DAX Charttechnik: Wenn die Trading-Roboter zuschlagen

An der Börse geht es schon lange nicht mehr nur um Preise und Volumen. Nein, es geht auch um Meter, Zentimeter, Sekunden und Millisekunden. Längst werden auch keine Banker oder Volkswirte mehr gebraucht. Nein, willkommen sind Physiker, Mathematiker und Programmierer. Börse ist eben nicht gleich Börse. Im Gegenteil: Aus Funk und Fernsehen kennt der Privatanleger vor allem das „alte“ Parkett. Die „neue“ Spielwiese bleibt dem „normalen“ Anleger verwehrt. Natürlich, denn in der Welt des Highfrequency-Tradings nimmt der Otto Normalanleger nur eine Rolle ein: Die des Opfers.

Die Länge der Standleitung zur Börse kann hier bereits über Gewinn oder Verlust entscheiden. In Bruchteilen eines Wimpernschlags vergleichen die Hochleistungsrechner die Quotes an verschiedenen Handelsplätzen weltweit, scannen die Orderbücher und eröffnen und schließen Positionen während wir gerade festgestellt haben, dass die US-Arbeitsmarktdaten etwas schlechter oder besser als erwartet ausgefallen sind. Meist geht es dabei nur um wenige Ticks, die jedoch kontinuierlich und fast risikofrei erwirtschaftet werden können. Ist das nicht unfair? Ja das ist es. Oder würden Sie mit ihrem Familien-Van gegen den Silberpfeil von Michael Schuhmacher antreten?

Immer dann, wenn der Markt sich nicht selbst reguliert, wird die Politik früher oder später auf den Plan gerufen. Finanzminister Wolfgang Schäuble will dem Treiben jetzt ein einen Riegel vorschieben. Die Idee: Hochfrequenzhändler müssen ihre Systeme künftig so gestalten, „dass Störungen des Marktes unterbleiben“. Weiter heißt es: „nicht auf einen Geschäftsabschluss gerichtete Handelsaktivitäten, die das Funktionieren der Handelssysteme stören oder verzögern oder andere Handelsteilnehmer täuschen“ sollen bestraft werden. Gemeint sind damit sogenannte Fake-Orders, die Volumen im Orderbuch erzeugen, das kurzfristig jedoch wieder gestrichen wird. Statt einer Unterstützung gibt es dann den freien Fall. In welcher Welt leben wir eigentlich?

Der Vorschlag geht zwar in die richtige Richtung, unserer Meinung nach aber nicht weit genug. Natürlich kommt auch der Online-Trader schneller zum Zug als derjenige, der seine Transaktionen noch über das gute alte Telefon an den Broker weitergibt.

Fakt ist aber, dass jeder Privatanleger die Möglichkeit besitzt sich eine Online-Verbindung einzurichten – falls er dies wünscht. Versuchen Sie aber mal eine Standleitung nach Frankfurt zu legen? Die Börse muss fair sein. Es kann schlichtweg nicht sein, dass Fonds-Investoren mehr Geld auf den Tisch legen müssen, nur weil zuvor mit voller Absicht die Preise in die Höhe getrieben wurden. Unser Vorschlag: Jede Order muss für mindestens zwei Sekunden im Orderbuch stehen bleiben, denn diese Geschwindigkeit können auch Privatanleger erreichen. Gekünsteltes Interesse kann dann nicht mehr hergestellt werden.

Bei aller Aufregung wollen wir aber noch einen Blick auf den DAX werfen. Am US-Labor-Day zeigt sich der Index wenig bewegungsfreudig. Die Kurse pendeln ohne jegliche Dynamik um die Marke von 7.000 Zählern herum. Auf der Oberseite ist das Level zwischen 7.050 und 7.060 Punkten interessant, denn dort verläuft die 2011er-Abwärtstrendgerade. Auf der Unterseite dürfe der Index weiter bei 6.830 und 6.750 Punkten auf Unterstützung treffen. Das Euwax-Sentiment hat sich jüngst etwas aufgehellt. Mehr und mehr Markteilnehmer scheinen sich also von ihren Baisse-Positionen zu trennen. Das Gros bleibt allerdings weiter skeptisch, auch wenn man sich bei dem extrem niedrigen Handelsvolumen fragen muss, wer dort überhaupt noch handelt. Die kurzfristigen Tendenzen bleiben im September daher vorerst wackelig. Mittel- und langfristig betrachtet haben die Bullen „noch“ die besseren Karten auf der Hand. So bewegen sich die Kurse noch immer innerhalb des Juni-Aufwärtstrendkanals. Und auch der GD100 und der GD200 sind erst auf einem wesentlich niedrigeren Stand zu finden.

Sebastian Hoffmann ist Trading-Analyst bei Prime Quants. Dort ist er vor allem für die Intraday-Analysen, die Handelssysteme und die Trading-Services verantwortlich.