Spielt die Musik 2023 in Europa?

(Bildquelle: unsplash / Christian Lue)

Das Börsenjahr 2022 ist Geschichte. Viele Anleger hoffen angesichts der Jahresanfangsrallye bereits auf ein rasches Durchstarten der Bullen. Vor Beginn der Berichtssaison könnte sich das als Trugschluss erweisen. Dann sind da ja noch die Notenbanken, die derzeit zumindest an der Wall Street das Heft des Handelns innehaben …

Ein Jahr zum Vergessen

„2022 war in vielerlei Hinsicht ein erinnerungswürdiges Jahr – für die meisten Anleger war es jedoch ein Jahr zum Vergessen“ – so fasst es Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank, kurz und knapp zusammen. Auch wenn der DAX seine größten Verluste dank der Herbstrallye etwas abgebaut hat, war es kein gutes Jahr. Eine Jahresperformance von minus 12,35 Prozent reicht zwar nicht für die schlechtesten zehn DAX-Jahre, aber für viele Anleger war es eben das erste Negativjahr.

Das Ganze ist umso tragischer, als auch alle übrigen großen Indizes schwächer schlossen und auch in anderen Anlageformen nur bedingt Geld zu verdienen war. Aber: Schlechte (Börsen-)Jahre gehören dazu. Stephan bringt es mit Blick auf die schwache Indexentwicklung in Deutschland und den USA, mit Optimismus auf den Punkt: „Angesichts dieser Zahlen kann 2023 eigentlich nur besser werden – und in der Tat bin ich für das Börsenjahr optimistisch. Wenngleich es erneut unruhig werden dürfte, sollte 2023 ein neuer Bullenmarkt beginnen. Wann es soweit ist, ist jedoch schwer vorherzusagen. Vermutlich beginnt er erst, wenn die Notenbanken aufhören, ihre Zinsen anzuheben.“

Quo vadis Inflation?

Schaut man auf die jüngsten Inflationsdaten – sowohl in den USA als auch in Europa – reibt man sich verwundert die Augen. Deutlich zurückgehend Teuerungsraten, nachdem auch die Energiepreise deutlich zurückgekommen sind. Hier lässt sich ebenfalls Wasser in den Wein schütten. Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG, verweist angesichts dieser Entwicklung auf den Verbraucher: „Auch wenn die abnehmende Inflationsrate erfreulich ist, bedeutet das weiterhin hohe Niveau der Teuerung immer noch einen Kaufkraftverlust.“

Das weiterhin hohe Niveau der Teuerung bedeutet immer noch einen Kaufkraftverlust. (Bildquelle: pixabay / Alexas_Fotos)

Und weiter: „Zudem ist in der Eurozone noch keine Entspannung bei der Kernrate der Inflation (5,2 Prozent) erkennbar. Dabei ist festzuhalten ist, dass sich die Notenbanken erst bei einem Rückgang der Kernraten „entspannen“ werden.“ Bei den Anlegern kam dies bisher nicht an. Sie spielten in den ersten Handelstagen 2023 die „Europa läuft wieder“-Karte. Winkler verwundert dies.

Zwar könne noch von keiner nachhaltigen konjunkturellen Erholung die Rede sein, doch es komme nicht so schlimm wie erwartet und die Richtung würden stimmen. „Den europäischen Märkten scheint diese positive Tendenz und die Erwartung einer milden Rezession auszureichen, um die derzeitige Erleichterungsrally aufrechtzuerhalten.“ Daher hat etwa der Euro Stoxx 50 den charttechnischen Abwärtstrend verlassen. So wurde die 200-Tage-Linie überwunden – was bullisch wirkt.

Fazit

Die ersten Wochen waren ein schöner Jahresauftakt. Die nahende Berichtssaison und die nicht absehbaren Aktionen der Notenbanken sorgen aber weiter für große Unsicherheit. Daher sollte niemand zu früh auf die Bullen setzen – egal ob in Europa oder in den USA. Von China jetzt einmal mit Blick auf die Corona-Folgen gar nicht zu reden.

In diesem Sinne,
weiterhin viel Erfolg bei der Geldanlage und beim alltäglichen Lebensgenuß

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