Eine alte Börsenregel und die DAX-Historie

Das vierte Quartal 2022 lief für viele Unternehmen (noch) gut. Die jüngsten Bilanzveröffentlichungen haben es aufgezeigt. Dagegen sind viele Unternehmen verhalten, was Wachstum und Gewinn in 2023 angeht. Allzu euphorisch sollten Anleger daher nicht sein. Oder doch? Mut macht unter anderem die DAX-Historie.

(Bildquelle: unsplash / Christian Waske)

Einmal durchatmen und nur denken: „Wow, diese wichtige Börsenwoche mit vielen Quartalszahlen lief schon mal gut“. Mehr sollten Sie als Anleger aber wohl nicht machen. Nur cool bleiben. Denn auf der einen Seite hat gerade der Technologiesektor mit seinen bisher vorgelegten Bilanzen überzeugt – mehr noch: er hat bisher die Konsensschätzungen übertroffen.

Auf der anderen Seite spielt aber die große Heerschar der Tech-CEOs auch ein bisschen den Miesepeter. Sie geben vorsichtige Ausblicke und Prognosen ab. Das wiederum passt so vielen „es-ist-doch-wieder-Sonnenschein-an-der-Börse“ verträumten Anleger gar nicht. So etwas macht schließlich die gute Stimmung zunichte! Auch wir mahnen etwas an dieser Stelle:

Die Unternehmens-Ausblicke für 2023 bremsen die Stimmung aus

Es war bisher ein sehr solider Start in die Earning-Season, „bei dem die meisten Sektoren die Erwartungen übertroffen haben“, wie Josh Gilbert, Marktanalyst bei eToro, es zusammenfasst. Aber da sind eben diese vorsichtigen Ausblicke, die einem Sorgen bereiten könnten. Ein schönes Bespiel ist Microsoft. Der Windows-Konzern bilanzierte robuste Gewinnen, aber auch schwache Prognosen.

Oder nehmen wir Intel. Der Chip-Konzern hat nicht nur „die Auswirkungen des Rückgangs der PC-Hardware-Verkäufe um 24 Prozent im vierten Quartal in vollem Umfang zu spüren bekommen und die Markterwartungen bei Gewinn und Umsatz verfehlt“, wie Michael Kagan, Portfoliomanager bei ClearBridge Investments, schreibt – sondern „leider bot auch die Prognose des Unternehmens den Anlegern keine Erleichterung, da sie einen düsteren Ausblick mit Umsätzen zwischen 10,5 und 11,5 Mrd. US-Dollar bot, während die Wall-Street-Schätzungen bei 14 Mrd. US-Dollar lagen.“ Autsch.

Die jüngste Bilanzvorlage von Intel machte die Anleger nicht glücklich. (Bildquelle: Pressefoto Intel Corporation)

Schwerpunkt liegt auf Kostensenkung und nicht auf Wachstum

Vorsicht ist daher geboten und eben nicht zu sehr die guten Quartalszahlen der vergangenen Monate feiern, sondern eher sich mit dem laufenden Jahr beschäftigen. „An der Börse wird die Zukunft gehandelt“, heißt ein altes Sprichwort. Diese Zukunft könnte erst einmal etwas holprig sein.

Im Moment liegt der Schwerpunkt bei vielen Unternehmen aus dem Tech-Bereich auf dem Faktor Kostensenkung durch Personalabbau und langsamere Ausgaben für neue Anlagen. Diese Strategie begrüßt bekanntlich die Börse, aber die Unternehmen müssen dann auch im ersten Quartal „liefern“ und zeigen, dass diese Strategie Wirkung zeigt. Nicht wenige Analysten sind der Meinung, dass die organischen Wachstumserwartungen weiterhin (noch) zu hoch sind, und eine Abschwächung der Nachfrage im vierten Quartal gibt Anlass, die Prognosen für 2023 zu senken.

Bei ClearBridge Investments erwartet man, dass in Hinblick auf den breiten Markt, „die Unternehmensführungen die Gewinnberichterstattung für das vierte Quartal als Gelegenheit nutzen werden, die Erwartungen für 2023 nach unten zu korrigieren.“ Und weiter heißt es, dass die „erste Phase des Bärenmarktes im Jahr 2022 hauptsächlich dazu geführt hat, dass die Anleger bereit waren, mehr für Aktien zu zahlen (angesichts eines höheren Diskontsatzes), während der Gegenwind im ersten Halbjahr 2023 darin bestehen wird, dass die Prognosen zurückgenommen werden.“

Die DAX-Historie macht Mut

Das könnte kurzfristig engagierte Anleger dazu bewegen, die jüngsten Gewinne mitzunehmen. Langfristig fokussierte Investoren werden hingegen damit klarkommen. Optimismus bezüglich der aktuellen Situation verbreitet auch die Helaba.

