Den „Alten“ gehört die Zukunft

Das Thema Demografie gehört seit geraumer Zeit dazu.

(Bildquelle: unsplash / Vidar Nordli-Mathisen)

An den Aktienmärkten wird häufig versucht, sogenannte Megatrends zu identifizieren. Das Thema Demografie gehört nun schon seit geraumer Zeit dazu. Die Rechnung ist ganz einfach. Die Weltbevölkerung wächst, während der Anteil der älteren Menschen in vielen Regionen dieses Planeten stark zunimmt. Gleichzeitig haben Senioren spezielle Bedürfnisse. Unternehmen müssen darauf entsprechend reagieren, was wiederum verschiedene Anlagechancen eröffnet.

Seit November 2022 leben laut den Vereinten Nationen mehr als 8 Milliarden Menschen auf diesem Planeten. Das Wachstum der Weltbevölkerung soll in den kommenden Jahren und Jahrzehnten etwas an Dynamik verlieren, jedoch weiterhin anhalten. Zudem werden die Menschen auf der Erde immer älter. Im Jahr 2019 lag die Lebenserwartung bei der Geburt bei 72,8 Jahren weltweit. 2020 betrug sie in der Europäischen Union sogar 80,4 Jahre. Außerdem verschieben sich die Bevölkerungsanteile.

Während es immer mehr Menschen gibt, die älter als 65 Jahre sind, nimmt der Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter in vielen Teilen der Welt ab. Die steigende Zahl von Ruheständlern erhöht den Druck auf die Sozialversicherungssysteme. Auch gesellschaftlich ergeben sich große Veränderungen, auf die auch Unternehmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen reagieren müssen. Ein Grund, warum sich rund um den demografischen Wandel ein ganzes Investmentfeld entwickelt hat. Mit „Silver Economy“ hat dieses Feld auch einen Namen.

Quellen: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB); Statistisches Bundesamt

Anteil der älteren Gruppen an der Gesamtbevölkerung wächst

Während die Geburtenraten sinken, steigt die Lebenserwartung. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass sich die Anteile der einzelnen Altersgruppen stark verschoben haben und weiter verschieben werden. Laut Daten des Statistischen Bundesamtes und Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsentwicklung (BiB) lag der Anteil der unter 20-jährigen in Deutschland im Jahr 2021 bei rund 19 Prozent. 22 Prozent der Menschen waren 65 Jahre oder älter, während der Anteil der über 80-jährigen 7 Prozent betrug. Vor mehr als 150 Jahren sah die Sache ganz anders aus.

Mit 44 Prozent waren die unter 20-jährigen Anfang der 1870er Jahre klar in der Mehrheit. Der Anteil, der über 65-jährigen lag bei gerade einmal 5 Prozent, während die Zahl der über 80-jährigen verschwindend gering und nahe Null lag. Der Trend weist weiterhin in die gleiche Richtung. Der Anteil der älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung wird hierzulande zunehmen. Für das Jahr 2060 wird bei den unter 20-jährigen ein Anteil von 18 Prozent prognostiziert, während dieser für die Altersgruppen der über 65-jährigen und über 80-jährigen bei 30 bzw. 11 Prozent liegen soll.

Von den sich verändernden Altersstrukturen in der Bevölkerung sind nicht nur die Industrieländer, Deutschland oder in Europa betroffen. In Asien lag der Anteil der unter 20-jährigen 2020 laut BiB bei 31,2 Prozent und soll laut Schätzungen bis 2100 auf knapp 20 Prozent sinken. Entsprechend soll der Anteil der Gruppe, der über 65-jährigen von knapp 9 Prozent im Jahr 2020 auf 27,6 Prozent im Jahr 2100 ansteigen. Auch weltweit vollziehen sich ähnliche Entwicklungen, nur nicht in dem gleichen Tempo.

 

Quellen: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB); Statistisches Bundesamt

Bedeutung der Silver Economy nimmt zu

Ältere Menschen haben andere Bedürfnisse als junge Menschen. Daher findet der demografische Wandel bereits Eingang in wichtige Unternehmensentscheidungen, zum Beispiel hinsichtlich wichtiger Zielgruppen von Produkten und Dienstleistungen. Dies ist auch ein Grund, warum der aus Japan stammende Begriff der „Silver Economy“ auch hierzulande immer mehr Eingang in den Sprachgebrauch in den Marketingabteilungen findet.

Silber steht in diesem Fall für ein Unterscheidungsmerkmal der häufig grauen oder silbernen Haare bei älteren Menschen. Die Silver Economy oder Seniorenwirtschaft beschreibt einen Teil der Wirtschaft, der sich systematisch mit den speziellen Bedürfnissen und Konsumwünschen älterer Männer und Frauen an Produkte und Dienstleistungen richtet. Diese müssen daher in besonderer Weise auf ältere Menschen zugeschnitten sein.

