„It stinks“ – Wenn ein Aktienindex zum Bruttoinlandsprodukt wird

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Es ist schon bemerkenswert, wenn man in der US-Notenbank anlässlich eines zehnprozentigen Rückgangs der Aktienkurse (gemessen am S&P 500 Index) – manche sprechen von einer gesunden Korrektur – offenbar ins Grübeln gerät. Denn in der vergangenen Woche kamen die nicht stimmberechtigten Mitglieder des Offenmarktausschusses der Fed, John Williams und James Bullard, zumindest verbal den strauchelnden Aktienmärkten zu Hilfe. Obwohl die Mehrheit der Marktteilnehmer davon ausgeht, dass das quantitative Lockerungsprogramm QE3 mit der Oktober-Sitzung auf null zurückgefahren und damit beendet wird, sind durch die Statements der beiden Chefs der Notenbank von San Francisco und St. Louis zumindest temporär neue Fantasien geweckt worden. Nicht umsonst haben die Aktienbullen am vergangenen Freitag gejubelt, als ihnen wieder einmal vermittelt wurde: Wenn es runter geht, hilft die Fed und ansonsten geht’s nach oben.

So hat es den Anschein, als würde man bei der US-Notenbank darüber nachdenken, angesichts der Aktienschwäche den Zeitpunkt einer Zinswende lieber wieder in die fernere Zukunft zu verschieben, nachdem man vor einer guten Woche noch vielerorts eher für das erste Quartal 2015 eine Anhebung der US-Leitzinsen erwartet hatte. Mehr noch rechnet man damit, dass einer fortgesetzten Aktien-Baisse in den USA mit einem erneuten quantitativen Lockerungsprogramm oder zumindest einer Pause im laufenden QE3-Prozess zu Leibe gerückt wird. Das Ganze natürlich unter dem Vorwand, dass man sich Sorgen um die niedrige Inflation macht.

Die Situation am Aktienmarkt erinnert mich ein bisschen an den Februar dieses Jahres, als sich die Chancen für eine konjunkturelle Erholung in den USA innerhalb weniger Wochen deutlich zu verschlechtern schienen. Glücklicherweise gab es damals eine Begründung für die ungünstiger als erwartet ausgefallenen Wirtschaftsdaten: Die extremen Wetterbedingungen in den USA, die im Dezember 2013 vorherrschten, wurden seinerzeit für die schwächelnde Wirtschaft verantwortlich gemacht. Dieses Mal kann man den Kursrückgang am Aktienmarkt allerdings nicht irgendwelchen unkontrollierbaren externen Wetterkräften in die Schuhe schieben.

„It stinks“

Die nervöse Reaktion einiger Notenbanker vermittelt vielmehr den Eindruck, als sei man sich dort bewusst, dass große Teile der Vermögen der Superreichen, der so genannten „high beta rich“, an das Schicksal der Aktienmärkte gebunden sind. Und das in großem Maße mit Aktienkäufen auf Kredit. So verfehlte die so genannte NYSE Margin Debt im August das historische Februar-Hoch von 466 Mrd. nur noch um 3 Mrd. US-Dollar…

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GoldbergEin Beitrag von Joachim Goldberg.

Er beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein. Seitdem setzt er sich intensiv mit der ”Behavioral Finance” genannten verhaltensorientierten Finanzmarktanalyse auseinander.
Joachim Goldberg schreibt regelmäßig auf seinem Blog www.der-goldberg.de.

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