Das gelobte Land der Cannabis-Industrie

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In den vergangenen Jahren wurde der Einsatz von Cannabis zu medizinischen Zwecken in vielen Ländern legalisiert. 2018 erlaubte Kanada als erstes G7-Land sogar die Nutzung von Marihuana als Genussmittel. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass die Industrie rund um die Hanfpflanze einen entscheidenden Schub erhielt und diverse Unternehmen gegründet wurden, die sich mit Cannabis-Produkten wie Ölen oder Haschisch und Marihuana beschäftigen. Auch Börsianer haben die Cannabis-Industrie für sich entdeckt. Seit einiger Zeit wird auf den ganz großen Wurf gewartet – die bundesweite Cannabis-Legalisierung in den USA.

Bundesregierung bleibt skeptisch

Die deutsche Bundesregierung will weiterhin nichts von einer Legalisierung von Cannabis als Genussmittel wissen. Zumal die Vorteile selbst bei der medizinischen Nutzung nicht immer eindeutig sind, gleichzeitig aber viele Risiken bleiben. So heißt es in der vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebenen Studie “Cannabis – Potential und Risiko – Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme”:

„Die Risiken des Cannabiskonsums zu Rauschzwecken werden erneut bestätigt. Besonders schädlich ist der Cannabiskonsum in der frühen Jugend. Im Bereich der medizinischen Anwendung von Cannabisarzneimitteln wurde vor allem deutlich, dass der Forschungsstand noch sehr uneinheitlich ist. Aufgrund der begrenzten Datenlage kann zu vielen Krankheitsbildern noch keine Aussage zur Wirksamkeit von Cannabis gemacht werden. Hier sind weitere Studien notwendig.“

Während die Politik hierzulande zögert, sieht die Sache in anderen Teilen der Welt anders aus. Insbesondere in den USA dürfen sich Cannabis-Fans Hoffnungen auf eine Legalisierung machen.

Cannabis-Unternehmen schauen auf den US-Markt

Seit 1. Juli 2021 dürfen Bürger des US-Bundesstaates Virginia, die mindestens 21 Jahre alt sind, kleine Mengen Marihuana besitzen und anbauen. Das entsprechende Gesetz hatte der Demokratische Gouverneur Ralph Northam am 21. April dieses Jahres unterzeichnet. Obwohl Cannabis bundesweit in den USA verboten bleibt, gehört Virginia nun zu den mehr als ein Dutzend Bundesstaaten, die die Droge auch als Genussmittel legalisiert haben. Den Anfang hatte Colorado 2012 gemacht.

Als kleine Mengen wird in diesem Fall der Besitz von Cannabis von bis zu 1 Unze (ca. 28 Gramm) verstanden. Wer mehr als 1 Unze, jedoch weniger als 1 Pfund Marihuana besitzt, kann mit einer Geldstrafe rechnen. Ab einem Pfund wird der Besitz strafrechtlich verfolgt und kann zu einer Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren und einer Geldstrafe von bis zu 250.000 US-Dollar führen. Als Begründung für die Verabschiedung des Gesetzes wurden vonseiten von Northam unter anderem Bürgerrechtsaspekte angeführt.

So hatte eine Kommission zur Überprüfung von Gesetzen in einem im November 2020 veröffentlichten Bericht herausgefunden, dass die Wahrscheinlichkeit für Afroamerikaner in Virginia, für den einfachen Besitz von Marihuana festgenommen zu werden, mehr als drei Mal so hoch ist als im Fall von Weißen. Auch aus einem anderen Grund ist die Legalisierung von Marihuana in Virginia bedeutend.

Virginia ist der erste Bundesstaat aus dem Süden der USA, der Cannabis als Genussmittel erlaubt hat. Die bundesweite Legalisierung scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Viele Befürworter dürften angesichts des politischen Umfeldes sogar enttäuscht sein, dass diese nicht bereits verabschiedet wurde. Nachdem sich der Demokrat Joe Biden Anfang November 2020 die US-Präsidentschaft gesichert hatte und seine Partei sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat die Mehrheit errungen hatte, schien der Weg frei zu sein.

Wann kommt endlich die bundesweite Cannabis-Legalisierung in den USA? Bildquelle: Pixabay / 7raysmarketing


Hanf – Eine bewegte Geschichte

Hanf ist eine der ältesten Kulturpflanzen. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts hatte sie auch in Deutschland eine große Bedeutung. Doch bald verdrängten synthetische Präparate und Baumwoll- sowie Holzlobbyisten das grüne Kraut vom Markt. Schließlich geriet die Hanfpflanze als Rohstofflieferant für Drogen in den 1930er-Jahren endgültig in Verruf und es folgten Anbau- und Verkaufsverbote. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Immer mehr Länder legalisieren die Produktion und den Vertrieb, womit die Hanfbranche ihren zweiten Frühling erlebt.

