Brexit-Crash bietet Kaufchancen

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Das erste Halbjahr an der Wiener Börse hatte es in sich. Der ATX ist um knapp 12,6 Prozent gefallen – mehr als der DAX (minus 9,9 Prozent) und der Euro Stoxx 50 (minus 12,3 Prozent). War der fallende Ölpreis lange Zeit ein Argument für steigende Kurse, hat sich dieser Effekt in den ersten Wochen 2016 umgekehrt. Dementsprechend sackte der ATX am 11. Februar bis auf 1.957,05 Punkte ab. Dank der Erholung des Ölpreises und der weiteren Lockerung der Geldpolitik durch die EZB konnte der ATX aufholen, bis das Brexit-Votum Ende Juni erneute zu Turbulenzen führte.

Große Bewegungen gab es bei den Einzelwerten: Mit einem Kursanstieg von gut 19,3 Prozent seit Jahresanfang ist Lenzing der größte Kursgewinner im ATX, gefolgt von Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment mit 7,8 Prozent und Verbund mit 7,2 Prozent. Im Prime Market belegen Strabag SE (plus 15,0 Prozent) und Flughafen Wien (plus 11,2 Prozent) unter den Nicht-ATX-Mitgliedern die Stockerlplätze.

Das im internationalen Vergleich schlechte Abschneiden des ATX führen Experten auf das hohe Zentral- und Osteuropa (CEE)-Exposure zurück. „Ein Großteil der ATX-Unternehmen erwirtschaftet Umsatz und Ertrag in den CEE-Ländern. Nach Marktkapitalisierung gewichtet sind das aktuell etwa 71 Prozent des ATX“, so die Analysten der Erste Group Bank. Weil die Themen China und Brexit hier besonders zu Buche schlugen, sei die Wiener Börse – ungerechtfertigter Weise – stark unter Druck gekommen.

„Die Export-Quoten der CEE-Staaten nach Großbritannien sind vergleichsweise gering“, stellte Erste-Group-Chefanalyst Fritz Mostböck anlässlich der Vorstellung des Ausblicks „Aktienmärkte & Wiener Börse 2. Halbjahr 2016“ fest. Zudem verfügen lokale Notenbanken über ausreichende Währungsreserven, um mögliche Marktturbulenzen abzufangen. „Die wesentlichen CEE-Länder, von denen die Unternehmen der Wiener Börse profitieren, werden auch weiterhin ein nachhaltig solides positives Wachstumsdifferenzial zum Durchschnitt der Eurozone aufweisen.“

Selbst inklusive eingepreister Abwärtsrisiken infolge eines Brexit sollte das durchschnittliche Wachstum in CEE 2016 mehr als 2,5 Prozent betragen. Dem steht eine Wachstumsprognose von lediglich 1,3 Prozent in der Eurozone gegenüber. „KGV, Gewinnwachstum und Dividendenrenditen signalisieren im Niedrigst-Zinsumfeld für 2016 wie 2017 intaktes Aufholpotenzial für die Wiener Börse“, so Mostböck.

Die Empfehlung der Erste Group bezogen auf einzelne Branchen: „Das niedrige Zinsumfeld begünstigt weiterhin Immobilienaktien, die sich auch in den turbulenten Tagen nach dem Brexit-Votum als stabile Werte erweisen. Zudem gibt es mit dem Brexit so gut wie keine Berührungspunkte. „Unsere aktuellen Top-Empfehlungen sind hier S Immo, CA Immo und conwert.“ Anleger können den Sektor mittels des IATX-Zertifikats von der Commerzbank abdecken (WKN: CB14ZZ / ISIN: DE000CB14ZZ4).

Überhaupt bieten Zertifikate in der aktuellen Marktsituation für Anleger ein attraktives Chance-Risiko-Verhältnis. „Mit Zertifikaten können Privatanleger einen besseren Schutz vor der gestiegenen Volatilität der Märkte erwerben als mit einer Direktinvestition und vor allem bieten sie die Möglichkeit, auch bei orientierungslosen oder leicht fallenden Märkten positive Renditen zu erwirtschaften“, erklärt Heike Arbter, Vorsitzende des Vorstands des Zertifikate Forum Austria und Präsidentin der EUSIPA, der europäischen Vereinigung der Anbieter strukturierter Produkte.

