Bauzinsen im Zickzack-Kurs

Vergleichen lohnt sich!

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Die Energiekrise, der Ukraine-Krieg und die Auswirkungen der Corona-Pandemie, wie zuletzt die Proteste in China, treiben die weltweite Inflation an und gefährden die Konjunktur. Unter anderem aus diesen Gründen hatte die Teuerung ein neues Rekordhoch erreicht, gleichzeitig sprechen im Kurzzeitvergleich sinkende Erzeuger- und Ölpreise, sich normalisierende Lieferketten und die sich stabilisierende Gemeinschaftswährung Euro für eine nachlassende Inflation. Ob und in welcher Stärke eine Rezession droht, ist ungewiss.  Besonders in der jetzigen Situation sollten Immobilieninteressenten mit Finanzierungsbedarf Schwankungen im aktuellen Zinsumfeld beobachten und aktiv nutzen.

Ende Oktober 2022 erreichten die Bauzinsen mit über vier Prozent für zehn- und 15-jährige Darlehen ihren Höhepunkt im bisherigen Zinszyklus. Im November dagegen wurde teilweise schon wieder von Finanzierungen mit Zinssätzen von rund 3,6 Prozent abgeschlossen, wie Interhyp berichtet. Heißt: Immobilienkaufende und Eigentümer können sich Anfang Dezember über einen Zinsrückgang bei Immobilienkrediten von fast 0,5 Prozentpunkten freuen. Bei Bestanbietern sind Zinssätze unter 3,5 Prozent möglich.

Die Märkte reagieren innerhalb der geldpolitisch vorgegebenen Leitplanken seit Wochen mit großen Schwankungen auf die teilweise ambivalenten Daten, Prognosen und Gutachten. (Miriam Mohr, Vorständin bei Interhyp)

Verunsicherung auf der Käuferseite

Die Experten empfehlen eine Beratung. Bildquelle: Pixels / rodnae-productions

Die derzeitige Zinssituation führt nach Einschätzung von Dr. Klein zu einem erhöhten Beratungsbedarf bei Baufinanzierungen. „Vor allem die erschwerte Leistbarkeit von Immobilien durch das hohe Preisgefüge lässt Kaufwillige ihre Pläne neu berechnen“, berichtet Michael Neumann Vorstandsvorsitzender bei Dr. Klein. „Die Frage ist nicht nur, ob man sich die immer noch teuren Immobilien derzeit leisten kann, sondern ob man das auch möchte.“ Denn auch bei den zu erwartenden Nebenkosten herrsche Unsicherheit.

Auch Mirjam Mohr empfiehlt eine umfassende und vor allem frühzeitige Beratung um so eine größeren und flexibleren Handlungsspielraum zu ermöglichen. „Interessenten sollten sich auch schon ohne konkretes Objekt beraten lassen. Je genauer Kaufwillige ihre finanziellen Möglichkeiten kennen, desto besser können sie in die Verhandlungen einsteigen“, erläutert die Expertin. „Nachdem der Immobilienmarkt besonders in den Großstädten fast ein Jahrzehnt wie festgefahren war und die Nachfrage das Angebot bei weitem überstiegen hat, gelangen nun wieder attraktive Angebote auf den Markt. Zudem besteht bei diesen Angeboten immer öfter Gesprächsbereitschaft über den Preis.“

Damit stimmen auch die Experten des Baufinanzierungvermittlers von Hüttig & Rompf überein. Auch Sie empfehlen sich von einem erfahrenen Baufinanzierungsberater oder -vermittler unterstützen zu lassen. Denn in der letzten Zeit haben Sie einen Rückgang der Renditen der zehnjährigen Bundesanleihen beobachtet. Die Bauzinsen folgen in der Regel diesem Indikator. Allerdings kann sich dies jederzeit wieder ändern, sollte die Europäische Zentralbank wieder vermehrt für eine straffere Geldpolitik und höhere Zinsen plädieren. Eine verlässliche längerfristige Prognose über die Entwicklung der globalen, europäischen und deutschen Wirtschaft erscheint derzeit schwierig. Insofern tun Verbraucher gut daran, sich für die nächste Zeit auf Schwankungen bei den Bauzinsen einzustellen.

Zinsvergleiche eröffnen Chancen

Der Zinsvergleich ist in dieser Zeit besonders sinnvoll, da Banken Zinsänderungen unterschiedlich schnell weitergeben. „Wer aktiv vergleicht, kann Zinsdellen und zeitweilige Rückgänge besser nutzen“, erklärt Mirjam Mohr, Vorständin für das Privatkundengeschäft der Interhyp AG.

