Frankreich: Der Untergang der Grande Nation – Nur eine Frage der Zeit?

Basierend auf der französischen Revolution aus dem Jahre 1789 gehört Frankreich heute als liberal-demokratischer Verfassungsstaat zu den (noch) führenden Wirtschaftsmächten innerhalb der europäischen Union. Jedoch fängt die Fassade der so stolzen und prächtigen Nation langsam an zu bröckeln.

Nachdem bereits viele Staaten der Südperipherie in den Medien kräftig unter die Räder gekommen sind, macht es mir den Anschein, als wenn Frankreich bisher immer noch recht glimpflich davon gekommen ist. Und selbstverständlich steht Frankreich besser da als beispielsweise Spanien oder gar Zypern, allerdings sehe ich hier ein hohes Risiko, dass es auch Frankreich bald erwischen könnte. Bisher allerdings ist Frankreich jedoch in der Lage sich an den Finanzmärkten zu vergleichsweise geringen Zinssätzen zu finanzieren (s. Grafik).

Die aktuell geringen Renditen für französische Staatsanleihen finden ihre Ursache u.a. darin, dass Anleger das Vertrauen in Schuldtitel aus Ländern wie Spanien oder Italien NOCH MEHR verloren haben, als es bei Frankreich der Fall ist. Und aufgrund der hohen Alternativlosigkeit durch zu geringe Renditen wie für z.B. Bunds gehen Anleger dann eben zur nächst tieferen Stufe an Anleihen über. Und obwohl Frankreich erst im November vergangenen Jahres von zwei Rating-Agenturen herabgestuft wurde, stehen sie im interkontinentalen Vergleich eben noch gut da. Am Rande notiert; Fraglich ist für mich mittlerweile jedoch wie aussagekräftig solche Ratings wirklich sind!

Die Staatsverschuldung in Prozent zum Bruttoinlandsprodukt wird für 2012 aller Vorrausicht nach 89,97% betragen. Laut weiteren Schätzungen wird diese in 2013 weiter auf ca. 92,08% des BIPs  ansteigen. Das liegt im Falle Frankreichs allerdings nicht nur daran, dass das die Verschuldung überproportional steigt, sondern auch daran, dass das BIP effektiv seit  2011 (geschätzt) um ca. -7,65% bis 2013 sinken wird.

Hier liegt Frankreich momentan im EU-Durchschnitt, jedoch auch auf Platz sechs der 17 Euro Mitgliedsstaaten. Und hier gibt es schließlich hochverschuldete Staaten wie Griechenland, Italien oder Irland.

Eine Arbeitslosenquote von ca. 10,5% zeigt ein weiteres großes Problem Frankreichs auf. Die Strukturprobleme sind deutlich erkennbar. Viele große Wirtschaftskonzerne wie die Telekommunikationsriesen SFR oder Bouygues wollen tausende von Stellen streichen. Ebenso sehen die Pläne von PSA Peugeot Citroen aus, wobei sich in Frankreich die gesamte Autoindustrie in einem sehr maroden Zustand befindet. Um eine Wettbewerbsfähigkeit gerade zu den momentan sehr gut aufgestellten deutschen Autobauern in den wichtigen Emerging Markets wie China oder Indien zu erreichen, sind große Investitions- und Umbauanstrengungen notwendig. Ob diese Konzerne, mittlerweile vom Staat gestützt, solche Reformen anstoßen können bleibt jedoch fraglich.

Bisher konnte sich die zweitgrößte Volkswirtschaft der Währungsunion noch nicht wieder auf ein Vorkrisenniveau von 2007 erholen. Die Industrieproduktion liegt momentan sogar noch ca. 5% unter dem Niveau wie vor Krisenbeginn! Das bedeutet, dass Frankreich es nicht geschafft hat, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Immer noch existieren die bekannte „35-Stunden Woche“, sowie Rente ab 62. Durch den linken Präsidenten François Hollande soll diese aber nun „endlich“, wie von vielen Franzosen erhofft, wieder auf 60 Jahre gesenkt werden.

