Mit dem Satz "Die Ampel steht!" machte Olaf Scholz klar, dass er in Kürze einer neuen Bundesregierung vorsteht. Aber wie hält es die Ampel mit der Börse?
Nach den epochalen Verlusten von CDU und SPD bei der hessischen Landtagswahl spricht wenig für politischen Aufbruch in Berlin. Die „Große“ Koalition wird zusammenbleiben, aber noch vorsichtiger regieren, keine heißen Eisen anpacken und wenig Reformaktivitäten zeigen, um bloß keinen neuen Streit loszutreten. Die Regierungspartner verhalten sich wie ein zerstrittenes Ehepaar, das die Scheidung unbedingt vermeidet, weil ansonsten das gemeinsame Haus weg ist.
Stimmungen, Handlungen und Erwartungen prägen die Kursverläufe von Unternehmen. Gleiches gilt für Parteien. Parteien haben einen Marktwert, weil sie gewinnen oder verlieren, regieren oder opponieren, eine(n) Bundeskanzler/in hervorbringen, Gesetze machen und Lobbyisten anziehen.
Selbstzerfleischung ist kein Privileg der SPD mehr. Auch die CDU zeigt hier viel Talent. Das liegt zunächst am neuartigen Konstrukt der Doppelspitze: Während Angela Merkel sich auf das Kanzleramt konzentriert, liegt das Wohl der Partei bei AKK. Dabei wussten schon Konrad Adenauer und Helmut Kohl, dass beide Ämter zusammengehören, um auch parteiintern durchzuregieren...
In Deutschland sollte eine Große Koalition aus zwei Volksparteien dafür da sein, Dinge zu bewegen, an die sich eine kleine Koalition nicht herantraut. Die Reformpolitik von Rot-Grün unter Kanzler Schröder ist dafür ein gutes Beispiel. So weit die Theorie. Jedoch sieht die deutsche Polit-Praxis anders aus.
Dass CDU und SPD nach den Erfolgen der AfD bei den Wahlen in Brandenburg und Sachsen nur von blauem Auge sprechen, ist vergleichbar mit einem Hausbesitzer, der sich nach einem verheerenden Brand freut, dass der Geräteschuppen vom Feuer verschont blieb. Zukünftig drohen wackelige Dreierbündnisse.
Am 24. September dürfte es spannend werden, welche Partei wird das Rennen machen und welche Auswirkungen könnte dies für Anleger haben?