Online-Möbel-Boom bei Home24 und Westwing: Welche Aktie ist aussichtsreicher?

Bildquelle: Home24

Der Möbelverkauf in Deutschland ist im April und Mai um rund ein Viertel eingebrochen, denn auch die Möbelhäuser mussten ihre Pforten im Zuge des Lockdowns schließen. Doch es folgte eine überraschend schnelle Trendwende zum Besseren. Laut Jan Kurth, dem Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie, zieht der coronabedingte Rückzug ins Häusliche eine lebhafte Möbelnachfrage nach sich. Deshalb liegt das branchenweite Umsatzminus der deutschen Hersteller nach neun Monaten trotz des zwischenzeitlichen heftigen Einbruchs nur noch bei knapp sieben Prozent (12,4 Mrd. Euro).

Diese Erholung dürfte sich fortsetzen, was insbesondere auf das Internet zurückzuführen ist, denn online sind Möbel gefragter denn je. Viele Menschen vermeiden den Gang in die großen Möbelhäuser und bestellen Möbel bequem vom häuslichen Sofa aus. Und diese Entwicklung dürfte anhalten, denn viele Menschen haben bei ihren ersten Online-Käufen gute Erfahrungen gesammelt und schätzen das dort breitere Angebot, die oft günstigeren Preise sowie Services, wie die häufig kostenlose Lieferung und Abholung bei nicht gefallen oder den Aufbau der Möbel bei Lieferung. Auch das Fehlen von Ladenöffnungszeiten und langen Warteschlangen sind klare Pluspunkte für den Online-Handel.

Corona-Profiteur home24

Deshalb dürfte sich der Trend hin zum Online-Möbelkauf auch in den nächsten Jahren fortsetzen, und Anleger können hiervon mit den passenden Aktien profitieren. Ein aussichtsreicher Kandidat hierfür ist home24 (WKN: A14KEB / ISIN: DE000A14KEB5). Das start-up, das 2009 von Philipp Kreibohm und Felix Jahn unter dem damaligen Namen FP Commerce gegründet wurde, ist ein in Berlin ansässiger Online-Versandhändler für Möbel, Gartenmöbel und Wohnaccessoires. Das Produktangebot umfasst hier über 100.000 Artikel von mehr als 500 Herstellern aus über 30 Ländern. Dabei verzeichnet die E-Commerce-Plattform aktuell knapp 1,8 Millionen aktive Kunden.

Börsengang von Mobly

Zum Produktangebot gehört auch ein wachsendes Eigenmarken-Sortiment, also Produkte, die von home24 eigens konzipiert und entwickelt werden (u.a. Studio Copenhagen, ARS Natura, Maison Belfort, frederiks Modern Living). Mit seinen rund 1.500 Mitarbeitern ist home24 in Deutschland, Österreich, Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, der Schweiz und Brasilien aktiv. Im letztgenannten Land strebt home24 im kommenden Jahr den Börsengang der brasilianischen Tochter Mobly S.A. an. Die Erlöse aus dem geplanten Börsengang sollen zur Stärkung der Wachstumsstrategie des brasilianischen Geschäfts beitragen.

Kräftiger Umsatzanstieg

home24 konnte den Umsatz in den vergangenen Jahren kontinuierlich steigern und blieb auch im laufenden Jahr auf Wachstumskurs. So verbesserte sich der Umsatz in den ersten neun Monaten 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 29 Prozent auf rund 340 Mio. Euro. Der Nettoverlust wurde auf Jahressicht von minus 61 Mio. Euro auf minus zwölf Mio. Euro stark zurückgefahren. Der Vorstand erklärte die positive Entwicklung mit einer Profitabilitätsverbesserung. Ein entscheidender Faktor dafür waren home24 zufolge die in den vergangenen Quartalen getätigten Plattform-Investitionen.

Prognose angehoben

Trotz der Corona-Unsicherheiten wurde die Prognose für das Geschäftsjahr 2020 Mitte November angehoben. Wegen der starken Geschäftsentwicklung wird nun mit einem Umsatzwachstum unter konstanter Währung von 38 bis 42 Prozent gerechnet (bisher: 25 bis 35 Prozent). Außerdem wird eine bereinigte EBITDA-Marge von zwei bis vier Prozent erwartet (zuvor ein bis drei Prozent). 2019 lag diese noch bei minus acht Prozent. Das zeigt, dass home24 offenbar davorsteht, im laufenden Jahr operativ auf die Gewinnspur zu wechseln. In den vergangenen Jahren wurden wegen hoher Investitionen Jahr für Jahr Verluste verbucht.

