Die vielsagenden Umfragen zur Unternehmensstimmung

Aufgrund des starken Fokus auf die exportorientierte Industrie leidet die deutsche Volkswirtschaft derzeit besonders unter der globalen Industrierezession.

(Bildquelle: unsplash / Crystal Kwok)

Nachdem die EZB und die US-Notenbank Fed vergangene Woche weitere Zinsanhebungen in Aussicht gestellt haben und in dieser Woche sowohl die Schweizer Nationalbank als auch die Bank of England ihre Leitzinsen wohl erneut anheben, erwarten wir für die Kapitalmärkte vorerst keine Entlastung vonseiten der überwiegend restriktiv agierenden Notenbanken.

Sinkende Wachstumserwartungen

Auch wegen der steigenden und wohl länger auf hohen Niveaus verharrenden Zinsen korrigierten immer mehr Volkswirte ihre Wachstumserwartungen nach unten. Zuletzt gaben die Bundesbank und das Kiel Institut für Wirtschaftsforschung unisono eine mit -0,3 Prozent Wachstum im laufenden Jahr pessimistische Prognose für Deutschland ab.

Damit rücken diese Woche die klassischen Konjunkturfrühindikatoren in den Fokus, vor allem die von S&P Global erhobenen Einkaufsmanagerindizes. Dabei handelt es sich um Umfragen unter einer Vielzahl von Unternehmen verschiedener Branchen, die sehr tiefgehende und detaillierte Informationen zu verschiedensten volkswirtschaftlich relevanten Entwicklungen aufzeigen.

Abnehmender Inflationsdruck?

So sollten Anleger beim Einkaufsmanagerindex für Deutschland besonders auf die Einschätzung der Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe achten, denn aufgrund des starken Fokus auf die exportorientierte Industrie leidet die deutsche Volkswirtschaft derzeit besonders unter der globalen Industrierezession. Nach der Abarbeitung der pandemiebedingt aufgelaufenen Auftragsstaus, werden in den kommenden Monaten zunehmend Neuaufträge benötigt.

Eine wichtige Rolle für den deutschen Export spielen China und die USA, weshalb auch ein Blick auf die Geschäftserwartungen der dortigen Industrieunternehmen wichtige Informationen liefert. Bei den US-Einkaufsmanagerindizes sind die Angaben der Unternehmen zu Veränderungen der Beschäftigten besonders relevant, denn der nach wie vor sehr gut ausgelastete Arbeitsmarkt – im Zuge steigender Löhne – ist einer der wichtigsten Faktoren bei der Beurteilung des Inflationsdrucks und damit besonders für die Fed relevant.

Den Einkaufsmanagerindizes aller Regionen und Branchen können zudem Informationen über die Entwicklung der Einkaufs- und Verkaufspreise sowie daraus abgeleitet der Margen entnommen werden. Da die EZB und andere Notenbanken neben der Lohndynamik auch die Margen der Unternehmen als Inflationstreiber identifiziert haben, könnten Hinweise auf nachgebende Erzeugerpreise und eine sinkende Preissetzungsmacht erste Vorboten für im zweiten Halbjahr anstehende Leitzinserhöhungspausen sein.

Ein Kommentar von Carsten Mumm

Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.

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