Als Hanf sogar Süßigkeiten beigemischt wurde

Schon vor 12.000 Jahren wurde Hanf in Persien und China als Getreide angebaut. Hanfsamen wurden gegessen und die Fasern zur Herstellung von Textilien und Papier verwendet. Durch Völkerwanderungen, Kriege und Handel verbreiteten sich Hanfprodukte wie Kleider, Papiere, Öle, Taue und Netze rund um den Globus. Weitere Verwendung fand Hanf zur Behandlung von Verbrennungen, Gelbsucht, Schmerzen oder sogar von Pesterkrankten. Im Mittelalter verbot die Kirche Cannabis als Rauschmittel. Hanfprodukte für das tägliche Leben schloss das Verbot nicht ein. Den vorläufigen Höhepunkt erreichte die Hanfproduktion im 19. Jahrhundert. Zu dieser Zeit gab es ein umfassendes Angebot von Hanfprodukten wozu sogar bestimmte Süßwaren gehörten, denen Cannabis beigefügt wurde.

Eine entscheidende Wende folgte im 20. Jahrhundert mit der Einführung von Baumwolle, das deutlich günstiger und einfacher zu verarbeiten war als Cannabis. Die „Wunderpflanze“ Hanf (medizinischer Name: Cannabis) wurde außerdem einem neuen Wirtschaftszweig ein Dorn im Auge, dem aufstrebenden Sektor der Hersteller für synthetische Stoffe. Marihuana wurde in den US-Medien als Mörderdroge dargestellt, was dazu führte, dass Hanfprodukte mehr und mehr vom Markt verdrängt wurden. 1937 trat der sogenannte Marihuana Tax Act in Kraft, mit dem der private Besitz von Cannabis verboten wurde (Marihuana-Prohibition). Auf medizinisches Cannabis wurde eine Steuer erhoben.

Die „Grünen Revolution“

Die Ächtung leitete den Untergang der Hanfindustrie ein. Die Vereinten Nationen (UN) setzten nach dem 2. Weltkrieg eine Drogenpolitik durch, nach der Cannabis auch international geächtet wurde. In vielen Staaten wurde der Hanfanbau – unabhängig davon, ob es sich um Nutz- oder Drogenhanf handelte – verboten. Ende der 1960er-Jahre kam Bewegung in die Hanf-Debatte. Cannabis wurde zum Symbol für Frieden und Toleranz von Teilen der 68er-Bewegung. Erst in den 90er-Jahren jedoch wurden in vielen Ländern die Anbauverbote für Nutzhanf und der Konsum aufgehoben und neue Anwendungsfelder sichtbar.

So wird Hanf als natürlicher Rohstoff beispielsweise bei der Herstellung von zahlreichen Produkten wie Speiseöl, Reinigungsmitteln, Kosmetika, Farben, Klebstoffen, Lack, Kleidern und Papieren verwendet. Insbesondere in der Medizin wird Hanf wieder verstärkt eingesetzt. Medizinisches Marihuana wird beispielsweise als Behandlungsalternative u.a. bei chronischen Schmerzen, Angst- und Schlafstörungen und bei den Begleiterscheinungen von HIV-, Parkinson- oder Krebspatienten eingesetzt. Kanada hatte bereits 2001 Marihuana für den medizinischen Gebrauch freigegeben sowie 2018 auch als Genussmittel legalisiert und sich damit an die Spitze der „Grünen Revolution“ gesetzt.



Ein besonderer Tag

Einige Befürworter einer Legalisierung von Marihuana dürften sogar den weltweiten Kiffer-Tag am 20. April 2021 als Stichtag auserkoren haben. Doch daraus wurde nichts. Chuck Schumer, der Demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, machte Befürwortern einer Cannabis-Legalisierung jedoch Hoffnungen, dass der Gebrauch von Marihuana als Freizeitdroge bis zum Kiffer-Tag 2022 bundesweit legalisiert werden könnte. Anlässlich des diesjährigen Kiffer-Tages sagte Schumer im US-Senat: „Heute ist ein, man könnte sagen, sehr inoffizieller amerikanischer Feiertage – 4/20.“

