Schlussgong: Arbeitsmarkt – der Wirtschaftsstandort Deutschland ist bedroht

Am Aktienmarkt herrscht bereits Urlaubsstimmung. In den Tagen vor Ostern bewegen sich die großen Indizes kaum noch. Der DAX konnte heute durch einen starken Endspurt ein kleines Plus retten. Einige Fondsmanager haben am letzten Handelstag des ersten Quartals ihre Portfolios durch gezielte Käufe und Verkäufe „optimiert“.

Auffällig ist auch, dass der Euro im Vergleich zum Dollar heute Stärke zeigt. Der Grund: Während aus den USA erneut negative Arbeitsmarktdaten kommen, geht das deutsche „Jobwunder“ weiter. „Nur“ rund 3,5 Millionen Arbeitnehmer suchen in Deutschland einen Job. Natürlich ist das eine riesige Zahl, aber bedenken Sie, dass vor 12 Monaten Arbeitslosenzahlen von 5 Millionen und mehr erwartet wurden. Es hätte also noch viel schlimmer kommen können.

Experten zweifeln Zahlen an

Die relativ guten Zahlen, die die Bundesagentur für Arbeit heute veröffentlicht hat, werden von einigen Experten sicherlich wieder in der Luft zerrissen. Es gibt auch berechtigte Zweifel an den Zahlen: Die Statistik wurde mal wieder bereinigt. Nach alter Rechnung wären die Zahlen schlechter ausgefallen.

Hinzu kommt, dass das staatlich geförderte Instrument der Kurzarbeit einige Schwachstellen überdeckt. Die „echte“ Arbeitslosenzahl liegt daher ohne Frage deutlich höher – ist aber trotzdem weit von den 5 Millionen + X entfernt, die 2009 befürchtet wurden.

Kurzarbeiter sind die wertvolle Reserve für bessere Zeiten

Kommen wir zunächst zur Kurzarbeit. Einige Crash-Propheten stellen die These auf, dass jeder Kurzarbeiter im Prinzip als arbeitslos gelten kann und irgendwann auch in dieser Statistik auftaucht. Das ist schlicht und einfach Unsinn!

Unternehmen kalkulieren speziell in Krisenzeiten besonders genau. Es wird kein Geld verschenkt. Und Kurzarbeit ist nicht nur für den Staat, sondern auch für die Unternehmen relativ teuer. So verwundert es nicht, dass die Arbeitkosten in Deutschland trotz der moderaten Lohnentwicklung im vergangenen Jahr im Durchschnitt um satte 4,1 Prozent auf 30,90 Euro pro Stunde gestiegen sind. Die Kurzarbeit war ein Kostentreiber.

Daher ist ganz klar: Ein Unternehmen wird nur dann das Instrument der Kurzarbeit nutzen, wenn die berechtigte Hoffnung besteht, dass die Arbeitnehmer relativ bald wieder „Vollzeit“ benötigt werden. Sieht das Management dagegen keine Perspektiven für die Arbeitnehmer, sind Kündigungen das billigere Instrument.

US-Arbeitsmarkt reagiert sehr dynamisch

Dann stellt sich natürlich auch noch die Frage, warum der amerikanische Arbeitsmarkt eine Horrorzahl nach der anderen präsentiert, während sich der deutsche Arbeitsmarkt erstaunlich robust präsentiert.

Für diese unterschiedliche Entwicklung sehe ich zwei Gründe: Zum einen ist der amerikanische Markt insgesamt dynamischer. In guten Zeiten werden schneller Arbeitsplätze geschaffen, in schlechten Zeiten werden die Mitarbeiter schneller entlassen. Daher gibt es in den USA immer stärkere Ausschläge nach unten und oben.

Das Problem Fachkräftemangel wurde von der Krise nur überdeckt

Zum anderen setzt aber auch eine Zeitenwende ein. In Deutschland kommen langsam aber sicher die geburtenschwachen Jahrgänge in das Erwerbsalter. Das Verhältnis von Arbeitnehmern, die in Rente gehen und Schulabgängern, die den Arbeitsmarkt betreten, kippt. Es wird von Jahr zu Jahr schwieriger werden, die altersbedingten Lücken zu schließen.

Die Konjunkturkrise hat in den vergangenen Jahren dieses grundsätzliche Problem überdeckt. Sobald sich die Konjunkturlage verbessert, werden Sie in den Medien wieder sehr schnell die Schlagzeile „Fachkräftemangel“ lesen.

Das wissen natürlich auch die Unternehmen. Wer jetzt in der Konjunkturkrise einen qualifizierten Arbeitnehmer vor die Tür setzt, muss im nächsten Aufschwung viel Geld bezahlen, um die Stelle wieder besetzen zu können. Und dann muss der „Neue“ auch noch eingearbeitet werden. Daher ist es für viele Unternehmen strategisch günstiger, möglichst viele qualifizierte Mitarbeiter auch in Krisenzeiten zu halten. Auch dieser Effekt entlastet den deutschen Arbeitsmarkt 2010.

Die tickende Zeitbombe

Wesentlich schlechter sieht es dagegen für die Arbeitnehmer mit geringer Qualifikation aus. In diesem Bereich erwarte ich noch stärker „amerikanische“ Verhältnisse mit einem schnellen Auf- und Abbau von Arbeitsplätzen.

Fazit: Das Schlagwort „Bildungsoffensive“ ist nicht nur Wahlkampf-Geschwätz. Wenn es das deutsche Bildungssystem nicht schafft, möglichst viele junge Menschen gut auszubilden, werden wir schon in wenigen Jahren aufgrund von Fachkräftemangel wirtschaftlich erheblich zurückfallen. Das ist eine tickende Zeitbombe für den Wirtschaftsstandort Deutschland.