Die Überraschung über den unverhofften Job-Boom in den USA hätte nicht größer sein können. Es zeigt sich, dass konjunkturelle Prognosen immer schwieriger werden, weil die Dynamik immer unvorhersehbarer wird.
US-Arbeitsmarkt zeigt sich robust
Was war überhaupt geschehen? Die US-Wirtschaft hat im Januar 517.000 Stellen neu geschaffen – von Ökonomen waren im Schnitt nur 188.000 neue Stellen erwartet worden. Angesichts der gewaltigen Stellenstreichungen im Tech-Sektor überraschen solche Zahlen. Sie verdeutlichen aber die Stärke des amerikanischen Arbeitsmarktes und die Dynamik bei den US-Unternehmen.
Kein Wunder also, wenn angesichts dieser Daten Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG, vom „Partycrasher der Woche“ spricht. Es mehren sich seiner Ansicht nach die Anzeichen, dass der US-Arbeitsmarkt überhitzt. Mit dem Rückgang der Arbeitslosenrate auf 3,4 Prozent fehle von einer Konjunkturabkühlung weiterhin jede Spur. Genau darauf zielt allerdings die aktuelle straffe Geldpolitik der Fed ab.
Für Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel, steht derweil nun infrage, ob die Fed nach einem weiteren kleinen Zinsschritt im März den geldpolitischen Straffungszyklus tatsächlich pausiert.
… und die Märkte?
Geht es nach Winkler, steigt derzeit das Rückschlagrisiko. „Beim Blick auf die internationalen Aktienmärkte zeigt sich, dass der Nachzügler USA etwas aufgeholt hat. Die Märkte mit einem hohen Anteil „defensiver“ Branchen wie Industrie, Versorger und Gesundheit (zum Beispiel Dow Jones, FTSE100 und SMI) hinken der aktuellen Börsenrally dagegen hinterher. Aus technischer Sicht hat der S&P500 zwar seinen Abwärtstrend überwunden und den Bärenmarkt beendet.“
Und weiter: „Allerdings sehen wir aufgrund der anspruchsvollen Bewertung (mit KGV von 18) wenig Steigerungspotential. Auch beim Stoxx600 und dem MSCI World folgt nach dem Ende des Bärenmarktes wohl eher eine breite Seitwärtsbewegung. Wir gehen davon aus, dass weitere Kursgewinne schwerfallen sollten und der größte Teil der Party bereits gelaufen ist.“
Unterdessen gibt es im Tech-Sektor inzwischen auch attraktive Bewertungen, die langfristige Anleger nicht aus den Augen lassen sollten. Jonathan Curtis, Portfoliomanager bei Franklin Templeton, ist der Ansicht, dass viele Tech-Aktien in zyklischeren Bereiche, die bei sinkenden Verbraucherausgaben Probleme bekommen könnten, wie zum Beispiel PCs/Handys, eCommerce und digitale Werbung bereits begonnen haben, Schwächen einzupreisen, was zu attraktiven Bewertungen für Anleger mit einem längeren Zeithorizont führt.
Das marktEINBLICKE-Fazit
Auch wenn die Fed mit ihrer Zinspolitik vielleicht schneller als gedacht umsteuern muss, ist die Lage am US-Arbeitsmarkt ein gutes Signal. Denn als gewaltiger Binnenmarkt sorgt ein starker US-Markt letztlich auch für Effekte in Asien und Europa. Am Ende ist vielleicht nicht China die Konjunkturlokomotive 2023 sondern die USA.
In diesem Sinne, bleiben Sie weiter engagiert (an der Börse),
Ihre marktEINBLICKE-Gründer
Christoph A. Scherbaum & Marc O. Schmidt