Notenbanken beflügeln die Börsen kaum

Solange sich die EZB-eigene Inflationsprognose für 2024 nicht dem Zielniveau von 2 Prozent nähert – wovon wir nicht ausgehen – besteht keine Veranlassung für einen weniger restriktiven Kurs.

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Kurz vor den Feiertagen richtet sich der Fokus nochmals auf die Zinsentscheide der Bank of England (BoE), der Schweizer Nationalbank (SNB), der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB).

Obwohl keine Veränderungen der Leitzinsen erwartet werden, könnten – eventuell negative – Impulse für die Börsen entstehen. Angesichts der zuletzt deutlich gesunkenen Kapitalmarktzinsen bei längeren Laufzeiten und in Folge erheblicher Aktienkurssteigerungen seit Ende Oktober ist in den begleitenden Äußerungen mit entschlossenen Warnungen über vorhandene Inflationsrisiken zu rechnen.

Dagegen ist von vorzeitigen Ankündigungen möglicher Leitzinssenkungen nicht auszugehen. Denn die niedrigeren Finanzierungskonditionen am Markt konterkarieren die geldpolitische Intention über die Zinsseite die gesamtwirtschaftliche Nachfrage – und damit den Teuerungsdruck – zu dämpfen.

Der US-Arbeitsmarktbericht für November signalisierte mit einem Anstieg der neu geschaffenen Stellen, stärker steigenden durchschnittlichen Löhnen und einer niedrigeren Arbeitslosenquote zudem keine klare Abkühlungstendenz.

Vor diesem Hintergrund dürfte auch die US-Inflationsrate im November nur leicht gesunken sein. In Deutschland hingegen wird der Anstieg der Verbraucherpreise im Dezember und Januar aufgrund von Basiseffekten und wegen der Wiederanhebung der Mehrwertsteuer im Gastro-Bereich auf 19 Prozent ab 2024 voraussichtlich wieder zulegen.

Anleger sollten bei der EZB-Pressekonferenz daher vor allem auf die neuen Wachstums- und Inflationsprojektionen für die kommenden Jahre achten. Es ist davon auszugehen, dass beide leicht nach unten revidiert werden, ohne dabei den falkenhaften Grundton zu vernachlässigen.

Solange sich die EZB-eigene Inflationsprognose für 2024 nicht dem Zielniveau von 2 Prozent nähert – wovon wir nicht ausgehen – besteht keine Veranlassung für einen weniger restriktiven Kurs. Damit richtet sich der Blick auf die Schnellschätzungen der Dezember-Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone und die USA.

Eine schwache Unternehmensstimmung mit nachlassendem Preisdruck auf Ebene der Einkaufspreise und Löhne sowie ein steigender Margendruck könnten dann doch wieder die Diskussion um eine erste Leitzinssenkung im Frühjahr befeuern und enttäuschte Aktienanleger besänftigen.

Ein Kommentar von Carsten Mumm

Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.

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