Überlegungen zu Engagements im Wassersektor, Teil 2:

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Sollten Sie den 1. Teil verpasst haben, dann finden Sie diesen hier: “Überlegungen zu Engagements im Wassersektor“. Im zweiten Teil gehen wir der Frage nach wem die Wasserressourcen gehören und wer auf dem Wassermarkt profitiert

Wasser ist nicht knapp 

Wasser bewegt sich in Kreisläufen und ist, im Gegensatz zu den meisten anderen natürlichen Ressourcen, quasi unzerstörbar. Die paar Tropfen jährlichen Verlust an Molekülen ins Weltall sind keinen Gedanken wert. Lokale Wasserknappheit, und damit Nachfrage und wirtschaftliche Relevanz, resultiert aus der räumlichen und zeitlichen Distanz zwischen Angebot und Nachfrage. Da Wasser zwar nicht zerstört, aber doch kontaminiert werden kann, ist Wasserqualität neben der Wassermenge der entscheidende Faktor bei der Beurteilung von Nachfrage und Transportwürdigkeit.

Wem gehören die Wasserressourcen

Erste Überlegungen ergeben sich aus der Frage, wem die möglichst orts- und zeitnahen Wasserressourcen gehören, aus denen Wasser mit vermarktbarer Qualität verkauft werden kann. Natürliche Wasserressourcen gehören mit wenigen, eher klein räumlichen Ausnahmen dem jeweiligen Staat und private Unternehmen genießen nur Nutzungsrechte. Deren Nachhaltigkeit steht, zumindest in den OECD-Staaten, vor allem immer dann in Frage, wenn die Grundversorgung von Bevölkerung oder Schlüsselindustrien ins Spiel kommt.

Ein interessantes Beispiel dazu liefern die USA als „Musterstaat für Privatwirtschaft“. Die anfänglich fast vollständige Versorgung mit Frischwasser durch den privaten Sektor ist seit dem neunzehnten Jahrhundert zugunsten kommunaler und staatlicher Unternehmen auf 15% anfangs dieses Jahrtausends geschrumpft. Dieser Anteil ist inzwischen relativ konstanti.

Treibende Kräfte, die zu einer wesentlichen Ausweitung privater Beteiligung an der zukünftigen kommunalen Wasserversorgung führen könnten, sind in den entwickelten Ländern derzeit kaum erkennbar. Das könnte sich ändern, wenn sich das vor allem von der Weltbank propagierte – Konzept freier Wassermärkte durchsetzen würde. Gegenwärtig stehen in dieser Hinsicht aber erst einmal nur Entwicklungsländer unter Druck, die auf die vergünstigten Kredite der Entwicklungszweigs der Weltbank, sprich der IBRD, angewiesen sindii.

Der Private Sektor

Eine teilweise Umsetzung des Konzepts ist aber bei der Wasserversorgung von Landwirtschaft und Industrien zu beobachten. Gegenwärtiges Paradebeispiel ist der Wassermarkt im Murray-Darling-Basin Australiensiii. Die Frage, in wieweit sich derartige Strukturen etablieren und verbreiten können, wird aber nur langfristig zu beantworten sein. Die Vielzahl an Einflussfaktoren, wie z.B. Agrarstrukturpolitik und Urbanisierung, haben durchaus das Potential, solche Ansätze auf den Status partieller Lösungen für spezifische Situationen zu reduzieren.

Für den privaten Investor am Aktienmarkt ist unter diesem Blickwinkel der Bereich der Wasserversorgungsunternehmen die relevante Aggregationsstufe. Alles „darunter“, also Zulieferung, Lizenzvergabe, technische Ausrüstung und organisatorische Beratung, liegt überwiegend in Händen von Unternehmen der öffentlichen Hand oder von nicht-börsennotierten Unternehmen. Größere Aufträge in Anlagenbau und technische Ausstattung gehen an Unternehmen der allgemeinen Infrastruktur und Technologie. An der deutschen Börse ist kein spezifisches Wasserunternehmen gelistet und einen Hinweis darauf, dass es auch sonst nicht wesentlich anders ist liefert z.B. der Dow Jones U.S. Pipelines Index (DJUSPL), in den es bisher kein Betreiber oder Hersteller von Wasserpipelines geschafft hat.

Die detaillierte Analyse der börsennotierten Einzelwerte unter den Versorgern bleibt dem interessierten Leser selbst überlassen, da der Fokus hier auf den übergeordneten Investitionsüberlegungen liegt,. Nur als Anhaltspunkt sei erwähnt, dass die Marktkapitalisierung des weltweit operierenden Versorgers VEOLIA, dem größten europäischen Unternehmen des Gewerbes, im Jahr 2016 ungefähr einem Zehntel von Siemens entspricht. Auch die Entwicklung von Aktienkurs und Dividenden waren bei einem Investment in den deutschen Technologiekonzern über die letzten 5 Jahre deutlich erfreulicher.

Wasserressourcen
Veolia 5-Jahres-Chart

Quelle

Ähnlich sieht es beim, nach Marktkapitalisierung größten, Versorger American Water Works Co. aus. Die Folgen der kalifornischen Dürreperiode verweisen dort bereits auf die Risiken der begrenzten Marktabhängigkeit von Wasserpreisen, die später noch Thema in dieser Reihe sein wird.

Hohe Chancen im Wassersektor

Überdurchschnittliche Chancen im engeren Geschäftsfeld sind also eher auf lokaler Ebene und außerhalb der Börsen zu suchen. Manche Wassergenossenschaft wurde schon als Insider-Tipp gehandelt, aber das ist absolut nicht auf alle lokalen Verbände zu übertragen und auch im Hinblick auf den Zugang zu Anteilen sehr fallspezifisch. Die Suche nach relevanten Neuerungen in der Wasserversorgung, die überdurchschnittliche Zuwächse versprechen, findet in angrenzenden Geschäftsfeldern, wie z.B. Maschinenbau und Steuerungstechnik, statt.

Etwas anders sehen die Zukunftspotentiale bei der Wasserqualität aus, also bei der Wassergewinnung am Anfang der Lieferkette und deren Ende beim Umgang mit Abwasser. Auch dort spielen börsennotierte Unternehmen nicht die Hauptrolle, aber die Chancen für Zukunftstechnologien sind deutlich höher.

Weitere Analysen finden Sie wie gewohnt an dieser Stelle.

Alles Gute wünscht Heinz-Peter Wolff.

i Für mehr Hintergrundinformationen sowie relevanten Literaturstellen empfiehlt sich der, leider nur in Englisch verfügbare, Eintrag bei Wikipedia (https://en.wikipedia.org/wiki/Water_privatization_in_the_United_States)

iii siehe z.B. https://www.mdba.gov.au/managing-water/water-markets-and-trade

Dieser Beitrag von Heinz-Peter Wolff wurde von trading-treff.de zur Verfügung gestellt. Dort gibt es Analysen, Wissen und Emotionen zum Trading.

Heinz-Peter Wolff arbeitet seit rund 30 Jahren als Berater und Lehrbeauftragter im Bereich natürliche Ressourcen und ländliche Entwicklung mit Schwerpunkt quantitative Methoden in Analyse und Planung. Im Geschäftsfeld Märkte und Börsen nutzt er seine Erfahrungen und methodischen Hintergründe seit 8 Jahren. Gerüchten zufolge soll er in diesem Rahmen den Satz “Afrika ist überall” geprägt haben.

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