Reshoring kommt immer mehr in Mode

Seit COVID-19, dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine und der Verschärfung des Handelsstreits zwischen China und den USA wird immer mehr Produktion in die Industrieländer zurückverlagert.

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Unternehmen aus den Industrieländern hatten im Zuge der Globalisierung versucht, ihre Lieferketten immer mehr auf Effizienz zu trimmen. Die Zauberworte hießen Spezialisierung, Arbeitsteilung und Just-In-Time-Produktion. Mit der Corona-Pandemie, dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine oder dem sich verschärfenden Handelsstreit zwischen den USA und China hat jedoch ein Umdenken eingesetzt. Plötzlich spielt auch das sogenannte Reshoring eine wichtige Rolle.

Wichtige Lehren aus der Corona-Krise

In den vergangenen Wochen und Monaten geriet die Geopolitik immer mehr auch in den Fokus an den Aktienmärkten. Nach dem Überfall der Hamas auf Israel Anfang Oktober 2023 und der daraus resultierenden Operation der israelischen Armee im Gazastreifen erwuchsen Sorgen, dass sich der Nahostkonflikt auch deutlich ausweiten könnte.

Zuletzt wurde die Nachrichtenlage zudem von den Angriffen der Huthi-Armee im Jemen auf Handelsschiffe, die Israel ansteuerten, verschärft. Viele Reedereien reagierten und wollten das Rote Meer meiden. Als Reaktion riefen die USA mit Verbündeten eine Marinemission ins Leben, um zunächst Raketen abzufangen und später sogar Stellungen der Huthi selbst anzugreifen. Trotz der Präsenz des US-Militärs bleiben Auswirkungen auf die weltweiten Lieferketten.

Darüber hinaus sorgten auch die Präsidentenwahlen in Taiwan für Schlagzeilen, insbesondere mit Blick auf den Handelsstreit zwischen den USA und China. Dieser könnte sich zudem verschärfen, wenn Donald Trump die kommenden US-Präsidentschaftswahlen gewinnen sollte. Die weltweite Corona-Pandemie hat ebenfalls in der Politik und Industrie zu einem Umdenken geführt.

Wertschöpfungs- und Lieferketten waren im Zuge der Reisebeschränkungen, Grenzschließungen und Lockdowns über Nacht zum Stillstand gekommen. In vielen Bereichen musste die Produktion ruhen, weil bestimmte Teile fehlten. Zeitweise gab es Sorgen, dass beispielsweise die Versorgung mit Medikamenten nicht sichergestellt werden könnte. Auch andere Bereiche wie die Automobilindustrie oder die Halbleiterproduktion sind von weltweiten Lieferketten abhängig.

Reshoring und Nearshoring stärken den heimischen Güterverkehr. (Bildquelle: Pixabay / RJA1988

Reshoring ist jetzt angesagt

Um die Versorgung mit wichtigen Waren auch in zukünftigen Sondersituationen wie COVID-19 oder militärischen Konflikten sicherzustellen, wird im Westen verstärkt auf Reshoring gesetzt.

So wird beispielsweise die Chip-Industrie mit hohen Subventionen gelockt, neue Produktionskapazitäten in den USA oder Europa aufzubauen. Wie Reshoring in der Praxis aussehen kann, hat die Biden-Regierung in den USA mit der Verabschiedung der Executive Order 14017 im Februar 2021 gezeigt.

Diese weist verschiedene Abteilungen und Verwaltungsstellen an, potenzielle Lieferkettenrisiken in ihrem Zuständigkeitsbereich zu bewerten und Strategien zu deren Minderung oder Überwindung zu entwickeln. Zu den Profiteuren gehören unter anderem Firmen, die auf den heimischen Markt ausgerichtet sind.

Parker Hannifin: Beeindruckende Dividendenhistorie

Wenn immer mehr Teile der Produktion in die Industrieländer zurückgeholt werden, dürften sich Unternehmen wie der US-Maschinenbauer Parker Hannifin (WKN: 855950 / ISIN: US7010941042) einiges ausrechnen. Das Unternehmen ist auf Antriebs- und Steuerungstechnologien spezialisiert. Die Kunden sind hauptsächlich in der Industrie sowie im Bereich Luft- und Raumfahrt zu finden. Parker Hannifin hatte in den vergangenen Jahren unter anderem durch mehrere Übernahmen für Aufsehen gesorgt. Beispielsweise konnte man im Herbst 2022 den Abschluss der Übernahme von Meggitt plc vermelden.

Die Komponenten von Meggitt kommen in der Luft- und Raumfahrt, aber auch im Verteidigungsbereich zum Einsatz. Letzterer dürfte im Zuge der Zunahme der geopolitischen Spannungen und der Aussicht auf steigende Verteidigungsausgaben an Attraktivität gewonnen haben. Anleger hatten auch deshalb an der Aktie von Parker Hannifin viel Freude. Allein 2023 legte der Aktienkurs um 141 Prozent zu. Außerdem hat das Unternehmen seine jährliche Dividende in 67 aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren erhöht und gehört damit zu den fünf Unternehmen mit der längsten Dividendenerhöhung im S&P 500.

