Facebook-Börsengang: Wann ist ein Flop ein Flop?

Die deutschen Medien bereiten derzeit dem größten Börsengang des Jahres ihre Art von Shitstorm (Was ein Shitstorm ist, hab ich heute nochmal sehr anschaulich erklärt bekommen). Sicher ist der Börsengang von Facebook (WKN: A1JWVX) kein Erfolg im dem Sinne, dass die Erstzeichner ordentliche Kursgewinne, oder zumindest stabile Kurse verbuchen konnten. Aber aus Sicht des Unternehmens und der Altaktionäre und vor allem aus Sicht der Emissionsbanken dürfte dennoch ein klares Daumen hoch zu sehen sein.

Was ist denn nun mit dem Facebook-IPO? Flop oder nicht Flop? Im Rahmen des Börsengangs wurde sowohl was Emissionsvolumen als auch Emissionspreis angeht, alles ausgereizt. Und das ist ja letztlich auch der Sinne eines Börsengangs, oder? Anleger die im Vorfeld zu fast jedem Preis eine Aktie haben wollten, drücken nun voller Panik auf die Verkaufstaste? Das riecht verdammt nach der guten alten “Gier ist gut”-Masche. Alle Welt hoffte auf den großen Zeichnungsgewinn und setzte darauf, dass die Kurse das schon irgendwie hergeben. Das sieht man auch deutlich am Crowdguessing des Handelsblatt: Der Mittelwert der über 200 Schätzungen lag bei 51,86 US-Dollar, der Median bei 46,51 US-Dollar. Keiner dieser Werte wurde erreicht. Insofern haben die vielen Gierigen aufs falsche Pferd gesetzt. Das muss ja aber nicht heißen, dass Facebook ein schlechtes Unternehmen ohne ordentliches Geschäftsmodell ist. Ganz im Gegenteil. Facebook verdient ja Geld und die hohen Kurse im Vorfeld wurden ja durch die Phantasie auf neue Geschäftsideen auf Basis des Social Networks mit noch mehr Umsatz und Gewinn geprägt.

Sicher sind die Details zum IPO, die derzeit Stück für Stück herauskommen, nicht allzu positiv für die Emissionsbanken. Weder die offenbar nach unten revidierten Prognosen noch die möglicherweise für die Stützungskäufe am Freitag genutzten Greenshoe-Optionen sprechen einen “sauberen” Börsengang. Laut Henry Blodget wurden die Banken sogar selbst von Facebook über die Schwäche des Geschäfts informiert. Aber Klarheit was Sache ist, steht noch aus.
Und auch bei der Technologiebörse Nasdaq lief es ja nicht reibungslos ab. Die erste Kursstellung hat zu lange auf sich warten lassen und auch die Kommunikation dabei verlief gelinde gesagt unglücklich. Erst der “normale” Handel wurde dann reibungslos abgewickelt. Wenig verwunderlich sieht sich die Börse daher nun mit Klagen konfrontiert.

Doch zurück zur Facebook-Aktie an sich. Schlusskurs am Dienstag war 31,00 US-Dollar und damit 18 Prozent unter dem Ausgabepreis und 31 Prozent unter dem Höchstkurs von 45 US-Dollar. Die Unsicherheit über die tatsächliche faire Bewertung hält also an. Man fragt sich angesichts dieser Zahlen, wie man sich als Anleger im Vorfeld auf einen Ausgabepreis von 38 US-Dollar einlassen konnte, wenn offenbar nun alle nicht mehr an Facebook glauben. Henry Blodget von Business Insider kommt unter Berücksichtigung zahlreicher Technologiewerte und dem Vergleich von Gewinn- und Umsatzprognosen auf einen fairen Preis von 16 bis 24 US-Dollar. Damit würden den Erstzeichnern schlimmstenfalls Verluste von fast 60 Prozent drohen. Ein klarer Fall von Fehlkauf – zumindest wenn es so kommt. Die Unsicherheit über den Wert von Facebook ist letztlich aber eben auch ein Zeichen dafür, dass die Bewertung eines neuen Geschäftsmodells schwieriger ist und mehr Zeit benötigt als die paar Monate seit Jahresbeginn, als der Börsengang sich abzeichnete. Eine realistische Einschätzung wohin die Reise bei Facebook kurzfristig gehen wird ist nicht möglich. Erst wenn Facebook in den kommenden Monaten Stück für Stück sein Geschäftsmodell ausweiten und das auch am Markt glaubhaft verkaufen kann, wird man eine Prognose darüber abgeben können, ob es wirklich Faceflop war – noch bin ich optimistisch.

Interessant wird es auf jeden Fall mit Ablauf der Schweigefrist für die am Börsengang beteiligten Banken. Denn denen ist es börsenrechtlich untersagt vor dem Ablauf von 40 Tagen nach der Erstnotiz ihre Analysen zu veröffentlichen. Und wenige Wochen danach stehen die Zahlen zum zweiten Quartal auf der Agenda. Derzeit liegen die Konsensschätzungen für das zweite Quartal bei: EPS: 13 Cents und Umsatz 1,18 Mrd. US-Dollar. Für das Gesamtjahr wird ein EPS von 52 Cents (Spanne von 50-56 Cents) und ein Umsatz von 4,96 Mrd. US-Dollar (Spanne von 4,69 bis 5,20 Mrd. US-Dollar) erwartet. Eventuell äußert sich das Facebook selbst auch zu seiner Zukunft. Bislang war es von Seiten des Unternehmens ja sehr still. Von daher heißt es weiterhin: Abwarten und auf gute Zahlen warten. Anleger die nach dem Börsengang zuschlugen, bleibt wohl auch nichts anderes übrige – oder sie realisieren ihre Verluste. Aber an dieser Stelle sollte man sich immer noch mal die Gründe für den Kauf vor Augen führen: Habe ich nur aufgrund des Hypes gekauft, oder weil ich mir durch das Facebook-Konzept einen langfristigen Erfolg verspreche.

Noch ein Wort über die Optionsschein-Zocker, die im Vorfeld etwa bei Lang & Schwarz oder sonst wo, Calls und Puts zu teils abwitzigen Konditionen gekauft haben und nun u.U. kurz vor einem Totalverlust stehen. Wer sich auf solche Zocks einlässt, sollte die Risiken kennen. Für Kleinsparer ist das nichts, auch wenn der große Gewinn lockt. Das tut er schließlich am Roulettetisch im Casino oder beim Lotto ebenfalls und hier beschwert sich auch niemand. Und den Glücklichen die richtig lagen sei gratuliert.

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