Deutschland braucht neues Geschäftsmodell

Das lange erfolgreiche Geschäftsmodell der deutschen Volkswirtschaft wird nun zur Schwäche: die hohe Abhängigkeit vom Außenhandel. Das muss sich ändern.

(Bildquelle: Pixabay / Julius_Silver)

Im aktuellen Bericht zur wirtschaftlichen Lage konstatiert das Bundeswirtschaftsministerium, dass vorerst keine nachhaltige wirtschaftliche Belebung in Deutschland zu erwarten ist. Vor allem die schwachen außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dämpfen demnach die Exportentwicklung und damit die Produktion. Das lange erfolgreiche Geschäftsmodell der deutschen Volkswirtschaft wird nun zur Schwäche: die hohe Abhängigkeit vom Außenhandel.

Erst die Lieferketten, dann die Auftragslage…

In den vergangenen Jahren hatten zunächst unterbrochene oder zumindest nicht reibungslos funktionierende Lieferketten und damit die fehlenden Vorleistungen die Produktion ausgebremst. Heute sind es die nicht mehr ausreichend vorhandenen Aufträge aus dem Ausland. Neben diesen pandemiebedingten bzw. konjunkturellen Faktoren wird aber auch immer klarer, dass das Erfolgsmodell Deutschlands der letzten Jahrzehnte auf Stützpfeilern aufgebaut war, die immer stärker bröckeln:

  • günstige fossile Energie
  • Produktion zu niedrigen Löhnen im Ausland
  • internationale Absatzmärkte
  • wohlwollende internationale Kooperation

Jeder einzelne dieser Stabilisatoren fällt seit einiger Zeit zumindest teilweise aus. Im Streit zwischen den USA und China sitzt Deutschland zwischen den Stühlen, einerseits weil die Globalisierung im Sinne internationaler Arbeitsteilung der wichtigste Wohlstandstreiber der letzten Jahrzehnte war, aber zunehmend von protektionistischen Tendenzen abgelöst wird.

Wenn chinesische Behörden Exporte von Gallium und Germanium künftig kontrollieren, dann stehen diese Rohstoffe möglicherweise nicht mehr im benötigten Umfang für die Produktion von Hochleistungschips in den USA zur Verfügung. Dann dürfte die US-Industrie aber im Gegenzug diese Chips nicht mehr an China liefern, damit wird offensichtlich für alle Beteiligten Wohlstand zerstört.

Infineon investiert groß in neue Produktionen in Deutschland. (Bildquelle: Pressefoto Infineon Technologies AG)

Selbst wenn demnächst in Deutschland Chips produziert werden, funktioniert das nicht ohne die entsprechenden Rohstoffe. Andererseits dürften in den USA bzw. China tätige deutsche Unternehmen künftig verstärkt in den Fokus der jeweils anderen Regierungen geraten mit der Folge, dass diese implizit untersagt werden könnten.

Fazit

Es wird höchste Zeit, dass deutsche Unternehmen und damit die gesamte Volkswirtschaft ihre Geschäftsmodelle auf ihre Zukunftsfähigkeit hin untersuchen und Abhängigkeiten verringern. Dabei ist ein tiefgreifender Strukturwandel unumgänglich. Deutschland kann künftig nur als Hochtechnologiestandort mit verlässlichen Rahmenbedingungen, einer effizienten Verwaltung und hoher Attraktivität für Menschen und Kapital aus dem Ausland ausreichend wettbewerbsfähig sein.

Ein Kommentar von Carsten Mumm

Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.

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Bildquelle: Donner & Reuschel