Wie schnell sich das Blatt doch wenden kann: dem allgemeinen Ausverkauf an den internationalen Aktienmärkten aufgrund sich rasant eintrübender Konjunkturaussichten Ende 2018 folgte im Januar und Februar eine kräftige Erholung. Erstaunlich dabei war, dass die realwirtschaftlichen Perspektiven sich sukzessive weiter eintrübten und auch die anderen Belastungsfaktoren - vor allem der Brexit und der Handelskonflikt - nach wie vor nicht gelöst waren.
Amerika hat seinen Wirtschaftszenit hinter sich. Selbst im chinesischen Wirtschaftsmärchen erscheint immer häufiger die böse Abschwung-Hexe. Knüppel zwischen die weltkonjunkturellen Beine werfen vor allem der egozentrische Handelskrieg oder ein an Monty Pyton erinnernder Brexit-Prozess.
Die Aktienmärkte gehen zwiespältig in die zweite Jahreshälfte. Es kämpft die Fundamentalbaisse gegen die Liquiditätshausse. Konkret treffen der Handelskonflikt und eine geostrategisch schwierige Gemengelage auf eine noch freizügigere Geldpolitik.
Seit Ende Januar stehen die weltweiten Renten- und Aktienmärkte unter der Knute massiver Inflations- und damit Zinserhöhungsangst. Doch sind die Zinsbefürchtungen wirklich stimmig und Aktien folgerichtig nachhaltig angeschlagen? Oder haben wir es eher mit einer emotionalen Paranoia zu tun? Und jetzt zerren auch noch die handelspolitischen Irrfahrten der Trump-Administration an den Nerven der Exportaktien.
Renten- und Aktienmärkte hängen zusammen wie Pech und Schwefel. Diese Beziehung konnte vor allem seit 2008 beobachtet werden: Steigende Anleihekurse mit schwachen Zinsen, die anlagestrategisch fast schon an Körperverletzung grenzten, haben Aktien zu einer „alternativlosen“ Anlage gemacht. Die Blase bei Renten hat die Blase bei Aktien aufgepumpt. Wir haben es also mit doppelten Anlageblasen, mit dem doppelten Lottchen  zu tun. Â
Im Zollstreit habe ich Trump insofern in Schutz genommen, als dass Peking alles andere als ein handelspolitischer Friedensengel ist. Doch führt der US-Präsident diesen Kampf ideologisch und stur, nicht weise und taktisch klug. Denn selbst mit den härtesten Bandagen wird Trump die Chinesen nie dazu bringen, so zu Kreuze zu kriechen, wie er das als Immobilienmagnat von seinen Kreditgebern und Handwerkern gewohnt war.
Angesichts der robusten Weltkonjunktur, die auch die Eurozone erreicht hat, und Ölpreisen auf einem 3-Jahreshoch bekommen Anleger allmählich Inflations-Angst und hinterfragen die immer noch sehr üppige Geldpolitik. Gehen also bald der EZB die Argumente für die Fortsetzung der Anleihekäufe und die Beibehaltung der Nullzins-Politik aus? Hängt damit ein Damokles-Schwert über den Finanzmärkten? Entwickelt sich gar die Liquiditätshausse zur -baisse?
In den 80er Jahren pilgerten westliche Industriemanager nach Japan, um dort das vermeintliche Konjunkturwunder zu bestaunen und es dann in den Heimatländern zu kopieren. Doch basierte Japans Wirtschaftssause nur auf einem zinsgünstigen Schneeballsystem. Ende der 80er Jahre platzte die Seifenblase. Aus dem früheren Mythos Japan ist heute ein mahnendes Beispiel geworden.
Wie in den guten alten Zeiten vor der Finanzkrise zeigt sich die Weltwirtschaft von ihrer freundlichen Seite. Weltweit steigende Umsätze und Unternehmensgewinne sind Balsam für die fundamentale Aktienseite. Doch schürt diese Entwicklung ebenso Bedenken vor einem markanten Inflationsanstieg, der zuletzt auch noch von höheren Rohstoffpreisen gespeist wurde. In der Folge mussten jüngst Renditesteigerungen an den Anleihemärkten in Kauf genommen werden.
Der Glaube an ein absehbares Ende des Handelskonflikts schwindet von Tag zu Tag. Auf die amerikanische Totalverzollung chinesischer Importwaren hat China mit einem Boykott von US-Agrargütern reagiert. Und dass Trump die deutliche Abwertung des Yuan gegen Dollar als Währungsmanipulation definiert, spricht für anhaltenden amerikanischen Handelsprotektionismus.
Zu den guten Nachrichten: Die Deutsche Bank schafft es erstmals seit 2014 wieder einen Nettogewinn zu erwirtschaften. Im vierten Quartal sieht es schon wieder nicht so gut aus.
Wie erwartet hat das britische Parlament - allerdings mit brutaler Mehrheit - den Brexit-Deal zwischen der Insel und der EU abgeschmettert.
In den letzten 10 Jahren war unser Finanzsystem durch Immobilien-, Banken-, Finanz-, Wirtschafts- und Euro-Krisen oft genug todkrank. Sein Exitus hätte einen Deflationsschock mit Massenarbeitslosigkeit, Konsum- und Investitionsunlust und schließlich sozialen Unruhen ausgelöst.
Die starke Hälfte ist vorüber. Zwei Handelstage vor dem Ende der Periode November bis April weist der Dow Jones Index ein Plus von 5,7% auf. Zuletzt war diese Periode vor zehn Jahren negativ verlaufen.
Laut Robert Halver hat Fed-Chef Powell Hoffnungen der Finanzmärkte an einen frühzeitigen Einstieg in den Ausstieg aus der Zinswende einen herben Dämpfer verpasst.