Für Interessenten ergeben sich aktuell durchaus Chancen. Durch Zinsvergleiche können sie einerseits Zinsschwankungen und -dellen nutzen und so Finanzierungskosten sparen. Andererseits sehen wir auf dem Immobilienmarkt aktuell mehr Angebote und einen größeren Spielraum für Preisverhandlungen. (Mirjam Mohr)

Michael Neumann von Dr. Klein erklärt die Schwankungen beim Zinsniveau mit der extremen Unsicherheit an den Märkten. „Jede Meldung zur Entwicklung der Inflation, zu Wirtschaftsdaten und zur Strategie der Zentralbanken kann deutliche Zinsbewegungen auslösen.“ So sind in Erwartung der deutlichen Leitzinsanhebung der Europäischen Zentralbank (EZB) im Oktober die Baufinanzierungszinsen zuvor stark nach oben gegangen: Innerhalb von zwei Wochen stiegen sie um rund 0,6 Prozentpunkte.

Mögliche Sicherheitsstrategien

Im Moment lohnt es sich auch längere Zinsbindungen in betracht zu ziehen. Bildquelle: Pixabay / nattanan23

Neben diesen Fragen beschäftigt Darlehensnehmer auch die richtige Strategie für größtmögliche Sicherheit in den aktuell unsicheren Zeiten. Für einen langfristig planbaren Zins empfiehlt der Neumann längere Zinsbindungen, die aktuell nur geringfügig teurer seien. Mit einem Sonderkündigungsrecht nach 10 Jahren bleibt zugleich die nötige Flexibilität gewährleistet. Eine derzeit attraktive Möglichkeit zur Zinssicherung für die zukünftige Anschlussfinanzierung sieht Neumann neben Forward-Darlehen vor allem im Bausparen:

Aktuell bieten einige Bausparkassen noch sehr günstige Konditionen für ein Bauspardarlehen, weil noch nicht alle Anbieter den Zinsanstieg eingepreist haben. Und mit diesem zinsgünstigen Kredit lässt sich ein Teil oder das gesamte bestehende Annuitätendarlehen ablösen.

Finanzierungen sind laut Interhyp weiterhin auch problemlos möglich. Mirjam Mohr: „Auch bei der konkreten Ausgestaltung der Finanzierung gibt es Möglichkeiten, um mit leistbaren Raten das Wunschobjekt finanzieren zu können – etwa durch günstige Bauspartarife oder Tilgungsanpassungen“.

Ausblick auf 2023

Für 2023 werden leicht steigende Bauzinsen erwartet. (Bildquelle: unsplash / Behnam Norouzi)

Für die letzten Wochen des Jahres rechnet Michael Neumann nicht mit signifikanten oder nachhaltigen Veränderungen. Aber: „Dass die Bauzinsen im ersten Halbjahr 2023 weiter ansteigen, ist wahrscheinlich“, so seine Prognose. Ihm zufolge wird sich die Inflation in den kommenden Monaten auf hohem Niveau verfestigen und der EZB keinen Anlass geben, Entspannungssignale zu senden. Eher im Gegenteil: „Wenn die EZB mit ihrer Kommunikation den Boden bereitet für deutlichere Zinsschritte als sie heute erwartet werden, dürfte das die Zinsen wieder unter Druck setzen.“ Neumann zufolge nimmt aber das Tempo der Zinserhöhungen vermutlich ab und sehr große Zinsschritte werden seltener. Was sich positiv auf die Entwicklung der Bauzinsen auswirken sollte.

Auch bei Interhyp wird dies ähnlich gesehen. „Für 2023 erwarten wir, dass Immobilieninteressenten von Preisrückgängen und Zinsschwankungen bei insgesamt eher moderat steigenden Zinsen profitieren. Auch wenn sich das Tempo der Zinserhöhung verlangsamen sollte, ist eine klare Trendwende noch nicht auszumachen, Schwankungen sind weiter zu erwarten. Insgesamt erwarten wir auch für 2023 einen leichten Aufwärtsdruck – wenngleich nicht mit der Dynamik wie in 2022“, sagt Mirjam Mohr.

Die Experten des Baufinanzierungsvermittlers von Hüttig & Rompf stimmen mit den Aussagen von Neumann und Mohr überein. Auch Sie glauben nicht, dass sich der breite Immobilienmarkt kurzfristig wieder normalisiert. Es sollte noch ein wenig dauern, bis die Arbeitnehmer ihre Einkommen an die Inflation angepasst haben und sich wieder mehr Kaufwillige die höheren Zinskosten leisten können. Auch ist das Matching der Verkaufspreise mit den Vorstellungen der potentiellen Käufer noch nicht abgeschlossen.

Bildquelle: Pressefoto Bochum