Für Marianne Kögel von der Raiffeisen Centrobank sind für das breite Anlegerpublikum in unsicheren Zeiten defensive Zertifikate auf diversifizierte Basiswerte die erste Wahl. Mittels Bonus-Zertifikaten ließe sich die hohe Volatilität in attraktive Renditechancen ummünzen: Damit profitiert der Anleger zum einen von einem tieferen Startwert bzw. einer tieferen Barriere und gleichzeitig von einer höheren Bonusrendite. Aus dem aktuellen Sekundärmarkt-Angebot erscheine beispielsweise das Europa Bonus&Sicherheit 11 attraktiv (WKN: RC0AGJ / ISIN: AT0000A19585).

Pedram Payami, Produktspezialist der Erste Group, empfiehlt ebenfalls Produkte für defensive Anlagestrategien: „Wer sich angesichts der Konsequenzen des Brexit etwas defensiver positionieren möchte, könnte einen Blick auf die 8,00 % Erste Group Protect Multi Österreich 2016-2017 werfen.“ Dieses Wertpapier (ISIN: AT0000A1LN87) hat eine einjährige Laufzeit und bietet eine Verzinsung von 8,00 Prozent p.a., die am Laufzeitende in jedem Fall zur Auszahlung kommt.

Frank Weingarts von UniCredit onemarkets empfiehlt, die Chancen der hohen Volatilität zu nützen. „Anleger müssen sich in den kommenden Tagen und Wochen auf Turbulenzen einstellen für mittelfristig orientierte Investoren könnte die aktuelle Marktphase allerdings unter dem Motto Flucht in Qualität durchaus interessante Einstiegschancen bieten.“ Ein interessantes Papier, das dem Anleger den idealen Einstieg im Dreimonatszeitraum vom 22. Juni bis 22. August sichert, ist das Best In Express Plus Zertifikat (WKN: HVB15G / ISIN: DE000HVB15G9) auf den Euro Stoxx 50.

Heiko Geiger von Vontobel Financial Products sieht die Möglichkeit, jetzt günstig individuelle Chancen-Risiko-Profile mit Zertifikaten abzubilden. „Während viele Anleger in Panik ihre Positionen auflösten, nutzten nicht wenige Marktteilnehmer die tiefen Niveaus, um neue Positionen in ihren Portfolios aufzubauen.“ Besonders nachgefragt seien Aktienanleihen und Discount-Zertifikate. „Mit Aktienanleihen können Anleger individuelle Chance-Risiko-Profile abbilden“, so Geiger. Besonders große Chancen bieten Aktienanleihen, denen mehrere Basiswerte zugrunde liegen, wie die kürzlich emittierte Protect Multi Aktienanleihe Quanto mit Partizipation (WKN: VN106K / ISIN: DE000VN106K3).

Fazit: Der neuen Protect Multi Aktienanleihe Quanto mit Partizipation liegen neben den Papieren der Deutschen Bank auch die Bankaktien Commerzbank, Raiffeisen Bank und Banco Santander zugrunde. Der Kupon beträgt 5,0 Prozent p.a. Notieren alle Aktien immer über 55 Prozent (indikativ) ihres Startwerts, erfolgt die Rückzahlung auf Basis des Durchschnitts der Wertentwicklungen aller Papiere, wobei nach oben keine Grenze gesetzt ist. Sollte die Wertentwicklung negativ sein, kommen mindestens 1.000 Euro zur Rückzahlung. Nur wenn eine der Aktien die Barriere verletzt, richtet sich die Rückzahlung nach dem Titel mit der schlechtesten Wertentwicklung. Dann können logischerweise auch hohe Verluste die Folge sein. Grade nach den jüngsten Kursverlusten der Bankaktien bietet das Wertpapier eine günstige Einstiegsmöglichkeit in den Sektor, wenngleich die Risiken trotz des großen Sicherheitspuffers erheblich sind.

Ein Beitrag von Christian Scheid. Er ist Chefredakteur von Zertifikate // Austria und freier Wirtschafts- und Finanzjournalist. Er schreibt für mehrere österreichische und deutsche Fachmagazine und -zeitungen. Sein Gratis-Newsletter ZERTIFIKATE // AUSTRIA ist mehr als lesenswert. Hier geht es zur Anmeldung.

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