Schlussgong: Indiens Goldhunger sorgt für neues Allzeithoch

Die Aktienmärkte bleiben weiter unberechenbar. Während es in Europa tagsüber sehr starke Verluste gab, zeigte sich die Wall Street deutlich robuster. S&P 500 und Nasdaq legten sogar gegen den negativen Gesamttrend zu.

Für einen Stimmungsdämpfer hatten im frühen Handel die europäischen Banken gesorgt. Die UBS musste erneut hohe Verluste beichten und die Royal Bank of Scotland (RBS) benötigt eine weitere Milliardenspritze vom Staat. Als dann auch noch BMW relativ schwache Quartalszahlen lieferte, gerieten auch noch die Auto-Werte unter Druck. BMW, Daimler, Commerzbank und Deutsche Bank gehörten dann auch zu den Tagesverlierern im DAX.

Goldpreis steigt auf 1.085 USD je Unze

Es gab am heutigen Tag allerdings auch einen strahlenden Sieger: Der Goldpreis hat überraschend ein neues Rekordhoch erreicht. Die alte Marke von 1.070 USD je Feinunze (31,1 Gramm) wurde deutlich übertroffen. In der Spitze notierte der Goldpreis bei rund 1.085 USD. Überraschend war an dieser Entwicklung, dass ein neuer Rekord erreicht wurde, obwohl sich der USD heute fest präsentiert hat. Wie im Schlussgong vom 29. Oktober beschrieben, gewinnt Gold oft an Wert, wenn die US-Währung schwächelt. Dieser Rückenwind war heute jedoch nicht nötig. Bei einem USD-Kurs von 1,50 USD je Euro hätten wir heute wahrscheinlich schon Preise von deutlich über 1.100 USD erlebt.

Finanzkrise und Großkäufe beflügeln den Goldpreis

Für die aktuelle Flucht in Gold gibt es 2 Gründe: Zum einen haben die negativen Nachrichten aus der europäischen und amerikanischen Bankenbranche dazu geführt, dass die Finanzkrise wieder stärker in den Fokus gerät. Zum anderen wurde heute aber auch der Deckel vom Goldpreis genommen. Seit Jahrzehnten versuchen die Notenbanken, den Goldpreis durch den Verkauf von Goldreserven oder durch die Androhung von Goldverkäufen den Aufwärtstrend des Goldpreises zu kontrollieren und abzufedern.

Das war 2009 nicht anders. Als der Goldpreis die Marke von 1.000 USD je Unze durchbrach, kündigte der Internationale Währungsfonds (IWF) an, gut 400 Tonnen Gold aus dem eigenen Bestand verkaufen zu wollen. Mit dem Verkauf will der IWF den Kassenbestand in der Krise auffüllen, aber auch den Goldhöhenflug abbremsen. Das ist kurzfristig auch gelungen.

Heute wurde der Preisdeckel jedoch entfernt. Indien hat 200 Tonnen Gold gekauft. Für die restlichen gut 200 Tonnen soll es ebenfalls schon Bewerber geben. China wird immer wieder als Interessent genannt. In meinem Börsendienst “Der Depot-Optimierer” hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass China dringend die Goldreserven aufstocken muss, um einen besseren Reserve-Mix zu erhalten. Eine zu starke Konzentration auf USD-Anleihen ist gefährlich.

Die Verkaufs-Drohungen der Notenbanken verlieren an Gewicht

Die Nachricht, dass Indien große Teile der zum Verkauf stehenden Goldmenge übernimmt, zeigt eindrucksvoll, dass die “Verkaufs-Drohungen” der Notenbanken nur heiße Luft sind. Realistisch betrachtet gibt es mehr Notenbanken, die Gold kaufen möchten, als potenzielle Verkäufer. Wenn die Drohung zukünftig die Bremsfunktion verliert, sind deutlich höhere Goldpreise möglich. Natürlich muss stets kritisch hinterfragt werden, ob eine Anlageklasse noch weiteres Kurs-Potenzial besitzt, wenn ein neues Allzeithoch erreicht wurde. Das könnte leicht eine Blasenbildung anzeigen.

Ist Gold teuer oder billig? Das kommt auf die Berechnungsmethode an!

Beim Gold stellt sich aber die Frage, wie Allzeithoch definiert wird. In der Tat ist es so, dass heute zum ersten Mal am offiziellen Goldmarkt mehr als 1.080 USD je Unze gezahlt wurden. Vor knapp 30 Jahren waren wir jedoch gar nicht so weit von dieser Marke entfernt. Im Jahr 1980 wurde ein Spitzenpreis von 873 USD je Unze gezahlt. Vor 30 Jahren konnten mit 873 USD wesentlich mehr Waren und Dienstleistungen gekauft werden als heute mit 1.080 USD. Kaufkraftbereinigt müsste der Goldpreis auf rund 2.300 USD steigen, um das Niveau von 1980 zu erreichen. Und diese Rechnung ist sogar konservativ, da nur die offizielle Inflationsrate berücksichtigt wurde.

Inflationsbereinigt ist Gold noch weit von den Höchstpreisen entfernt

Auf der Internetseite www.shadowstats.com finden Sie ein Schaubild, wie sich die Inflationsrate entwickelt hat, wenn man die Inflationsrate so berechnen würde, wie es vor 10 oder 20 Jahren der Fall war (bevor durch statistische Tricks die Inflationsrate immer weiter nach unten gedrückt wurde). Wenn man diese Inflationsrate beim Goldpreis ansetzen würde, müsste der Goldpreis um mehrere 100% steigen, um auf das Niveau von 1980 zu kommen. Die Gold-Bullen können daher mit einer gewissen Berechtigung sagen, dass der Goldpreis trotz der neuen Rekord-Marke noch immer billig sei. Es kommt immer darauf an, ob man den offiziellen Zahlen glaubt…