Union Pacific: Amerikanisches Urgestein

Sollte die heimische Konjunktur infolge stärkerer Investitionen in die Industrie angekurbelt werden, müssen die verschiedenen Waren und Güter auch transportiert werden. Diese Aufgabe übernimmt in den USA unter anderem Union Pacific (WKN: 858144 / ISIN: US9078181081). Zu diesem Zweck verbindet der Konzern im Westen der USA 23 Bundesstaaten mit der Eisenbahn. Die Konzentration gilt allen wichtigen Häfen an der West- und Golfküste bis zu den Gateways im Osten. Zuletzt musste der Konzern jedoch mit einem schwierigen Marktumfeld fertig werden.

Die Inflation hatte die Verbraucherstimmung gedrückt, sodass weniger Waren transportiert werden mussten. Hinzu kommen hohe Treibstoffkosten. So lag der Nettogewinn im abgelaufenen Geschäftsjahr bei 6,4 Mrd. US-Dollar und damit etwas unter dem Vorjahreswert von 7,0 Mrd. US-Dollar. Die erfreuliche Kursperformance der Aktie von Union Pacific zeigt jedoch, dass Anleger überzeugt sind, dass das Unternehmen diese schwierige Phase durchstehen wird. So wie man es in der langen Historie bereits getan hatte. Auf diese Weise hat es Union Pacific geschafft, in 124 aufeinanderfolgenden Jahren Dividenden an seine Anteilseigner auszuzahlen.

J.B. Hunt will vorbereitet sein

J.B. Hunt (WKN: 885365 / ISIN: US4456581077) ist ein weiteres Unternehmen, das es sich zur Aufgabe gemacht, ein effizientes Transportnetzwerk in Nordamerika zu schaffen. Aktuell hat das Frachtunternehmen mit den Auswirkungen der Inflation zu kämpfen. Im abgelaufenen Schlussquartal 2023 waren diese ganz besonders mit Blick auf höhere Kosten bei Versicherungsprämien zu spüren. Mittel- bis langfristig sollten eine Konjunkturerholung sowie der stärkere Fokus auf die heimische Produktion in den USA J.B. Hunt helfen.

Für das Geschäftsjahr 2023 musste man noch einen Umsatzrückgang im Vorjahresvergleich um 13 Prozent auf 12,8 Mrd. US-Dollar ausweisen. Der operative Gewinn schrumpfte um 25 Prozent auf 993 Mio. US-Dollar. Während für einige dieser Schwächen Sonderfaktoren wie die höheren Versicherungskosten verantwortlich waren, machte das Management in einigen Bereichen bereits eine Erholung aus. Die Nachfragetrends nach den intermodalen Diensten haben sich laut Managementangaben im Laufe des vierten Quartals gegenüber dem Vorjahr verbessert. Zudem lag der Umsatz im Dezember-Quartal bei 3,30 Mrd. US-Dollar und damit etwas über den Konsensschätzungen von 3,27 Mrd. US-Dollar.

Waste Management: Saubere Rendite

Abfallwirtschaft ist häufig ein lokales Problem. In den USA kümmert sich darum beispielsweise Waste Management (WM) (WKN: 893579 / ISIN: US94106L1098). Das Unternehmen sieht sich als Nordamerikas führenden Anbieter von umfassenden Umweltlösungen. Über Tochtergesellschaften werden Millionen von privaten, gewerblichen, industriellen und kommunalen Kunden in den USA und Kanada Sammel-, Recycling- und Entsorgungsdienstleistungen angeboten. Mit Blick auf ein stärkeres Reshoring profitiert WM von dem Umstand, dass bei einer stärkeren wirtschaftlichen Aktivität und heimischen Produktion auch mehr Abfall entsteht.

Gleichzeitig stellt die Energiewende neue Anforderungen an Themen wie Recycling oder Abfallbeseitigung. Entsprechend sollten die Umweltlösungen des Konzerns in Zukunft stärker nachgefragt werden. Ohnehin verfügt WM über das größte Entsorgungsnetz und die größte Sammelflotte in Nordamerika, ist der größte Recycler von Post-Consumer-Materialien und führend bei der wirtschaftlichen Nutzung von Deponiegas mit einem wachsenden Netz von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarem Erdgas und den meisten Deponiegasverstromungsanlagen in Nordamerika.

Fazit

Nicht nur in den USA müssen sich Unternehmen aus allen Branchen verstärkt mit Reshoring auseinandersetzen. Die Corona-Pandemie, der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie die sich verschärfende geopolitische Lage haben dafür gesorgt, dass ein Umdenken eingesetzt hat. Dieses bringt viele Chancen mit sich, da lange benötigte Investitionen in einen lange Zeit vernachlässigten Aufbau von Kapazitäten in den Industrieländern fließen.