Es war in dieser Woche mal wieder soweit. Mario Draghi – auch Super Mario genannt – verkündete die neuesten Beschlüsse der EZB: Sie wird es tun. Die Europäische Zentralbank wird Anleihen aufkaufen. Die Meldung – schon in mehreren Pressekonferenzen erhofft, aber immer wieder zur Enttäuschung vieler aufgeschoben – ist endlich ein Fakt. Der DAX war schon zuvor in Erwartung dieser Nachricht auf 7.065 Punkte gestiegen und legte bis zum Handelsschluss sogar noch auf 7.167 Punkte zu. Auch am Freitag ging es weiter bergauf, denn nach und nach kommen immer mehr Teilnehmer in den Markt, die das Statement der EZB in eine Order umsetzen. Bis zu 7.230 Punkte und damit ein neues Jahreshoch verzeichnete der Index in den frühen Handelsstunden.
Was aber hat Mario Draghi denn nun verkündet? Was genau treibt die Märkte an? Das Wichtigste zuerst: Die EZB beabsichtigt, Anleihen zu kaufen. Dabei fallen natürlich die Anleihen der Länder heraus, die sowieso nicht am „freien Markt“ teilnehmen können – beispielsweise Griechenland. Entscheidend dabei ist, dass die EZB, sofern sie eingreift, harte Bedingungen an den Kauf stellen wird. So haben die obersten Währungshüter den Kandidaten aufgetragen, zuvor bei den europäischen Rettungsschirmen anzuklopfen. Darüber hinaus möchte die EZB den Internationalen Währungsfond mit ins Boot holen. Als Instrumente hat Draghi Titel mit maximal drei Jahren Laufzeit in Aussicht gestellt, da damit die mittelfristigen Ziele der EZB erreicht werden könnten. Gemeint war wohl, dass bei Papieren mit längeren Laufzeiten durchaus Probleme bei der Einhaltung der Hauptaufgabe von der EZB – nämlich die Gewährleistung einer mittelfristigen Preisstabilität – entstehen könnten.
Sie sehen, dass durchaus einige Bedingungen an die Intervention der EZB geknüpft sind. Der kurze Aufriss reicht allerdings schon aus, um zu dem Ergebnis zu kommen: Die Zentralbank wird Anleihen in ihre Bilanz nehmen und diese bis zu deren Laufzeitende halten. Sie wird das jedoch nur unter bislang recht restriktiven Bedingungen tun. Dass morgen oder übermorgen schon Anleihen in den Depots der EZB „verschwinden“ ist definitiv nicht zu erwarten. Die Marktteilnehmer hingegen streichen aktuell offensichtlich das Kleingedruckte aus ihrem Kalkül und feiern das vermeintliche Einknicken der EZB mit dem aktuellen Kursfeuerwerk ab.
Unsere Analysten haben die Wirkung der Draghi-Rede bewertet und sind zu dem Schluss gekommen, dass bei 7.230 Punkten die Reise für den DAX erst einmal zu Ende sein dürfte. Zwar steckt in der PK der EZB das Potenzial für neue Jahreshochs, allerdings ist der Sturm auf die 7.200 Punkte als der bedeutendere Faktor betrachtet worden. Die Euphorie könne
noch etwas über diese Marke anhalten, werde aber spätestens bei 7.230 Punkten voraussichtlich ausgebremst, hieß es aus unserer Analyseabteilung. Bis dieses Szenario eintrat, brauchte der DAX heute nur eine halbe Stunde. Fast punktgenau stoppte der Index um 9.30 Uhr seinen Aufwärtslauf. Seitdem tingelt er in diesem Bereich. Unterm Strich ist die Draghi-Rede dennoch der Market-Mover der Woche.
DAX Entries und Exits
Neben der Dominanz der EZB in der Marktstimmung hat die deutsche Börse ihren regulären Termin zur Zusammensetzung der Indizes hinter sich gebracht. Sie bildet das zweite Element von Bedeutung in dieser Handelswoche. MAN und Metro müssen den DAX verlassen. Sie rutschen in den MDax ab und werden von Lanxess und Continental ersetzt. Zwar hatten einige auch die Commerzbank auf der Rechnung, aber der Wechsel bleibt dem Frankfurter Geldhaus noch einmal erspart. Im MDax gibt es am unteren Ende ebenfalls Absteiger. Deutz wird im MDax durch TAG Immobilien aus dem SDax ersetzt und steigt selbst in diesem Index ab. Der etwas abseits stehende TecDax bekommt mit BB Biotech und LPKF Laser & Electronics Zuwachs. Dafür müssen Gigaset und Singulus weichen. Nach vier Jahren Abwesenheit hat Continental also wieder seinen Weg in den DAX zurückgefunden und gehört wieder zu den 30 größten Aktiengesellschaften in Deutschland. Der damalige Aufsteiger Beiersdorf ist auch heute noch Mitglied im DAX. Die Kurse der Auf- und Absteiger dürften in den nächsten Wochen interessant werden. Regelmäßig verändert sich durch die Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen Index das Interesse der Anleger.
Auch in Frankreich musste jetzt mit Peugeot ein Schwergewicht den Leitindex CAC40 verlassen. Der Konzern leidet an sinkendem Absatz und hat im letzten Jahr fast 60 Prozent Marktkapitalisierung eingebüßt. Renault, er zweitgrößte Autobauer in Frankreich verbleibt im CAC40. Die Neuzusammensetzung der beiden Indizes – DAX und CAC40 – bergen einige interessante Szenarien für die nächsten Wochen. Die Märkte werden momentan aber dennoch von den Zentralbanken gemacht, die damit alles andere zu Nebenkriegsschauplätzen degradieren.
Sebastian Hoffmann ist Trading-Analyst bei Prime Quants. Dort ist er vor allem für die Intraday-Analysen, die Handelssysteme und die Trading-Services verantwortlich.