Charttechnisch betrachtet hängen die DAX-Notierungen am Bremsbereich rund um 13.200 Punkten fest. Den gilt es zu überwinden, bevor ein Ausflug (über die 13.500er-Hürde hinweg) in Richtung Rekordhoch erfolgen könnte.
Am Donnerstag stand der DAX bei 13.460 Zählern und somit einerseits auf dem höchsten Stand seit dem 24. Februar und andererseits nur noch 335 Punkte unterhalb der amtierenden Bestmarke. Das ist, mit Verlaub, bemerkenswert. Schließlich sind damit derart viele Vorschusslorbeeren eingepreist, dass einem angesichts der Konjunkturlage leicht mulmig werden könnte.
Der Dow Jones Industrial Average gilt dank seiner mittlerweile 124 Jahre währenden Historie als Dinosaurier unter den Börsenbarometern. Das ist nur in Teilen liebevoll gemeint, denn wenig zeitgemäß wirkt auch die Zusammensetzung der US-amerikanischen Blue Chips.
Wer Wirecard im DAX ablöst, wissen wir nun auch, die Wahl fiel auf, Trommelwirbel: Delivery Hero! Damit ist Berlin ganz plötzlich gleich zweimal als Blue Chip-Standort im deutschen Leitindex vertreten.
Auf der Oberseite steht im DAX, wie schon in der Vorwoche, der nachhaltige (!) Ausbruch über die 13.000er-Barriere inklusive Re-Break bei 13.200 Punkten an, um einen Angriff auf das Rekordhoch bei 13.795 Zählern möglich zu machen. Auf der Unterseite ist es dagegen die Verteidigung der Doppelunterstützung aus 200-Tage-Linie und 12.000er-Marke, die unverändert oberste Priorität hat.
Es sieht nach staatlicher Endloshilfe aus. Um die Dynamik der Konjunkturerholung nicht zu gefährden, werden fiskalische Hilfen großzügig verlängert und sogar ausgedehnt. Die so zwangsläufig steigende Neuverschuldung lässt sich mittlerweile nur noch mit geldpolitischer Üppigkeit stemmen. Mit dieser erzwungenen Freundschaft können die Aktienmärkte offenbar gut leben.
Nach ihrem historischen Einbruch im Frühjahr steht die Konjunkturstimmung fast wieder in voller Blüte. Doch was passiert, wenn die „harten“ Konjunkturdaten den vielversprechenden „soften“ Frühindikatoren im Herbst die Gefolgschaft verweigern? Verwelken dann an den Aktienmärkten die fundamentalen Vorschusslorbeeren?
Selbst wieder ansteigende Corona-Neuinfektionen, zäheste Verhandlungen über ein fünftes US-Hilfspaket und handelspolitische Scharmützel tun der guten Konjunkturstimmung an den Aktienmärkten überhaupt keinen Abbruch. Die Anleger vertrauen darauf, dass die Konjunktur zur Not weiter kaltgestartet wird.
Corona und US-Präsidentenwahl haben das Thema Brexit lange verdrängt. Da aber die Zeit für ein „transärmelkanales“ Handelsabkommen rasant abläuft und Boris Johnson im Poker mit der EU alles auf eine Karte setzt, ist es als No Deal-Variante wieder da. Droht Ende 2020 tatsächlich eine schmutzige Trennung Großbritanniens von Europa mit allen Scheidungsfolgen für hüben und drüben?
Die Fed gibt sich ein innovatives Inflationsziel. An zwei Prozent hält man zwar fest, doch nur als Durchschnitt: Nach der langen Phase zu niedriger will man eine lange mit höherer Inflation zulassen. Diese Toleranz soll Inflationserwartungen nachhaltig steigern, vor allem aber Deflation als Grundübel der Konjunktur verhindern.
Seit März hat der Euro zum US-Dollar einen ziemlichen Lauf. Aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Probleme der Weltmacht träumen manche Marktteilnehmer sogar, dass er der bisherigen Weltleitwährung das Wasser abgraben könnte. Abgeschrieben wurde der US-Dollar in den letzten Jahrzehnten schon oft, bislang ohne Erfolg. Doch schlägt jetzt die ultimative Stunde des Euro?
Die (Finanz-)Welt ist in Unordnung. Trump zerstört mit seinem Führungsstil das Vertrauen in den sicheren Anlagehafen US-Dollar. Und angesichts der Schuldenorgien bei gleichzeitiger Zinslosigkeit spricht nur noch Pinocchio von Finanzstabilität. Nicht zuletzt gibt es coronale Konjunkturrisiken. Gute Gründe also, dass stabile, da nicht beliebig vermehrbare Kryptowährungen erst am Beginn einer sagenhaften Kursrallye stehen, oder?
Das Virus macht das Zurück zur wirtschaftlichen Normalität zum Hindernislauf. Ein Trio Infernale aus Firmenpleiten, Stellenstreichungen und Überschuldung von Unternehmen und Haushalten legt der deutschen Konjunktur dicke Steine in den Weg. Um sozialen und systemischen Krisen entgegenzuwirken, wird der Staat noch lange das Motto „Wir machen den Weg frei“ verfolgen.