Die Aktienmärkte präsentieren sich heute uneinheitlich: Die europäischen Indizes stehen größtenteils auf der Verliererseite, an der Wall Street in New York gibt es dagegen wesentlich mehr Pluszeichen.
Auslöser dieser gegensätzlichen Entwicklung ist erneut die „Griechenland-Krise“. Heute wurde beschlossen: Die EU will Griechenland unterstützen, aber nicht direkt mit einer Finanzspritze. Wie die Hilfe konkret aussehen soll, blieb unklar.
Euro wieder unter Druck
Der Markt hatte dagegen auf konkrete Zusagen gehofft. Als der Rettungsplan ausblieb, sackte der Wert des Euro deutlich ab. Mussten am Devisenmarkt zunächst 1,375 USD je Euro gezahlt werden, sank dieser Wert am Nachmittag auf 1,36 USD je Euro.
Die Investoren flüchteten jedoch nicht nur aus dem Euro, auch Aktien aus dem Euro-Raum wurden verkauft. Erst die positive Entwicklung in den USA sorgte für eine Begrenzung der Kursabschläge.
Wie explosiv ist das Pulverfass Griechenland?
Seit Tagen dreht sich die Börse fast ausschließlich um die „Griechenland-Krise“. Wie stark ausgeprägt diese Krise ist, wird an den Märkten sehr unterschiedlich bewertet. Die Risikoprämien für Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps = CDS) auf griechische Staatsanleihen sind seit Jahresbeginn förmlich explodiert. Das riecht fast schon nach Bankrott.
Werfen wir dann aber auch noch einen Blick auf die an der Börse gehandelten griechischen Staatsschulden. Eine griechische Staatsanleihe mit einer Restlaufzeit von knapp 10 Jahren wirft eine Rendite von 5,9% ab. Im Vergleich zu einer deutschen Staatsanleihe, die bei ähnlicher Laufzeit 3,2% pro Jahr abwirft, ist das ein gewaltiger Aufschlag.
Dennoch stellt sich die Frage: Warum geben sich die Käufer der Staatsanleihen mit weniger als 6% Rendite zufrieden, wenn doch angeblich ein Staatsbankrott droht? Die Antwort: Die Mehrzahl der Marktteilnehmer im Anleihensegment sieht erhöhte Risiken, jedoch keine Crash-Gefahr.
Die Kreditausfallversicherungen laden zur Manipulation ein
Wie lässt sich die unterschiedliche Bewertung der Krise am CDS-Markt und am Anleihen-Markt erklären?
Um eine Antwort geben zu können, müssen wir zunächst auf die Historie der CDS schauen: Die Kreditausfallversicherungen wurden gegründet, damit sich die Besitzer von Anleihen gegen Zahlungsausfälle absichern können. Das ist wie eine Feuerversicherung: Wenn das Haus abbrennt (die Anleihen im Portfolio), dann zahlt die Versicherung. Für diesen Versicherungsschutz zahlt man natürlich eine Prämie.
Die Grundidee ist also sehr sinnvoll. Das Vermögen soll abgesichert werden. Seit einigen Jahren gibt es jedoch eine neue Entwicklung: Nicht nur die Besitzer der Anleihen nutzen die Kreditausfallversicherungen, sondern verstärkt Investoren wie Hedge-Fonds, die keine Anleihen im Portfolio halten, sondern nur auf mögliche Zahlungsausfälle von Schuldnern wetten möchten. Aus einem Absicherungsinstrument ist eine Spekulanten-Wette geworden.
Die Versicherung in den falschen Händen
Und jetzt noch einmal das Bild von oben: Die Kreditausfallversicherung ist im Prinzip eine Art Feuerversicherung. Was passiert aber, wenn nicht Sie persönlich als Hausbesitzer eine Feuerversicherung abschließen, sondern eine fremde Person eine solche Versicherung abschließt und zum großen Gewinner wird, wenn Ihr Haus bis auf die Grundmauern abbrennt? Ich würde dann als Hausbesitzer sehr schlecht schlafen und müsste immer damit rechnen, dass eine fremde Person mein Haus abfackelt, um dann die dicke Prämie zu kassieren.
Daher stellt sich jetzt die Frage: Sind die Preise für die Kreditausfallversicherungen so stark gestiegen, weil sich die Besitzer der Griechenland-Anleihen absichern wollen, oder sind die Preise gestiegen, weil sich potenzielle Brandstifter mit den CDS eingedeckt haben und jetzt aus allen Rohren gegen Griechenland schießen?
Nur die Kreditbesitzer sollten sich gegen Ausfallrisiken versichern dürfen
Da es keine Statistiken über die Besitzer der CDS gibt, lässt sich die Frage nicht klären. Einige Insider sagen aber, dass sich mehrere Hedge-Fonds eingedeckt haben. Das würde auch erklären, warum das Thema immer wieder aufgewärmt wird.
Die Kreditausfallversicherungen sind sinnvoll, wenn Risiken abgesichert werden sollen. CDS sind aber kein „Zocker-Instrument“. Die Verlockung wäre zu groß, eine Krise künstlich anzufachen, um dann kräftig zu kassieren. Daher sollten nur die Investoren die Kreditversicherungen erwerben dürfen, die auch tatsächlich die Anleihen besitzen. Bei der Feuerversicherung geht das auch: Da darf auch kein fremder Investor mein Haus gegen Feuerschäden „versichern“.