Wenn es um das Thema Silver Economy geht, findet keine klare Abgrenzung von Wirtschaftsbereichen statt, die für Angebote an Senioren ausgerichtet sind. Vielmehr müssen sich sämtliche Branchen Gedanken machen, wie sie die wachsende Kundenbasis in der Gruppe der Senioren bedienen. Zumal es nicht nur darum geht, dass der Anteil der älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung steigt, sondern diese häufig auch zahlungskräftig und daher für Unternehmen besonders interessant sind.

Hohe Kaufkraft

In vielen Ländern wie Deutschland ist die Rede von den sogenannten Baby-Boomer-Generationen. Dabei handelt es sich häufig um besonders geburtenstarke Jahrgänge nach Kriegen. In Deutschland werden in der Regel diejenigen, die zwischen 1955 und 1969 geboren wurden, zu den Baby-Boomern gezählt. Sie waren bereits in der Vergangenheit eine besonders große Bevölkerungsgruppe. Aufgrund rückläufiger Geburtenraten sowie des medizinischen Fortschritts und alternder Gesellschaften bleiben sie dies auch weiterhin. Nur werden diese Menschen auch älter.

Viele von ihnen sind bereits in das Rentenalter eingetreten oder werden dies in den kommenden Jahren tun. Sie bringen damit sehr viel Zeit, aber auch ein relativ großes Vermögen mit, das sie zum Ausgeben zur Verfügung haben. Auch wenn sich sämtliche Branchen mit der Silver Economy beschäftigen müssen, haben sich verschiedene Bereiche herauskristallisiert, die eher geeignet zu sein scheinen, um von dem Megatrend Seniorenwirtschaft zu profitieren oder zumindest diesem mehr ausgesetzt sind als andere.

Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk ist die weltweite Nummer eins in den Bereichen Diabetes und Insulin. (Bildquelle: Novo Nordisk)

Chancen und Herausforderungen für den Gesundheitssektor

Besonders geeignet für die Silver Economy scheint der Bereich Gesundheitswesen zu sein. Im Alter werden Menschen anfälliger für bestimmte Krankheiten. Hinzu kommt der Aspekt, dass sie auch häufiger in Kranken- und Pflegeeinrichtungen untergebracht werden müssen. Je älter die Bevölkerung wird, desto stärker steigt der Bedarf an Gesundheitsleistungen. Zu den Unternehmen, die von den entsprechenden Trends profitieren könnten, gehört beispielsweise Novo Nordisk (WKN: A1XA8R / ISIN: DK0060534915). Der dänische Pharmakonzern ist der Weltmarktführer bei Insulin. Dabei dürfte die Nachfrage nach lebensrettenden Medikamenten und Therapien steigen.

Abgesehen von der sogenannten Altersdiabetes wächst die Zahl der an Diabetes erkrankten Menschen. Weltweit sind laut der International Diabetes Federation schätzungsweise mehr als 500 Millionen Menschen schon heute betroffen. Diese Zahl soll weiter zunehmen. Es wird vorhergesagt, dass bis 2030 jeder neunte Mensch auf diesem Planeten mit Diabetes leben wird. Bis 2045 dürfte die Zahl der chronisch Erkrankten laut Schätzungen um 46 Prozent auf 784 Millionen zunehmen. Darüber hinaus erobert Novo Nordisk derzeit mit Diät-Medikamenten wie Wegovy neue Geschäftsfelder im Bereich Bekämpfung von Fettleibigkeit.

Jede Branche muss sich mit der Seniorenwirtschaft beschäftigen

Auch der Bereich Tourismus kann zur Silver Economy gezählt werden. Mit Beginn der Rentenzeit haben die Menschen sehr viel Freizeit. Diese können sie unter anderem mit Reisen verbringen und ihren Lebensabend an exotischen Orten genießen. Beim Thema Internet & Telekommunikation geht es unter anderem darum, dass Angebote wie Smart Home älteren Menschen ihren Alltag erleichtern können. Smarte Alarmsysteme, Gesundheitsapps und -gadgets zählen zu den immer häufiger nachgefragten Produkten in diesem Bereich. Gleichzeitig bieten Kommunikationsmittel die Möglichkeit, besser am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, sich zu informieren sowie mit den Enkeln oder Kindern besser in Kontakt zu bleiben. In den Fokus geraten verstärkt auch Versicherungen & die Vermögensverwaltung.