Außerdem sagte er, dass die Zeit gekommen sei, sich eingehend mit den Gesetzen zu befassen, die den Konsum von Marihuana überkriminalisiert und mit dem Konsum von Heroin, LSD und anderen Betäubungsmitteln, die wenige bis keine Gemeinsamkeiten bei den Auswirkungen auf den Einzelnen oder die Gesellschaft als Ganzes hätten, gleichgesetzt haben. Zudem ging auch Schumer auf die unterschiedlichen Auswirkungen der Gesetze auf die einzelnen Bevölkerungsgruppen ein. Abschließend sagte er: „Hoffentlich hat unser Land, wenn dieser inoffizielle Feiertag am 20. April das nächste Mal begangen wird, sinnvolle und umfassende Schritte bei der Bekämpfung der Überkriminalisierung von Marihuana unternommen.“

In den vergangenen Jahren ist die Zustimmung für eine Cannabis-Legalisierung gewachsen. Bildquelle: Pixabay / stankx

Wachsende Zustimmung

In der US-Bevölkerung ist die Zustimmung für einer Legalisierung von Marihuana so groß wie noch nie. Im Herbst 2020 waren laut einer Gallup-Umfrage 68 Prozent der erwachsenen US-Amerikaner für eine Legalisierung. Ein Jahr zuvor lag der entsprechende Wert bei 66 Prozent. Als diese Studie erstmals im Jahr 1969 durchgeführt wurde befürworteten lediglich 12 Prozent der Amerikaner eine Legalisierung. 1977 lag der Wert bereits bei 28 Prozent, trotzdem wurde die 30-Prozent-Marke laut Gallup erst im Jahr 2000 geknackt.

Seitdem ist sie steil angestiegen. Zu den Bevölkerungsgruppen, die entsprechende Gesetzesänderungen am meisten befürworten, gehören Männer, junge Erwachsene, Hochschulabsolventen und diejenigen, die in Haushalten mit einem Jahreseinkommen von mindestens 100.000 US-Dollar leben. Außerdem sind die Unterstützer auf dem linken Spektrum der Politik zu finden. 83 Prozent der Demokraten befürworten eine Legalisierung und 72 Prozent der Unabhängigen. Bei Republikanern liegt die Zustimmungsrate bei 48 Prozent.

Kanada als Vorreiter

Während die Mehrheit der US-Amerikaner eine Legalisierung von Marihuana als Freizeitdroge befürwortet, hat Kanada im Oktober 2018 für eine Revolution gesorgt und als erstes G7-Land den Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis und den Konsum für Erwachsene erlaubt. Darüber hinaus darf jeder Haushalt bis zu vier Cannabis-Pflanzen züchten, um den Eigenbedarf zu decken. Die entsprechenden Samen oder Pflanzen müssen von lizensierten Händlern erworben sein.

Im Oktober 2019 wurden zudem Lebensmittel mit Cannabis-Zusätzen wie Backwaren oder Getränke legalisiert. Bereits 2001 hatte das Land den Gebrauch von Cannabis als Arzneimittel erlaubt. Neben den Steuereinnahmen, die ein legaler Handel mit Cannabis-Produkten mit sich bringt, hatte die kanadische Regierung vor allem die Beseitigung der Überkriminalisierung von Marihuana im Blick.

Wichtige Einnahmen für den Staat

Kleine Vergehen in Zusammenhang mit dem Besitz von Cannabis können den Grundstein für weitere Verbrechen und sogar Gefängnisaufenthalte legen. Indem Kanadier, die kleine Mengen an Marihuana besitzen und konsumieren, vom Rechtssystem und den Gefängnissen ferngehalten werden, werden die Gerichte des Landes entlastet. Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass offenbar immer mehr Kanadier die Angebote auf dem legalen Cannabis-Markt nutzen.

Laut der kanadischen Statistikbehörde StatsCan wurden im vergangenen Jahr 2,6 Mrd. CAD (ca. 1,77 Mrd. Euro) mit Cannabis als Freizeitdroge umgesetzt. Ein Anstieg um 120 Prozent gegenüber 2019. Die Zahl der Geschäfte, in denen man legal Cannabis-Produkte erwerben kann, stieg von 760 auf knapp 1.400. Besonders interessant: Laut StatsCan habe der legale Cannabis-Markt im dritten Quartal des Jahres erstmals den illegalen Markt übertroffen.