Und darin besteht direkt das nächste Problem. Im Frühjahr vergangenen Jahres haben sich die Franzosen zum zweiten Mal in ihrer Geschichte der 5. Republik einen linken Präsidenten gewählt. Anstatt zu sparen und intelligent in gezielte Reformen zu Investieren geht es nun also ans neue große  Umverteilen. So zeigt es die Herabsetzung des Renteneintrittsalters, sowie aber auch die Senkung der Mehrwertsteuer.

Selbst Altkanzler Schröder, der mit der SPD aus der gleichen Parteifamilie wie Hollande stammt, welcher Mitglied der „Parti Socialiste“ (PS) ist, kritisierte bereits die Politik seines linken Kollegen aus Frankreich. Über strukturelle Wettbewerbsprobleme bis hin zu, zu wenig Durchsetzungsfähigkeit in den Verhandlungen mit großen Managern aus der Wirtschaft, um nur einige Kritikpunkte zu nennen. Das Wahlergebnis selbst lässt sich u.a. sicherlich aber auch dadurch erklären, dass Sarkozy das Beispiel Deutschlands („Wir wollen vieles aus Deutschland kopieren. Wir benötigen ein Steuersystem wie in Deutschland“) zu häufig angeführt hat, was den so stolzen Franzosen sicherlich nicht passte!

Und auch große und bekannte Investoren wie Warren Buffett haben die Probleme in Frankreich bereits erkannt. Durch Abstoßungen der Anleihen, sowie die Gleichsetzung mit italienischen Bonds hat sich Buffett klar gegen Frankreich positioniert. Ebenso kommt es sicherlich auch nicht von irgendwo her, dass sich US-Manager Maurice Taylor vor kurzem erst negativ über die französische Arbeitsmentalität geäußert hat. Daher sah auch er keine interessante Investition in das an ihn herangetragene Projekt eines Reifen-Werkes im nordfranzösischen Amiens.

Im Fazit: Frankreich hat momentan ein großes strukturelles Problem, welches die aktuelle Politik meiner Meinung nach nicht so leicht wird lösen können. Sollte die Schuldenkrise in der EU weiter ziehen wird Frankreich sicherlich zu den nächsten Kandidaten zählen, die in brenzliche Situationen geraten. Sicher gibt es noch strukturell vernünftig aufgestellte Unternehmen (GDF SUEZ – Ich berichtete), jedoch sehe ich grundsätzlich besser alternativen mit einer weitaus faireren Bewertung. Sollte man sich für ein Investment in Frankreich entscheiden, wenn es vor allem um Indices oder gar Staatsanleihen geht, kann man dieses auch direkt in anderen Staaten der Südperipherie tun! Das Chancen-Risiko Verhältnis, sowie den Preis den man zahlen muss halte ich in anderen Staaten wie z.B. Italien für durchaus lohnender!

Bricht also die nächste Runde an wankenden Staaten in Europa an, ist meiner Meinung nach auch Frankreich mit dabei. Somit handelt es sich im Fall der Grande Nation nur noch um eine Frage der Zeit!

Fundamentale Daten CAC40!

  KGV KBV KCV Dividendenrendite
2013e 14,31 1,4 5,82 4,03%
2014e 11,42 1,29 6,82 4,41%

Quelle: A.M. Capital Research, e = geschätzt

Ihr Andreas Meyer

 

Andreas Meyer ist momentan Student der internationalen Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Finanzwirtschaft in Frankreich. Dadurch erlernt er das Funktionieren von Unternehmen, sowie der Finanzmärkte im generellen von der Pike auf. Mit dem weltweiten Geschehen an den Börsen beschäftigt er sich jedoch bereits  seit seinem 16. Lebensjahr. Praktische Erfahrungen konnte er schon im Derivategeschäft, sowie im Asset Management gewinnen. Des Weiteren hat Andreas Meyer neben dem Studium mit der Gründung von A.M. Capital Research den Weg in die Selbstständigkeit angetreten. A.M. Capital Research beschäftigt sich professionell mit der Analyse der Finanzmärkte und von Unternehmen im Einzelnen speziell mit dem Schwerpunkt aufs „Value-Investing“.

Bildquelle: Pressefoto Börse Stuttgart