Das angesparte Vermögen muss angelegt und den Menschen bei Bedarf zugänglich gemacht werden. Zumal mit dem Eintritt in die Rentenphase in aller Regel die Ansparphase endet und die Menschen beginnen, neben der gesetzlichen Rente auch das privat angesparte Vermögen zur Finanzierung ihres Lebensabends zu nutzen. Dabei gilt es zu bedenken, dass das private Sparen in den vergangenen Jahren aufgrund des Drucks auf die Rentensysteme immer wichtiger geworden ist. Dies bedeutet wiederum, dass die privaten Ersparnisse zunehmen und die Anlagelösungen sowie Vorsorgepläne immer komplexer werden. Die Nachfrage nach Beratern, die dabei helfen, dieses Vermögen besser zu kanalisieren und umzuwandeln steigt dementsprechend an.

Der US-Versicherungskonzern UnitedHealth Group deckt gleich in mehrfacher Hinsicht die besonderen Bedürfnisse älterer Menschen ab. (Bildquelle: Pressefoto UnitedHealth)

UnitedHealth: Im Zentrum des US-Gesundheitssystems

Da die älteren Generationen zu den besonders zahlungskräftigen Altersgruppen zählen können, liegt der Fokus rund um die Silver Economy auch auf dem Luxusgütersektor. Neben der Zeit haben ältere Menschen häufig auch die Mittel, um sich teurer Mode oder Kosmetikprodukten zuzuwenden. Auch im Versicherungsbereich müssen sich Unternehmen auf ganz neue Gegebenheiten einstellen.

Der US-Versicherungskonzern UnitedHealth Group deckt gleich in mehrfacher Hinsicht die besonderen Bedürfnisse älterer Menschen ab. Neben den klassischen Aktivitäten im Bereich der Krankenversicherung beschäftigt sich UnitedHealth (WKN: 869561 / ISIN: US91324P1021) in der Sparte Optum unter anderem mit Datenanalysen im Gesundheitswesen sowie verschiedenen Dienstleistungen für Rentner und Pflegebedürftige. Dabei kommt UnitedHealth zukünftig in dem von steigenden Kosten geprägte US-Gesundheitssystem eine besondere Bedeutung zu.

Mit seinen auf Daten und neuen Technologien basierenden Dienstleistungen will UnitedHealth dazu beitragen, dass die Kosten im Gesundheitssektor sinken. Dies dürfte nicht von heute auf morgen geschehen, sodass sich das Unternehmen aus Minnetonka im US-Bundesstaat Minnesota noch eine ganze Weile an einer hohen Nachfrage nach seinen Produkten und Dienstleistungen erfreuen sollte.

Neue Mobilitätskonzepte

Ein besonders wichtiger Bereich im Alter ist die Mobilität. Der Blick auf die älter werdenden Gesellschaften nimmt in der voranschreitenden Mobilitätswende einen besonderen Platz ein. Trends wie die verstärkte Urbanisierung, die wachsende Zahl von Single-Haushalten oder teurer und knapper werdendes Bauland in den Städten sorgt dafür, dass auch höhere Wohngebäude gebaut werden müssen. Um die Menschen in Zukunft, insbesondere ältere Menschen, besser befördern zu können, steigen die Anforderungen an Rolltreppen und Aufzüge.

An diesem Punkt kommen Unternehmen wie Schindler aus der Schweiz ins Spiel. Die weiter in den Himmel wachsenden Gebäude dürften auch in Zukunft dafür sorgen, dass das Unternehmen aus Ebikon auch in Zukunft nicht beschäftigungslos dastehen sollte. Zumal auch bei Schindler Themen wie die Künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle spielen. So sollen Aufzüge in Zukunft Teil von „Smart Buildings“ sein und mit Fahrgästen und Gebäudebetreibern aktiv kommunizieren können.

Hier gilt es beispielsweise, auf intelligente Weise lange Wartezeiten sowie ineffiziente Fahrten der Aufzüge zu minimieren, was auch im Hinblick auf die immer wichtiger werdenden Nachhaltigkeitsfragen einen Einfluss hat. Schließlich helfen digitale Aufzugsysteme dabei, das Remote-Monitoring zu verbessern. Die KI kann Störungen vorhersagen und damit auch, welche Aufzüge frühzeitig gewartet werden sollen. Wenn ein Aufzug doch streikt, soll ihn der Techniker häufig aus der Ferne wieder in Gang setzen können, was ebenfalls die Vor-Ort-Einsätze und damit auch die bei der Fahrt ausgestoßenen Emissionen einspart.

Das marktEINBLICKE-Fazit

In vielen Gesellschaften ist der Respekt für ältere Menschen besonders hoch. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung steigt in vielen Regionen der Erde rasant an. Dafür sorgen unter anderem niedrigere Geburtenraten und eine höhere Lebenserwartung. Um nicht abgehängt zu werden, müssen sich Unternehmen in besonderer Weise an dieser mit einer sehr hohen Kaufkraft und immer größer werdenden Konsumentengruppe orientieren. Dies eröffnet enorme Anlagemöglichkeiten.