Cannabis-Markt im Blick

Für Anleger ist es nicht immer einfach, die Profiteure eines möglichen Megatrends zu identifizieren. Insbesondere in einem noch sehr jungen und unübersichtlichen Gebiet wie dem Cannabis-Markt. Warum diese Arbeit also nicht ETF-Managern überlassen. Zu den Branchen-ETFs gehört seit einiger Zeit der Rize Medical Cannabis and Life Sciences UCITS ETF. Dieser konzentriert sich auf Unternehmen, die in den globalen medizinischen Cannabis- und Cannabis-bezogenen Biowissenschaftssektoren tätig sind. Der Schwerpunkt liegt auf Unternehmen in den Sektoren Biotechnologie/Pharma, Hanf und Cannabidiol (CBD). Der ETF-Anbieter Rize ETF selbst sieht sich als Europas erster themenbezogener ETF-Spezialist. Unternehmensziel ist es, herkömmliche Denkweisen herauszufordern und Anlegern einen unkomplizierten Zugang zu den bahnbrechendsten Megatrends zu bieten, die unseren Planeten prägen. Dazu wird auch der Cannabis-Markt gezählt.

Rize Medical Cannabis and Life Sciences UCITS ETF
WKN A2PX6U
ISIN IE00BJXRZ273
Emissionstag 12. Februar 2020
Produkttyp ETF
Emittent Rize ETF
Sitz London
www rizeetf.com/de


Großes Potenzial?

Wenn sich Anleger dazu entschließen, ihr Geld in Cannabis-Investments zu stecken, muss ihnen klar sein, dass die Papiere starken Kursschwankungen unterworfen sind. Dies wurde im Zuge der jüngsten Aufschwungphasen rund um die Wahl Joe Bidens zum 46. US-Präsidenten und die von einigen Reddit-Usern in Diskussionsforen im Internet ausgelösten Übertreibungen deutlich. Auf starke Kursrallyes folgten bei Titeln wie Canopy Growth (WKN: A140QA / ISIN: CA1380351009) oder Tilray (WKN: A2JQSC / ISIN: US88688T1007) auch schnell wieder deutliche Kursrücksetzer.

Allerdings sehen Marktexperten auch viel mittel- bis langfristiges Potenzial. Cowen-Geschäftsführerin Vivien Azer sagte gegenüber Yahoo Finance, dass Sie damit rechnet, dass die Branchengrößen im Cannabis-Bereich ihre Umsätze jährlich ab 16 Prozent bis in den hohen 20er-Prozentbereich steigern könnten. Diese Wachstumsraten seien deutlich höher als sämtliche Werte aus den Bereichen Getränkeindustrie oder Tabak, die bei Cowen analysiert werden.

Cannabis-Markt mit Wachstumspotenzial

Laut Cowen lag das Volumen des legalen Cannabis-Marktes in den USA 2020 bei rund 11 Mrd. US-Dollar. Bis 2030 wird dank eines durchschnittlichen jährlichen Zuwachses um 16 Prozent mit einem Anstieg auf rund 49 Mrd. US-Dollar gerechnet. Wenn man auch noch den Gesundheitsmarkt und die illegalen Geschäfte einbezieht, würde laut Schätzungen im Jahr 2030 sogar die Marke von 100 Mrd. US-Dollar geknackt werden. Das größte Problem bleibt jedoch die fehlende bundesweite Legalisierung.

Welches Potenzial diese hätte, zeigt ein von Kim Rivers, CEO beim US-Cannabisunternehmen Trulieve, gegenüber Yahoo Finance angeführtes Beispiel. Demnach hätte die Legalisierung von Cannabis die Abschaffung einiger Steuern auf Bundesebene, mit denen „legale“ Geschäfte nicht behaftet seien, zur Folge. Im Fall von Trulieve wäre die Steuerlast auf diese Weise im Jahr 2020 von 105,3 Mio. US-Dollar um mehr als 60 Mio. US-Dollar niedriger ausgefallen.

FAZIT

Das Thema Cannabis ist seit vielen Jahren fester Bestandteil der Diskussion um Zukunftsmärkte und Megatrends. Allerdings sind wir weit von einer umfassenden weltweiten Legalisierung entfernt. So ist es auch zu erklären, dass die Aktien von Branchenvertretern teilweise deutlichen Schwankungen unterworfen sind und für die Aktiendepots von auf Sicherheit bedachten Anlegern kaum geeignet sind. Spekulanten dürften weiterhin viel Freude an den entsprechenden Titeln haben. Welche Dimensionen diese Spekulationen annehmen können, wurde im Zuge der Kursrallye zu Jahresbeginn deutlich, als Cannabis-Werte, ähnlich wie Gamestop und andere Titel, Teil der von Reddit-Usern ausgelösten Übertreibungen rund um “Meme-Stocks” waren.

Wer als Anleger vom Erfolg der Cannabisindustrie überzeugt ist, könnte auch einen Blick auf das Vontobel Open End Partizipationszertifikat auf den „Der Aktionär North America Cannabis Select 10 Performance-Index“ (WKN: VE21CB / ISIN: DE000VE21CB3) werfen.

Bildquelle: Pixabay / herbalhemp