Großbritannien hat gewählt. Die Entscheidung ist überraschend ausgefallen. Zwar konnten die Tories unter Premierministerin Theresa May wieder stärkste Kraft werden. Aber das war es auch schon an Erfolgsmeldungen. Anleger fragen sich, wie es weiter geht.
Nach dem „Brexit“-Schock rücken wieder klassische Börsenthemen in den Vordergrund. Ganz wichtig ist dabei die neue Berichtssaison in den USA, die heute mit den Zahlen von Alcoa startet. Es berichten außerdem etwa Alstom, JPMorgan Chase und die Citigroup, Südzucker seine Hauptversammlung abhält.
Europa steckt tief in der Krise, zunächst wirtschaftlich. Das seit dem Vertrag von Lissabon 2007 erzählte Märchen, wonach die EU die wachstumsstärkste Region der Welt werde, hat bislang kein Happy End gefunden. Die Eurozone stagniert vielmehr. „Hochkonjunktur“ gibt es nur bei Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung.
Das britische Pfund hat seit seinem Mehrjahreshoch gegenüber dem US-Dollar vor zwei knapp zwei Jahren bis heute einen kräftigen Wertverlust von mehr als 16 Prozent hinnehmen müssen. Das „Cable“ sollte eigentlich von der Erwartung eines Comebacks der Wirtschaft Großbritanniens nach der Finanzkrise und damit einhergehend steigender Zinsen profitieren, doch dann kam es wie so oft anders.
In wenigen Wochen jährt sich die historische Brexit-Abstimmung zum ersten Mal. Noch vor diesem Jubiläum wählen die Briten ihr Parlament neu. Der Wahlausgang entscheidet auch darüber, wie der Brexit vonstatten gehen wird. Die Wähler sind gefordert. Auch für Anleger bringt die Entscheidung etwas mehr Klarheit.
Der „Brexit“-Schock ist verdaut und der DAX rangiert über 10.000 Punkten. Zeit sich wieder klassischen Börsenthemen, wie der an Fahrt aufnehmenden Berichtssaison zu widmen. Unter anderem stehen die Zahlen von Bank of America, IBM, Yahoo, Netflix, Goldman Sachs, Microsoft, SAP, eBay, Sofware AG, Daimler, Novartis, PayPal, AT&T, General Motors und General Electric an.
Das Thema ist voll en Vogue. Da sind die Marktvolumina gering, die Stimmung besch…eiden - und stets wird seit Wochen die Sau namens Brexit durch das Dorf gejagt. Die andere Sau „Grexit“ haben wir ja bereits auf dem Altar der internationalen Finanzmärkte geschlachtet - das Thema ist als Entschuldigung für den Markt durch. Komisch ist, dass es trotz des Austritts-Szenarios der Briten derzeit an den Börsen so richtig spannend werden könnte - und zwar nach oben.
Nach dem EU-Gipfel sonnte sich der britische Premierminister David Cameron im vermeintlichen Glanz der erzielten Beschlüsse: Er, der kleine David habe im Kampf gegen den großen Goliath EU einen epochalen Triumpf für Großbritannien errungen. Jetzt könnten die Briten freudestrahlend ja zur EU und nein zum Brexit sagen.