Ausblick ATX: Weiteres Aufholpotenzial in Wien

Bildquelle: Pressefoto Börse Wien

Mit einem Minus von 15,2 Prozent war 2014 ein rabenschwarzes Jahr für den ATX. „Es gab fundamentale Gründe, warum die Wiener Börse im letzten Jahr enttäuschte“, stellt Fritz Mostböck, Leiter des Bereichs Group Research bei der Erste Group Bank, fest. „Ein Großteil der ATX-Unternehmen musste 2014 erhebliche Gewinnrevisionen vornehmen. Zudem wirkten sich geopolitische Risiken aus dem Russland/Ukraine-Konflikt negativ aus.“

Nicht nur absolut, auch relativ betrachtet enttäuschte die Kursentwicklung in Wien: Der Euro Stoxx 50 schaffte ein Plus von 1,2 Prozent, und der DAX ging sogar mit einem Zuwachs von 2,7 Prozent aus dem Jahr. Doch 2015 hat sich der Spieß umgedreht. Mit einem Plus von aktuell 14,5 Prozent hält der Wiener Leitindex den Euro Stoxx 50 auf Abstand, der mit „nur“ 12,8 Prozent vorne liegt. Sogar mit dem DAX, der durch Dividenden gestützt wird, kann der ATX mithalten. Aktuell liegt zwar der deutsche Leitindex mit einem Zuwachs von 15,6 Prozent noch hauchdünn vorn, doch seit Mitte April entwickelt sich das österreichischen Leitbarometer besser.

Zu der verbesserten Stimmung hat vor allem das Anleihekaufprogramm (Quantitative Easing) der Europäischen Zentralbank beigetragen. Zudem lassen positive Überraschungen beim Bruttoinlandsprodukt Anfang des Jahres einen verbesserten Ausblick in den wesentlichen Ländern Zentral- und Osteuropas (CEE) erhoffen. „Das globale wirtschaftliche Umfeld verbessert sich nur auf verhaltenem Niveau. Im relativen Vergleich entwickeln sich dazu CEE-Länder deutlich besser als große Industrienationen“, so Mostböck. Während die Eurozone 2015 mit 1,5 Prozent wachsen dürfte, ist für die CEE-Länder ein doppelt so hohes BIP-Plus zu erwarten. „Österreichische Aktien profitieren wirtschaftlich bereits zum großen Teil von dieser Region oder sie sind sehr erfolgreich in globalen Marktnischen tätig“, so der Marktexperte.

„Das deutlich verbesserte Umfeld und die verdauten Einmaleffekte aus dem Vorjahr ergeben echtes Aufholpotenzial für den ATX“, erklärt Mostböck. Auch von der Fundamentalanalyse kommt Unterstützung: Sämtliche Kennzahlen wie KGV, Gewinnwachstum, Dividenden- sowie Gewinn- vs. Rentenrendite stützen die Aufholpotenzial-These für die Wiener Börse. „In Summe sollten wir bis Ende 2015 wieder einen Anschluss an die bisherigen Höchststände aus diesem Jahr finden“, so Mostböck. Laut Prognose der Erste Group-Analysten sollte sich der ATX bis Jahresende bei rund 2.650 Punkten einpendeln. Wenn die Vorhersage eintritt, würde ein Turbo Long-Zertifikat der Erste Group Bank (ISIN AT0000A1EVR0) um rund 28 Prozent zulegen.

Bei Einzelwerten richten die Analysten derzeit den Blick auf die Immobilienaktien, die in den vergangenen Monaten signifikante Kursrückgänge verzeichneten. Das ist unter anderem auf die gestiegenen Renditen langfristiger Staatsanleihen zurückzuführen. „Mit Blick auf den noch immer negativen 3-Monats-Euribor und einer negativen Realverzinsung sind Zinsängste in diesem Ausmaß aus unserer Sicht unangebracht“, meint Christoph Schultes, Senior Analyst CEE Equity Research. Daher bieten die aktuellen Kursniveaus einen guten Einstiegszeitpunkt. Die aktuellen Top Picks in diesem Sektor sind CA Immo, Immofinanz und UBM. CA Immo, Immofinanz und vier weitere Immobilienaktien sind im IATX vereint, der via Tracker von UniCredit onemarkets (ISIN DE000HV556Q4) investierbar ist.

Im Immobilien ATX (IATX) sind sämtliche im Prime Market der Wiener Börse gelisteten Immobilienaktien vereint. Derzeit besteht der IATX aus sechs Aktien, wobei die vier Schwergewichte Buwog (WKN A1XDYU) (24,8 Prozent Indexgewicht), CA Immobilien Anlagen (WKN 876520) (26,4 Prozent) und Immofinanz (WKN 911064) (21,2 Prozent) sowie Conwert (WKN 801475) (18,8 Prozent) die Richtung des Index vorgeben. Im Februar 2015 ist der IATX aus seiner Seitwärtsspanne zwischen 185 und 205 Punkten nach oben ausgebrochen. Anschließend kam es zu deutlichen Kurszuwächsen. Doch inzwischen ist ein Großteil der Gewinne wieder aufgezehrt. Aktuell steuert der IATX auf die wichtige Unterstützung bei 205/210 Punkten zu.

Chart: Guidants
Chart: Guidants

Fazit: Aktien von Immobilienfirmen sind zuletzt deutlich unter die Räder gekommen. Denn Börsianer befürchten wegen der gestiegenen Renditen, dass die Nachfrage nach Immobilien nachlässt und Preise sowie Mieten unter Druck geraten. Das würde die Geschäftsaussichten von Immobiliengesellschaften eintrüben. Jedoch ist eine generelle Zinswende nicht in Sicht. Denn solange die Europäische Zentralbank (EZB) in großem Stil Anleihen kauft, dürften die Renditen nicht explodieren. Daher ist der Kursverfall des Immobilien-ATX, der sechs österreichische Aktien aus dem Sektor vereint, übertrieben. Vier Emittenten – Commerzbank, Erste Group Bank, Royal Bank of Scotland und Unicredit onemarkets – haben Tracker auf den IATX im Angebot, wobei das Zertifikat von Unicredit onemarkets mit lediglich rund 0,3 Prozent derzeit den günstigsten Spread aufweist. Das Index-Zertifikat eignet sich bestens, um auf eine Erholung bei den österreichischen Immobilienwerten zu setzen.

Ein Beitrag von Christian Scheid. Er ist Chefredakteur von ZERTIFIKATE // AUSTRIA und freier Wirtschafts- und Finanzjournalist. Er schreibt für mehrere österreichische und deutsche Fachmagazine und -zeitungen. Sein Gratis-Newsletter ZERTIFIKATE // AUSTRIA ist mehr als lesenswert. Hier geht es zur Anmeldung.

Bildquelle: Pressefoto Börse Wien