Kapitalerhöhung

Um den weiteren Geschäftsausbau voranzutreiben, hat home24 zuletzt neue Aktien aus einer Barkapitalerhöhung bei institutionellen Investoren erfolgreich platziert. Das spülte Erlöse von etwa 46,4 Mio. Euro in die Firmenkasse.

Tal-und-Berg-Fahrt

An der Börse fiel die Kursentwicklung von home24 in den vergangenen Jahren katastrophal aus. Nachdem die Aktie den Börsenhandel im Juni 2018 zu einem Ausgabekurs von 23 Euro aufnahm, gingen die Notierungen in den Sturzflug über und brachen bis zum März dieses Jahres um 89 Prozent auf ein Allzeittief bei 2,55 Euro ein. Doch dank der Corona-Sonderkonjunktur für den Online-Möbelhandel gelang der Aktie ein beeindruckendes Comeback. So hat sich der Kurs der im Prime Standard der Frankfurter Börse notierten Aktie bis zum Dezember 2020 rund versiebenfacht, wobei am 2. Dezember ein Top bei 20,88 Euro markiert wurde. Seitdem setzte der Kurs in den Bereich der 17er-Marke zurück.

Aufwärtstrend intakt

Trotz der jüngsten Korrektur steht bei der Aktie (aktuell: 17,25 Euro) seit Jahresanfang immer noch ein satter Kursgewinn von rund 250 Prozent zu Buche, und der übergeordnete Aufwärtstrend ist nach wie vor intakt, wie sich am hohen Abstand zur 200-Tage-Linie (9,50 Euro) zeigt. Die wieder etwas niedrigeren Kurse könnten sich deshalb als günstige Einstiegsgelegenheit erweisen. Setzt die Aktie den Aufwärtstrend fort, liegt das nächste Kursziel bei 20,88 Euro (Dezember-Hoch).

Hier liegt das nächste Kursziel

Ein Ausbruch über dieses Top würde hier das nächste Kaufsignal bedeuten. Charttechnisch wäre die Bahn dann frei bis zum historischen Hoch vom Juli 2018 bei 31,80 Euro, womit sich hier ein weiteres Gewinnpotenzial von 84 Prozent eröffnet. Für Dividendenfreunde ist die Aktie dagegen uninteressant, da es hier bisher noch keine Ausschüttungen gab und sich dies auch im kommenden Jahr noch nicht ändern dürfte.

Westwing: Deutschlands erster und größter Shopping-Club

Ein weiterer aussichtsreicher Kandidat der Branche ist die Westwing Group (WKN: A2N4H0 / ISIN: DE000A2N4H07). Dieses 2011 gegründete und in München ansässige Unternehmen betreibt eine eCommerce-Plattform für die Bereiche Home & Living (Wohnaccessoires und Möbel, über 1.500 Artikel) und ist laut eigener Aussage Deutschlands erster und größter Shopping-Club in diesem Bereich. Das heißt, im Format eines „Shoppable Magazine“ wird den Kunden eine große Produktauswahl zur Einrichtung und Verschönerung angeboten, die das Unternehmen mit kreativen Inhalten kombiniert.

Homestorys sollen die Kauflust wecken

Dazu gehören neben Artikeln zum Thema und einem Online-Magazin beispielsweise auch Produktplatzierungen in sogenannten Homestorys. Dabei geben beispielsweise auch Mitarbeiter des Unternehmens oder bekannte Influencer wie zum Beispiel Fitnessikone Sophia Thiel und Ann-Kathrin Götze Einrichtungstipps in selbst gefilmten Home-Videos. Stoßen die vorgestellten Produkte beim Zuschauer auf Interesse, kann dieser die Artikel bequem über die Westwing-Plattform ordern. Die Anmeldung und Mitgliedschaft im Shopping-Club ist kostenfrei. Westwing verzeichnet über eine Million Kunden in elf Ländern und beschäftigt mehr als 1.100 Mitarbeiter.

Operativer Wechsel in die Gewinnspur

Westwing verbuchte im vergangenen Jahr 2019 einen Umsatz von 267 Mio. Euro und damit fünf Prozent mehr als 2018. Unter dem Strich stand aber ein Verlust von 39 Mio. Euro zu Buche, nach einem Verlust von 2,3 Mio. Euro im Vorjahr. Den Verlust führte der Vorstand auf hohe Investitionen in die Internet-Plattform WestwingNow, in die IT und in die Eigenmarken zurück.

