Davos – wo sind die Auswege aus den Krisen?

Unter dem Motto „Zusammenarbeit in einer fragmentierten Welt" sollen Lösungen gefunden werden

(Bildquelle: unsplash / Damian Markutt)

Das Weltwirtschaftsforum 2023 in Davos ist fast vorbei und die Stimmung ist wie erwartet gedrückt. Globale Krisen bestimmen die Diskussionen in Davos, das unter dem Motto „Zusammenarbeit in einer fragmentierten Welt” steht. Im Mittelpunkt steht der Ukraine-Krieg. Doch auch über andere Krisen wird diskutiert, unter anderem waren eine mögliche globale Rezession, Cybersicherheit und der Klimawandel, Themen in Davos.

WEF-Gründer Klaus Schwab (Bildquelle: unsplash / Evangeline Shaw)

Weltwirtschaftsforum-Geschäftsführer Alois Zwinggi sprach zu Beginn von einem „multidimensionalen Gefahrenumfeld im Moment”. Die Stimmung sei gedrückt, so der Gründer des Forums, Klaus Schwab. Alle stecken in einem „Krisen-Denkschema”. Inwieweit Davos dazu beitragen kann aus diesem „Krisen-Denkschema“ herauszukommen, muss sich allerdings erst noch zeigen.

Krieg in der Ukraine im Mittelpunkt

In einer Rede hatte die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Olena Selenska die Situation beschrieben: „Die humanitäre Situation in der Ukraine sieht momentan so aus: Wir sind zahlreichen Herausforderungen ausgesetzt. Zu Beginn des Winters wurde die Infrastruktur zerstört, um das Land zu schwächen und Dunkelheit zu bringen“. Sie forderte eine geeinte Front der Weltgemeinschaft gegen Russland gefordert. „Es ist Einheit, die Frieden zurückbringen kann“, sagte Selenska. Außerdem warnte sie davor, dass sich der Krieg auch über die Grenzen ihres Landes ausweiten könnte.

Der Krieg in der Ukraine und die Folgen sind eines der wichtigsten Themen in Davos. (Bild: Unsplash / tina-hartung)

Auch der ukrainische Präsident Selenski forderte in seiner Rede: „Die Welt muss handeln. Entscheidungen müssen schneller gefällt werden. Tragödien und Tyrannei sind schneller als die Demokratie. Die anderen Länder müssen schneller handeln.“

Außerdem sagte er, dass die Ukraine schneller mit neuen Waffen ausgestattet werden müsse. Sie brauchen Luftabwehrsysteme und westliche Panzer. „Die Pandemie konnten wir besiegen. Nun müssen wir Putin bekämpfen. Die Welt muss die Ukraine unterstützen“, so Selenski.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission von der Leyen machte in ihrer Rede deutlich, „Europa wird immer an der Seite des ukrainischen Volkes stehen.“ Weiter erklärte sie, „Russlands unerbittliche Angriffe und das Gespenst steigender Energiepreise haben unsere Entschlossenheit nicht erschüttert. Wir werden nicht nachlassen, die Ukraine entschlossen zu unterstützen.“

Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich in seiner Rede zum Krieg in der Ukraine geäußert: „Der Krieg in der Ukraine hat alles verändert. Der Krieg beeinflusst die ganze Welt. So explodieren beispielsweise die Preise“. Weiter erklärt er, „wir werden weiterhin Waffen in die Ukraine senden. Panzer werden wir aber nicht liefern.“

Zudem wolle man sich am Wiederaufbau des Landes beteiligen. „Auch private Unternehmen sollen involviert sein. Die Ukraine bewegt sich Richtung Europa“, so Scholz.

Düsterer Ausblick der Chefvolkswirte

Fast zwei Drittel der Chefvolkswirte halten eine globale Rezession im Jahr 2023 für wahrscheinlich; 18 Prozent davon halten sie für sehr wahrscheinlich – mehr als doppelt so viele wie bei der letzten Umfrage im September 2022. Ein Drittel der Befragten hält eine globale Rezession in diesem Jahr für unwahrscheinlich.

Die Erwartungen an die Entwicklung der Wirtschaft im Jahr 2023 sind düster. (Datenquelle: Chief Economits Outlook, World Economic Forum)

Es besteht jedoch ein starker Konsens darüber, dass die Wachstumsaussichten für 2023 düster sind, insbesondere in Europa und den USA. Alle befragten Chefvolkswirte erwarten ein schwaches oder sehr schwaches Wachstum im Jahr 2023 in Europa, während 91 Prozent ein schwaches oder sehr schwaches Wachstum in den USA erwarten. Dies bedeutet eine Verschlechterung in den letzten Monaten.

Erwartungen für China sind uneinheitlich

In China sind die Wachstumserwartungen uneinheitlich, wobei sich die Befragten fast gleichmäßig auf diejenigen verteilen, die ein schwaches oder starkes Wachstum erwarten. Es wird erwartet, dass die jüngsten Schritte zur Abschaffung der äußerst restriktiven Zero-Covid-Politik des Landes das Wachstum ankurbeln werden, aber es bleibt abzuwarten, wie störend der Politikwechsel sein wird, insbesondere im Hinblick auf seine Auswirkungen auf die Gesundheit.

Inflationserwartungen unterscheiden sich je nach Region

Es wird auch für 2023 eine hohe Inflation erwartet. (Bildquelle: pixabay / Mediamodifier)

Hinsichtlich der Inflation sehen die Chefvolkswirte erhebliche Unterschiede zwischen den Regionen, wobei der Anteil derer, die für 2023 eine hohe Inflation erwarten, von nur 5 Prozent in China bis 57 Prozent in Europa reicht. Nach einem Jahr drastischer und koordinierter Straffung durch die Zentralbanken erwarten die Chefvolkswirte, dass der geldpolitische Kurs in den meisten Ländern der Welt in diesem Jahr konstant bleibt. Eine Mehrheit erwartet jedoch eine weitere Straffung in Europa und den USA (59 Prozent bzw. 55 Prozent).

