Warum das Gedächtnis von Finanzmärkten kurz ist

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Die islamistischen Terroranschläge in Paris haben ihre vorhersehbaren Spuren an den Börsen hinterlassen: Gold wurde teurer, ebenso Erdöl, die Kurse an den Börsen gaben in der ersten Handelsphase nach (die Wiener übrigens nicht, da legten die Notierungen sogar zu), der Euro wurde schwächer. Nachhaltig waren diese Reaktionen aber alle nicht, sehr bald kehrte wieder Business as usual ein. Die Schmerzen der Verletzten und die Trauer der Hinterbliebenen werden noch lang währen, doch das Gedächtnis der Finanzmärkte ist kurz – und zwar zu recht. Für die Betroffenen bedeuten die Überfälle eine Katastrophe, das System „westliche Welt“ vermögen sie nicht zu destabilisieren. Das hat nicht einmal der Anschlag auf das World Trade Center bewirkt, der mit Cantor immerhin auch eine der bedeutendsten Bond-Handelsfirmen der Welt betraf.

In einer interessanten Marktphase hat es den Goldpreis getroffen, der Mitte November unter 1.100 Dollar je Unze gerutscht war. Ob es hier zu einer nachhaltigen Trendwende kommen kann, ist allerdings fraglich, denn bald wird sich die Aufmerksamkeit der Anleger wieder der FED zuwenden: Sollte die Erhöhung der Dollarzinsen tatsächlich noch im Dezember stattfinden, dann würde dies das Edelmetall wieder unter Druck bringen. Verbilligt haben sich nach dem Überfall die Industriemetalle. Logisch ist das nicht, denn üblicherweise stützen solche Anschläge politische Strömungen, die eine stärkere Aufrüstung fordern, und Waffenproduktion erfordert eben den Einsatz von Industriemetallen.

Die Vorgänge haben aber die Aufmerksamkeit der Anleger von den Vorgängen in Österreich abgelenkt. Hunderte Bank Austria-Mitarbeiter zittern in der Vorweihnachtszeit um ihre Jobs, weil die BA-Mutter, die italienische UniCredit, das profitable Ostgeschäft nach Mailand verlagern will. Auch das ist für die Betroffenen eine Katastrophe – allerdings wäre diese vermeidbar gewesen. Die Ursache liegt weit zurück im Verkauf der BA an die HVB. Eine österreichische Lösung scheiterte an der Unfähigkeit von SPÖ und ÖVP, sich auf einen österreichischen Käufer zu einigen. Aufgrund der Geschäftsergebnisse logisch wäre es gewesen, wenn die starke BA die schwächere HVB übernommen hätte. Doch dazu hätte es eines funktionierenden österreichischen Kapitalmarktes bedurft, an dem die SPÖ keinerlei Interesse hat (die hetzt lieber gegen „die Reichen“) und den die ÖVP nie verstanden hat, denn sonst hätte man weder der Erhöhung der Dividendensteuer noch der Einführung der demagogisch als „Spekulationssteuer“ bezeichneten Kest II zugestimmt (die noch dazu „Spekulanten“ begünstigt!). Die Rechnung bezahlen jetzt die BA-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der Schritt der Italiener ist aber leider logisch und nachvollziehbar: In Italien herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit, da holt man eben Beschäftigung heim. Eine österreichische Bank würde das nicht anders machen – was noch nicht heißt, dass die Sache auch so funktioniert wie sich dies das UniCredit-Management vorstellt, denn immerhin ist in Wien je eine hohe Expertise für Geschäfte mit dem Osten angesiedelt.

Was zeigt die Causa? Sie zeigt, dass es keineswegs egal ist, wem ein Unternehmen gehört und wo dessen Zentrale angesiedelt ist. Nur eine leistungsfähige Börse und ein positives Kapitalmarktklima halten leistungsfähige Unternehmen im Land. Für dieses Klima zu sorgen, ist in erster Linie Aufgabe der Regierung.

Franz C . Bauer, Trend RedakteurEin Beitrag von Franz C. Bauer

Er ist Chefkolumnist des Austria Börsenbriefs
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