Commerzbank: Der DAX und das Prestige

Mit schwarzen Zahlen für 2022 ist ein wichtiges DAX-40-Kriterium erfüllt | Analysten sind noch verhalten

Commerzbank Frankfurt
Commerzbank Frankfurt (Quelle: Pressefoto Commerzbank AG)

Die Commerzbank (WKN: CBK100 / ISIN: DE000CBK1001) ist auf dem besten Weg wieder in den DAX zu kommen. Dazu hat das traditionsreiche deutsche Geldinstitut einen klugen Schachzug vollführt, in dem man die vorläufigen Zahlen für das Jahr 2022 Ende Januar preisgab – und eben nicht erst den offiziellen Stichtag 16.02.2023 nutzen wollte. Der Grund hierfür war klar:

„Wir haben uns dazu entschieden, das EBITDA der Commerzbank für das Jahr 2022 bereits jetzt zu veröffentlichen, um die Unternehmen der Deutschen Börse in die Lage zu versetzen, uns mit nunmehr zwei verlustfreien Jahren in Folge als Nachfolgekandidat für Linde im DAX 40 berücksichtigen zu können“,

erläutert Bettina Orlopp, Finanzvorständin der Commerzbank.

Das DAX-40-Kriterium sind mit den jüngsten Zahlen erfüllt

Mit den Zahlen hat also die Bank ein wichtiges DAX-40-Kriterium erfüllt. Die Commerzbank hat auf Basis vorläufiger, untestierter Zahlen im Geschäftsjahr 2022 ein positives EBITDA von 3.371 Millionen Euro erzielt. Eine etwaige Aufnahme in den DAX 40 ist jedoch auch von anderen Kriterien, insbesondere der Free-Float-Marktkapitalisierung, abhängig. Die entsprechende Bewertung erfolgt ausschließlich durch die Deutsche Börse Gruppe.

Wer kommt in den DAX – die Commerzbank oder der Rüstungskonzern Rheinmetall? (Bildquelle: Pressefoto Rheinmetall)

Dennoch ist die Commerzbank wieder auf Kurs und es dürfte für den Rüstungskonzern Rheinmetall schwerer werden, an der Bank in den DAX vorbeizuziehen und somit Linde ab 27.02. zu ersetzen.

Linde selbst zieht sich als aktuell wertvollster DAX-Konzern von der Frankfurter Börse zurück und wird künftig nur noch in New York an der NYSE gelistet sein.

Analysten sind sich bei der Commerzbank nicht einig

Seitens der Analysten bekommt die Commerzbank, Deutschlands führende Bank für den Mittelstand mit seinen rund 11 Millionen Privat- und Unternehmerkunden in Deutschland,  dagegen bisher nur wenig Lob, auch wenn die Börse die jüngsten Entwicklungen honorierte. Der Aktienkurs mit einen Plus von mehr als 15 Prozent seit Jahresbeginn spiegelt es wider.

Warburg Research hat das Kursziel für Commerzbank von 10,70 auf 11,60 Euro angehoben. Die operative Entwicklung sei gut, heißt es hier. Man sehe die Kaufempfehlung untermauert, da die Bank in einer Rezession widerstandsfähiger zu sein scheine, so Warburg Research weiter. Auch die UBS empfiehlt zum Kauf mit einem Ziel von 11,00 Euro.

Die DZ Bank hat derweil den fairen Wert für Commerzbank vor Zahlen zum vierten Quartal von 8 auf 10 Euro angehoben, das Rating lautet aber nur „Halten“. Dieser verhaltenen Einschätzung  schließen sich auch die US-Banken Goldman Sachs und JP Morgan an. Hier wird das Kursziel bei 11 bzw. 9,80 Euro belassen.

Wehe dem, der Commerzbank-Aktien schon seit 2003 im Depot hat

Die Skepsis gegenüber eine Commerzbank-Aktie kommt nicht von ungefähr. Schaut man sich die Kursentwicklung der vergangenen zwei Jahre an, so werden viele Anleger mit der Bank-Aktie zufrieden sein. Auf Sicht von zwei Jahren hat sich ein Investment fast verdoppelt, auf Sicht der vergangenen zwölf Monate wurden aus einer 10.000-Euro-Position immerhin mehr als 13.000 Euro.