„Da zwei Drittel der führenden Wirtschaftswissenschaftler für 2023 eine weltweite Rezession erwarten, befindet sich die Weltwirtschaft in einer prekären Lage. Die derzeitige hohe Inflation, das niedrige Wachstum, die hohe Verschuldung und die starke Fragmentierung verringern die Anreize für die Investitionen, die notwendig sind, um zum Wachstum zurückzukehren und den Lebensstandard für die Schwächsten der Welt anzuheben“, sagte Saadia Zahidi, Geschäftsführerin des Weltwirtschaftsforums. “

„Chinas Tür nach außen wird sich nur noch weiter öffnen”

In einer Sonderansprache sicherte der chinesische Vizepremier Liu den Teilnehmern eine weitere Liberalisierung und eine Lockerung der Beschränkungen für den chinesischen Immobiliensektor zu.

Liu wies darauf hin, dass der Immobiliensektor, in dem in den Jahren 2021 und 2022 die größten Baufirmen vor dem Zusammenbruch standen, weil sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommen konnten, nach wie vor eine Stütze der chinesischen Wirtschaft sind. “Auf sie entfallen fast 40 Prozent der Bankkredite, 50 Prozent der gesamten Steuereinnahmen der Kommunen und 60 Prozent des Vermögens der städtischen Haushalte”, sagte er.

China spielt für die Weltwirtschaft eine entscheidende Rolle. (Bildquelle: unsplash / Annie Spratt)

Um Befürchtungen zu zerstreuen, dass Chinas Agenda für gemeinsamen Wohlstand auf eine radikale Umverteilung des Reichtums hinausläuft, beschrieb Liu sie stattdessen als eine “langfristige Aufgabe, die einen schrittweisen und allmählichen Ansatz” erfordert und nicht über Nacht erreicht werden kann.

Gleichzeitig bekräftigte Liu Chinas Doppelziel, den Höhepunkt der Kohlenstoffemissionen vor 2030 zu erreichen und bis 2060 kohlenstoffneutral zu werden.

Klimawandel stellt eine enormes Risiko dar

Die Folgen des Klimawandel stellen im Global-Risk-Report auf 10-Jahressicht die größten Risiken dar. Daher ist nicht verwunderlich, dass der Klimawandel ein Thema in vielen Reden und Diskussionen war.

Unter anderem betonte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dass Europa beim Übergang zu einer sauberen Wirtschaft keine Zeit zu verlieren habe. Die Netto-Null-Umstellung verursache bereits jetzt tiefgreifende wirtschaftliche und geopolitische Veränderungen, sagte sie.

Wenn der Klimawandel nicht aktiv gebremst wird, droht eine Katastrophe. (Bildquelle: pixabay / geralt)

„In weniger als drei Jahrzehnten müssen wir Netto-Null erreichen“, sagte sie. „In den nächsten Jahrzehnten werden wir den größten industriellen Wandel unserer Zeit erleben.“

Bundeskanzler Scholz betonte in seiner Rede, dass eine klimaneutrale Zukunft kein Land allein erreichen kann, deswegen sei ein internationaler Austausch wie hier in Davos essentiell. „Deutschland ist dabei, sich zu verändern. Ich erwarte, dass Deutschland 2045 eines der ersten klimaneutralen Länder sein wird. Wir werden da führend sein.“ Zudem ruft er Investoren dazu auf: „Kommen sie zu uns nach Deutschland und Europa.“

Cybercrime Atlas soll für mehr besseren Schutz sorgen

Ein weiteres wichtiges Thema war die Cybersicherheit, dabei eine neue Initative vorgestellt, der Cybercrime Atlas. Das Sekretariat für die Initiative Cybercrime Atlas wird in den nächsten zwei bis drei Jahren vom Weltwirtschaftsforum mit Unterstützung von Fortinet, Microsoft, PayPal und Santander geführt, bis es ausreichend etabliert ist, um eine unabhängige Plattform zu werden.

„Der Cybercrime Atlas ist eine kollaborative Forschungsinitiative, die Informationen über das Ökosystem der Cyberkriminellen und die wichtigsten heute operierenden Bedrohungsakteure sammelt und zusammenstellt“, sagte Jeremy Jurgens, Managing Director des Weltwirtschaftsforums. „Die gewonnenen Erkenntnisse werden dazu beitragen, Möglichkeiten für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen dem Privatsektor und den Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität zu fördern.“

Cybersicherheit war ein wichtiges Thema in Davos(Bildquelle: Pixabay / geralt)

Trotz der Menge an digitalen Daten, die weltweit über cyberkriminelle Aktivitäten gesammelt werden, sind die Bemühungen zu deren Bekämpfung oft unkoordiniert, unzusammenhängend und verstreut. Der Cybercrime Atlas soll die Landschaft der Cyberkriminalität kartieren und kriminelle Operationen, Strukturen und Netzwerke erfassen.

„Cyberkriminelle arbeiten im Verborgenen und nutzen Schwachstellen aus, um verheerende Angriffe zu verüben. Der Cybercrime Atlas bietet ein wichtiges Forum, das den öffentlichen und den privaten Sektor zusammenbringt, um verwertbare Informationen auszutauschen und sektorübergreifende Daten, Fähigkeiten und Fachkenntnisse zu nutzen, die für eine schnelle und umfassende Bekämpfung der Cyberkriminalität entscheidend sind“, so Brad Smith, stellvertretender Vorsitzender und Präsident von Microsoft.