Die Wiener Börse lebt

Bildquelle: Pressefoto Börse Wien

Zunächst wieder eine gute Nachricht: Die Wiener Börse bekam Zuwachs. Seit Beginn des Monats wurden zusätzlich 332 internationale Corporate Bonds in den fortlaufenden Handel aufgenommen. Marketmaker sind die Walter Ludwig Wertpapierhandels GmbH und die Baader Bank. In den Fließhandel übersiedeln sollen auch Unternehmensanleihen österreichischer Emittenten, wobei der Schwerpunkt auf bereits börsennotierten Unternehmen liegen wird. Stimmt, keine spektakuläre Nachricht, aber nach vielen negativen Nachrichten ein erfreuliches Lebenszeichen von der Wiener Börse.

Kein Lebenszeichen hingegen kommt von der Bundesregierung, die nach der großkoalitionären Wahlschlappe bei den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland auf Tauchstation gegangen ist. Mit einigem Abstand zu den Urnengängen lassen sich nun etwas weniger emotionale Schlüsse ziehen als am Wahlabend. Klar ist, und das hat ja auch eine Untersuchung für das Burgenland bestätigt: Nur ein Drittel der Wähler war dort mit der Landespolitik unzufrieden, hingegen waren zwei Drittel mit der Bundespolitik nicht einverstanden. Die verheerende rot/schwarze Wahlschlappe geht also zu einem großen Teil auf das Konto der Bundesregierung. Klar ist auch, welche Themen da gezogen haben: Wirtschaftspolitik/Steuerreform und Ausländerpolitik. Dabei sind die von parteiaffinen sogenannten „Politikexperten“ gezogenen Schlüsse, man habe den „Erfolg“ der Steuerreform einfach nur schlecht verkauft, schlichtweg falsch. Die Steuerreform ist wirtschaftsfeindlich, geht auf Kosten der ökonomischen Leistungsfähigkeit unseres Landes und bedroht überdies auch noch die Privatsphäre jedes Einzelnen – siehe „gläsernes Konto“.

Was keineswegs heißt, dass wir an dieser Stelle jetzt Schwarzgeld verteidigen wollen. Den Apparatschiks und Polit-Funktionären, die ihre nicht zu knappen Gehälter aus Steuergeldern beziehen und die daher auch nicht auf Schwarzgeld angewiesen sind, sollte aber eines klar sein: Auch Schwarzgeld belebt die Wirtschaft und trägt zur Wirtschaftsleistung eines Landes bei. Der Pfuscher, der am Wochenende zum Beispiel einen Fußboden verlegt, generiert damit ja Einkommen, das ziemlich bald wieder ausgegeben wird und damit in die Wirtschaft zurückfließt.

Da hier keine Steuer abgeführt wird, fließt um so mehr zurück. Würde er einen Teil des verdienten Geldes an die Steuer bezahlen, dann würde der Staat dieses Geld zwar auch ausgeben, doch es ist eine in den Wirtschaftswissenschaften bekannte Tatsache, dass Staatsausgaben weniger wachstumseffizient wirken als private Ausgaben. Unser Pfuscher hinterzieht aber nicht nur die Steuer, sondern auch die Sozialabgaben, was in weiterer Folge bedeutet, dass er später eine geringere Pension bekommt (hoffentlich legt er sich also einen Teil des verdienten Geldes fürs Altenteil zurück).

Da unser Pensionssystem aber ein Defizit produziert und durch ständige Staatszuschüsse vor dem Zusammenbruch gerettet werden muss, kann es uns ja nur recht sein, wenn der Pfuscher durch seine Tätigkeit implizit auf die höhere Pension verzichtet, auf die er bei „weißer“ Arbeit eine Anwartschaft erwerben würde. Abgesehen davon, dass viele Aufträge „weiß“ gar nicht erfolgen würden, weil sie wegen Steuern und Sozialabgaben zu teuer kämen. Was kleinere Betriebe betrifft: Multinationale Konzerne entwickeln ausgeklügelte Strategien zur Steuervermeidung. Schwarzgeld gibt kleineren Unternehmen die Möglichkeit, auf diese Weise wirtschaftliche Nachteile wettzumachen.

All das werden sie in der „normalen“ Presse natürlich nicht lesen, weil „normalen“ Journalisten das Wissen um diese Zusammenhänge fehlt und es ja auch als „unmoralisch“ gilt, einmal halbwegs nüchtern über die „black economy“ zu schreiben. Nur um Missverständnissen vorzubeugen:

Natürlich bedroht ein Überhandnehmen dieser black economy eine Volkswirtschaft bis hin zum Zusammenbruch – siehe Italien und Griechenland. Aber ein gewisses Maß an „Freiräumen“ ist Voraussetzung für das Funktionieren eines Systems mit bereits deutlich überzogener Steuerbelastung. Warum das in den USA, die Schwarzgeld wesentlich härter kriminalisieren als wir, anders ist? Dort betrug die Steuerquote (Fiskaleinnahmen, Sozialabgaben) laut OECD-Vergleich im Jahr 2011 exakt 24 Prozent des Brutto-Inlandsproduktes, im OECD-Schnitt lag sie bei 34,1 Prozent, in Österreich bei 42,3 Prozent. Dem ist nichts hinzuzufügen. Der nächste Denkzettel folgt bei den Wiener Wahlen – aber vielleicht ist das die Chance, dass die Regierungspartner doch noch die größten Unsinnigkeiten aus der Steuerreform eliminieren.

Franz C . Bauer, Trend RedakteurEin Beitrag von Franz C. Bauer

Franz C. Bauer ist Chefkolumnist des Austria Börsenbriefs

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