Der Blick in die längere Kurshistorie ist dagegen alles andere als schön. Anfang der 2000er-Jahre stand der Kurs bei mehr als 200 Euro. Die Aktie gehört damit zu dem unrühmlichen Kreis der größten Kapitalvernichter am deutschen Aktienmarkt. Dies zeigt auch eine neue Studie des Flossbach von Storch Research Institute , einer Denkfabrik des gleichnamigen Kölner Vermögensverwalters. „Unter den größten Wertvernichtern sind die Aktien der Commerzbank und der Hypo Real Estate zu finden. Der negative Spitzenreiter ist die Aktie der Deutschen Bank“, heißt es in der Studie.

Die Commerzbank heute ist eine Neue

Der Blick in die Vergangenheit sollte aber keine Priorität für Anleger haben. Die Commerzbank ist heute eine andere Bank und das Umfeld ebenfalls nicht mehr das alte. Die Bank konzentriert sich auf den deutschen Mittelstand, Großunternehmen sowie institutionelle Kunden.

Beim DSW, der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz ist man im Bezug auf die Bank in abwartender Haltung: Klaus Nieding, Bankenexperte des DSW, sagt im Vorfeld der offiziellen Zahlenbekanntgabe gegenüber marktEINBLICKE:

„Geht man von dem gemeldeten Vorsteuerergebnis von 2 Mrd. Euro (und dem gemeldeten EBITDA von 3,4 Mrd. Euro) aus, ist zu prognostizieren, dass das Ergebnis 2022 über dem von 2021 liegt – wenn auch nicht so deutlich wie bei der blauen Konkurrenz. Immerhin würde dies zeigen, dass die Bank in der Lage ist, auch in schwierigem Umfeld nachhaltig solide Gewinne zu erwirtschaften.“

Die Commerzbank hat gute Chancen wieder in die erste Börsenliga zurückzukehren (Bildquelle: Pressefoto Commerzbank AG)

Ob damit aber das Restrukturierungsprogramm schon durchgreifend erfolgreich sei und die Zahlen auch für 2023 so positiv sein werden, bezweifelt aber Nieding. Immerhin werde das Jahr 2023 von allen Experten als noch herausfordernder und schwieriger angesehen, als dies schon 2022 gewesen sein, so der Aktionärsschützer.

„Außerdem wird es darauf ankommen, wie resilient sich die Kreditnehmer der Commerzbank gegen die allgemeinen Kostensteigerungen verbunden mit – in einigen Branchen jedenfalls erheblichen – Umsatzrückgängen zeigen. Anders als die Deutsche Bank kann die Commerzbank nämlich nicht Verluste im Bereich des Firmenkundengeschäfts etwa durch ein starkes Investmentbanking (und umgekehrt) ausgleichen.“

Ob die zukünftige Ballung von Aufsichtsratsmitgliedern mit „politischem Hintergrund“ so gut ist für das operative Geschäft, bleibe ebenfalls abzuwarten, ergänzt Nieding.

Das marktEINBLICKE-Fazit

Die Commerzbank hat gute Chancen wieder in die erste Börsenliga zurückzukehren und damit mehr im Fokus des Marktes zu stehen. Denn eine DAX-Zugehörigkeit ist nicht zuletzt auch eine Prestige-Sache – nicht nur für Investoren.

Das gilt natürlich auch für Rheinmetall sowie die Aktie des Rüstungskonzerns und Automobilzulieferers – die wiederum auf Sicht von zehn Jahren Aktionären eine stattliche Verfünfachung des Investments eingebracht hat. Dem gegenüber steht wiederum eine Commerzbank-Aktie, die seit Mitte Oktober 2022 – gemessen am GD 200 – für langfristig orientierte Anleger interessant ist, da sich das Papier seitdem im langfristigen Aufwärtstrend befindet.