Diese Investitionen scheinen sich inzwischen immer mehr auszuzahlen. In den ersten neun Monaten 2020 wurden die Erlöse auf Jahressicht um 55 Prozent auf 277 Mio. Euro gesteigert. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag bei 24 Mio. Euro, nachdem im Vorjahreszeitraum noch ein operativer Verlust von 13 Mio. Euro verbucht wurde (Gesamtjahr 2019: minus zehn Mio. Euro).

Prognose bestätigt

Da sich der positive Trend auch im laufenden vierten Quartal fortsetzt, hält Westwing an der bereits im Oktober angepassten Prognose für 2020 fest. Es wird ein Umsatz von 415 bis 440 Mio. Euro erwartet, was einen Anstieg von 55 bis 65 Prozent gegenüber 2019 bedeutet. Das bereinigte EBITDA soll bei 37 bis 48 Mio. Euro liegen (2019: minus zehn Mio. Euro).

Kurs verachtfacht

Die Aktie von Westwing verzeichnete an der Börse eine ähnliche Tal-und-Berg-Fahrt wie die von home24. Nachdem die Papiere im Oktober 2018 mit einem Eröffnungskurs von rund 26 Euro den Handel aufnahmen, folgten bis zum September 2019 ein steiler Absturz um über 90 Prozent auf 1,80 Euro und im Anschluss ein siebenmonatiger Seitwärtslauf. Im Mai dieses Jahres startete dann eine sensationelle Kurs-Rallye, im Zuge der sich die Notierungen bis zum Dezember rund verachtfachten und am 2. Dezember ein Allzeithoch bei 33 Euro markierten (aktuell: 30,41 Euro). Gelingt der Sprung über das historische Top, würden sich die nächsten Kursziele auf 40 und 50 Euro stellen.

Aktie schon extrem heiß gelaufen

Gegen die Aktie spricht aber aktuell, dass sich der Kursgewinn seit Jahresanfang 2020 bereits auf über 700 Prozent beläuft. Die im Prime Standard notierte Aktie ist also schon sehr heiß gelaufen, weshalb hier in Kürze ein kräftigerer Rücksetzer möglich ist. Diesen könnten Anleger zum wieder günstigeren Einstieg nutzen. Dividenden wurden bei Westwing bisher – genau wie bei home24 – nicht gezahlt.

Fazit

Home24 und Westwing gehören zu den großen Profiteuren der Corona-Krise, die den Trend hin zum Online-Möbel-Kauf befeuert hat. Beide Unternehmen verzeichnen im laufenden Jahr beindruckende Umsatzzuwächse und haben operativ endlich auf die Gewinnspur gewechselt. Die Aktien dürften ihre Aufwärtstrends dementsprechend fortsetzen. Aus charttechnischer Chance-Risiko-Sicht ist aktuell möglicherweise home24 die bessere Wahl, denn die Kurs-Rallye im laufenden Jahr (über 250 Prozent Kursplus) fiel hier nicht so gewaltig aus wie bei Westwing (mehr als 710 Prozent). Bei letzterer Aktie ist die Rückschlagsgefahr also derzeit deutlich größer, da auch der Abstand zur 200-Tage-Linie hier deutlich größer ist (GD-Abstand home24: 86%, Westwing: 131%). Mittel- und langfristig sind beide Titel aber gleichermaßen aussichtsreich. Letztlich ist es auch eine Geschmacksfrage, welcher Geschäftsstrategie man den Vorzug gibt. Die Fokussierung auf die breite Masse a la home24 kann über die Absatzmenge und Dauer punkten. Dagegen setzt Westwing eher auf kaufkräftigere Klientel und wird dadurch auch für margenstarke Luxusmarken interessant. Inwieweit sich dies aber in einer Post-Corona-Welt in harten Gewinn- und Umsatzzahlen niederschlägt, ist offen. Klar ist: Der Trend zum Online-Shoppen hat bislang selten einen Schritt zurückgemacht – jedoch sind Möbel immer auch ein emotionales Gut, das auch viel von der persönlich erlebten Haptik lebt.

Anleger, die von der Fortsetzung der Kurs-Rallye bei home24 überzeugt sind, können mit einem Long-Zertifikat (WKN: MA2T7R / ISIN: DE000MA2T7R5) gehebelt von Kurssteigerungen profitieren. Wer dagegen überproportional von weiter steigenden Notierungen bei Westwing ausgeht, kann hier ebenfalls zu passenden Long-Zertifikaten (WKN: MA2SYN / ISIN: DE000MA2SYN4) greifen.

Bildquelle: Home24