksichtigt wird. Und dieses FFO 2 lag demnach bei 4,7 Mio. Euro im ersten Quartal 2017 nach 3,0 Mio. Euro im ersten Quartal 2016.

Immofinanz: Frische Mittel zu niedrigeren Zinsen

Beim Finanzergebnis konnte Immofinanz durch einige clevere Schachzüge punkten. So konnte eine neue Wandelanleihe mit Laufzeit bis 2024 und einem Kupon von 2,0% emittiert werden – das ist erheblich weniger als der Kupon der alten Wandelanleihe 2018, wo der Kupon bei 4,25% lag.

Starker Anstieg der liquiden Mittel bei Immofinanz

Gewissermaßen der Hammer ist der Anstieg der liquiden Mittel bei Immofinanz. Lagen diese per Jahresende 2016 noch bei 189,3 Mio. Euro, wurden sie zum Ende des ersten Quartals 2017 mit 469,0 Mio. Euro angewiesen. Nun, dies ist zum einen die Folge der Platzierung der neuen Wandelanleihe 2024. Dies ist also nicht per se „klasse“, denn das sind ja gewissermaßen aufgenommene Schulden.

Dann wurden aber auch noch rund 4,5 Mio. BUWOG-Aktien von Immofinanz erfolgreich platziert, und diese Einnahmen erhöhten die liquiden Mittel auch entsprechend. Die Bilanzstruktur zeigt entsprechend einen Anstieg der Eigenkapitalquote von 37,8% am Jahresende 2016 auf 40,3% zum Ende des ersten Quartals 2017.

Die Quartalszahlen von Immofinanz finden Sie bei Interesse unter diesem Link:

IMMOFINANZ mit deutlich positivem Konzernergebnis im Startquartal 2017

Mein Fazit: Immofinanz – es gilt abzuwägen!

Warum ich dies Immofinanz-Aktie grundsätzlich interessant finde, kann ich mit einem Satz auf den Punkt bringen: Der Buchwert liegt laut den Unternehmensangaben bei 2,80 Euro pro Aktie (per 31.3.2017) – und der Aktienkurs bei wenig über 2 Euro. Das ist im Grunde der Stoff, aus dem „Value Aktien“ gemacht sind. Dies gekoppelt mit einem pragmatischen Management sieht eigentlich gut aus – aber Punkte wie die BUWOG-Affäre (können Sie mal „googlen“ oder bei Wikipedia eingeben) gefallen mir gar nicht. Da gilt es abzuwägen, und diese Entscheidung sollte jede(r) für sich treffen.

Diese Analyse habe ich im Original für www.aktienkaufen.com erstellt.

Michael VaupelEin Beitrag von Michael Vaupel

Michael Vaupel, diplomierter Volkswirt und Historiker (M.A.), Vollblut-Börsianer. Nach dem Studium Volontariat und Leitender Redakteur und Analyst diverser Börsenbriefe (Emerging Markets, Internet, Derivate, Rohstoffe). Er ist gefragter Interview- und Chatpartner (N24, CortalConsors). Ethisch korrektes Investieren ist ihm wichtig.
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