(H)aus gekauft

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Neulich las ich in der Zeitung, dass die meisten Deutschen immer noch vom eigenen Haus oder einer Eigentumswohnung träumen. Vor allem jetzt, weil die Zinsen so niedrig wie nie sind und sich in Zeiten von Zinsen nahe Null auf Sparbüchern und Tagesgeldkonten für manchen eine Immobilie als Anlageform geradezu aufdrängt. Ganz zu schweigen von den Leerstandsquoten bei Wohnungen in einigen Ballungszentren, die so niedrig sind, dass die Experten sogar von einer Wohnungsnot sprechen.

Mir geht es jedoch weniger um den ökonomischen Aspekt, bei dem vor allen Dingen das Investment in selbstgenutzte Wohnungen oder Häuser überschätzt wird. Auch nicht, dass dabei sehr oft das ganze Vermögen der Eigenheimbesitzer an eine Anlageklasse gebunden ist, die außerdem – es sei denn, man vermietet einen Teil des Hauses – keine Dividende abwirft. Man kann natürlich hoffen, dass das Eigenheim an Wert gewinnt, doch sollte man dabei nicht zu viel Rendite erwarten. Denn alleine die Nebenkosten beim Erwerb einer Immobilie werden von den frischgebackenen Hausbesitzern gerne ausgeblendet. Ganz davon zu schweigen, was während dieses oft für die Ewigkeit gedachten Investments an Kosten für dessen Instandhaltung und Unterhalt anfallen.

Jetzt werden mir wahrscheinlich wieder diejenigen, die bereits seit einigen Jahren glücklich und zufrieden in ihrem Eigenheim leben, an die Gurgel springen, weil ich mit meinen ökonomischen Einlassungen etwas von mir gebe, was bei einem Haus- oder Wohnungsbesitzer möglicherweise hohe Dissonanzen erzeugen kann. Denn hinter den Mauern vieler Eigenheime verstecken sich die beiden höchsten Commitments (psychische Bindungen), die man im Laufe seines Lebens eingehen kann. Zum einen ist dies der Hauskauf selbst, dessen Preis wie gesagt oftmals das komplette Vermögen ausmacht. Zum anderen die Bindung an einen Partner, meist in Gestalt einer Eheschließung, die wiederum häufig erst die Grundlage für den Immobilienerwerb darstellt. Dieses Doppel-Commitment kann vor allem im Moment des Eingehens einer solchen Entscheidung genauso unwiderruflich oder unkündbar scheinen wie früher ein Arbeitsplatz, den man ein Leben lang ausfüllte.

In Beton gegossen

Wenn es um ihr persönliches Glück geht, sind Menschen leider meist keine guten Prognostiker. Weil sie sich den Traum vom Eigenheim gerade zu Zeiten billigen Geldes unbedingt erfüllen möchten, gehen sie bei der Lage Kompromisse ein und weichen wegen der hohen Preise in den Ballungszentren, wie auch der Artikel der WamS schön darlegt, aufs Land aus. So soll der Anteil der Deutschen, die höchstens zehn Kilometer zur Arbeit pendeln, derzeit unter 50 Prozent liegen. Gleichzeitig nehme die Zahl derjenigen, die einen Weg von 25 bis 50 Kilometern zum Arbeitsplatz zurücklegen müssen, ständig zu, las ich ebenfalls in der WamS.

Dabei wird zum einen unterschätzt, wie schnell man sich selbst an sein Traumhaus gewöhnt…

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GoldbergEin Beitrag von Joachim Goldberg.

Er beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein. Seitdem setzt er sich intensiv mit der ”Behavioral Finance” genannten verhaltensorientierten Finanzmarktanalyse auseinander.
Joachim Goldberg schreibt regelmäßig auf seinem Blog www.der-goldberg.de.

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