„Aktien: Gewinne laufen lassen!“ heißt es im aktuellen Wochenausblick. Der Januar sei keine Erntezeit für Aktien. „Das Umfeld hellt sich auf, das Potenzial ist längst nicht ausgereizt“, so die Helaba und kommt mit einem Klassiker der Börsenregeln um die Ecke: Wie der Januar, so das Jahr.

Wie der Januar, so das Jahr – so lautet eine alte Börsenweisheit. Sie könnte auch 2023 zutreffen. (Bildquelle: Pressefoto Deutsche Börse AG)

„Auch wenn es DAX und Euro Stoxx 50 zuletzt etwas langsamer angehen ließen, sind die ersten Wochen des neuen Jahres für Euro-Aktien überdurchschnittlich gut verlaufen. In der zurückgerechneten DAX-Historie finden sich lediglich sieben Jahre, in denen das deutsche Börsenbarometer im Januar mehr als 8 Prozent zulegen konnte und damit gleich im ersten Monat den Ertrag eines ganzen Jahres lieferte“, schreibt die Helaba weiter.

In der Tat kann man sich viel Optimismus als skeptischer Anleger aus der Historie holen. In den Jahren, in denen der DAX einen so furiosen Auftakt hinlegte, war am Ende mehr drin. „Im Durchschnitt waren es für das Gesamtjahr rund 25 Prozent. Bezogen auf 2023 würde dies bedeuten, dass der DAX bis Jahresende die 17.000er Marke überschreitet“, so die Helaba. Wow. Dennoch sagen wir noch einmal: Cool bleiben.

In dieser Woche hängen die Anleger mal wieder an den Lippen des Fed-Chefs. (Bildquelle: Pressefoto Federal Reserve)

Das bringt die neue Börsenwoche (KW05-2023)

Die nächste Woche wird einmal mehr viel Nervenstärke den Anlegern abverlangen. Mit Apple, Amazon, Alphabet und Meta kommen vier der Mega-Tech-Konzerne mit ihren Bilanzen um die Ecke und „on Top“ werden die Zinsentscheidungen der US-Notenbank Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet, sowie der Zinsentscheid der Bank of England. Alle drei Notenbanken werden das erste Mal in 2023 Farbe bekennen.

Los geht´s am Mittwoch mit der Fed. „Die US-Notenbank dürfte bei ihrem anstehenden Leitzinsentscheid eine Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte auf 4,50 Prozent bis 4,75 Prozent beschließen. Verschiedene FOMC-Mitglieder haben sich in den vergangenen Wochen für solch einen kleinen Schritt ausgesprochen“, heißt es bei Deka, die zwei Fragen in den Raum stellt: „Ist dies angesichts fallender Inflationsraten und einer rückläufigen Lohndynamik der vorerst letzte Zinsschritt nach oben? Und wann folgt die Leitzinswende nach unten?“

Auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde steht in dieser Woche im Blick. (Bildquelle: Pressefoto Europäische Zentralbank)

Am gleichen Tag bekommen wir zudem noch Euroland-Verbraucherpreise gemeldet, während am Donnerstag dann EZB-Präsidentin Christine Lagarde ihren Auftritt hat und den Zinsentscheid der Euro-Notenbanker erklären wird. „Die EZB dürfte die Leitzinsen bei dieser Ratssitzung erneut um 50 Basispunkte anheben.

Auf der Pressekonferenz am 15. Dezember signalisierte Präsidentin Lagarde diese Absicht ungewohnt deutlich, und auch danach unterstrichen zahlreiche Ratsmitglieder ihre Präferenz für einen signifikanten Zinsschritt“, so die Einschätzung der Deka. Zudem dürften die Pressemitteilung und Lagardes Ausführungen die Erwartung bekräftigen, dass die EZB die Leitzinsen im März nochmals um 50 Basispunkte erhöhen wird, heißt es weiter.

Unser Fazit

Mit dem Höhepunkt der aktuellen Berichtssaison und zwei wichtigen Notenbanktreffen wird die kommende Woche alles andere als langweilig. Anleger sollten sich auf turbulente Kursverläufe g gefasst machen. Das Gute: Am Ende dieser Woche herrscht mehr Klarheit über die nächsten Monate …

In diesem Sinne, bleiben Sie weiter engagiert (an der Börse),

Ihre marktEINBLICKE-Gründer
Christoph A. Scherbaum & Marc O. Schmidt