Rüstungswerte: Eine Frage der Moral?

(Bildquelle: Pressefoto Rheinmetall)

Die einen setzten, wie selbstverständlich, weiterhin auf den Erfolg von Waffenherstellern. Insbesondere jetzt, da diese von Kriegen und höheren Rüstungsausgaben profitieren. Andere verweisen auf eine moralische Verantwortung, die solche Investments, aktuell noch stärker als in Zeiten des Friedens, ausschließen sollte.

Wenn der Deutsche Bundestag an einem Sonntag zusammenkommt, muss es sich um eine ganz besonders wichtige und dringende Angelegenheit handeln, derer sich die Abgeordneten annehmen müssen. Am 27. Februar 2022 war eine solche Gelegenheit gekommen. Tatsächlich sollte es sich um eine Sitzung handeln, die in die Geschichte eingehen dürfte. Im Mittelpunkt stand die Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz. Es ging nicht nur darum, den russischen Einmarsch in die Ukraine zu verurteilen, sondern auch um die Darlegung einer deutschen Antwort.

Steigende Rüstungsausgaben

Diese Antwort hatte sofort auch Konsequenzen für die Börsen. Aktien von Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall oder Hensoldt kletterten steil in die Höhe. Schließlich hatte Bundeskanzler Scholz ein Sondervermögen für die Bundeswehr im Volumen von 100 Mrd. Euro angekündigt.

Das Geld ist unter anderem für neue Rüstungsvorhaben vorgesehen. Damit nicht genug. In Zukunft will die Bundesregierung das NATO-Ziel, von Ausgaben in Höhe von mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung, Jahr für Jahr einhalten.

Darüber hinaus werden auch andere europäische Staaten ihre Rüstungsausgaben als Reaktion auf den Russland-Ukraine-Krieg erhöhen. Auf diese Weise dürfte die Nachfrage bei vielen Rüstungskonzernen angekurbelt werden. Ein Umstand, der auch Anlegern nicht verborgen geblieben ist. Es stellt sich aber auch die Frage, ob diese überhaupt auf Rüstungswerte setzen sollten.

Wichtige Argumente

Diese moralische Frage muss jeder Anleger für sich selbst beantworten. Dabei sollte das Argument, dass solche Investments ausgerechnet jetzt, also in Zeiten des Krieges in Europa, vermieden werden sollten, kein großes Gewicht erhalten.

Schließlich reicht ein Blick in die Geschichte, dass fast zu jeder Zeit irgendwo auf der Welt Kriege oder Konflikte militärisch ausgetragen wurden. Es stellt sich also eher die Frage, ob solche Investments allgemein getätigt werden sollten. Ein wichtiges Argument, das Befürworter solcher Investments anführen, ist der Umstand, dass sich auch Demokratien verteidigen und Despoten entgegentreten müssen.

In diesem Fall dienen die deutschen Waffenkäufe und höhere Rüstungsausgaben gewissermaßen einem höheren Ziel. Allerdings kaufen nicht nur „lupenreine Demokraten“ Waffen. Viel zu häufig landen diese in den Händen von Diktatoren oder in Kriegsgebieten. Zudem waren Rüstungsunternehmen in der Vergangenheit auch das ein oder andere Mal für Bestechungsskandale anfällig.

Bildquelle: Pressefoto Rheinmetall

Verschiedene Blickwinkel

So ist es auch zu erklären, dass Investments in Rüstungsunternehmen im Rahmen der Bewertung von Aktien oder Finanzprodukten unter ESG-Gesichtspunkten („Environment, Social, Governance“, Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) häufig herausfallen.

Ähnlich wie wir es nun im Fall der Atomkraft sehen konnten, obliegt es jedoch den handelnden Personen in Politik und Wirtschaft sowie dem Zeitgeist, was als nachhaltig gilt. Die EU-Kommission hatte Kernkraft und Gas unter bestimmten Voraussetzungen als nachhaltig klassifiziert. In Bezug auf Gas dürfte man nun noch einmal darüber nachdenken. Für die Klassifizierung der Kernkraft als nachhaltig dürften dagegen der Russland-Ukraine-Krieg sowie die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen neue Argumente geliefert haben.

Auch in Bezug auf die Einschätzung zu Investments im Rüstungsbereich dürften der Russland-Ukraine-Krieg sowie die Sorgen vor einer Ausweitung des Konfliktes über die Ukraine hinaus die Grenzen des moralisch akzeptablen verschoben haben. Davon könnte Rüstungsunternehmen profitieren.

Rheinmetall diversifiziert

Zu den Rüstungswerten, die zuletzt einen steilen Anstieg erlebten, gehört Rheinmetall (WKN: 703000 / ISIN: DE0007030009). Der Düsseldorfer MDAX-Konzern hatte im Zuge seines Berichts zum Geschäftsjahr 2021 mitgeteilt, sich in der veränderten sicherheitspolitischen Lage aussichtsreich positioniert zu sehen, in Deutschland und in den Partnerländern mit militärischen Produkten eine wichtige Rolle bei der anstehenden Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit zu spielen. So sagte Vorstandchef Armin Papperger: „Mit unseren Produkten werden wir an steigenden Budgets für die militärische Ausrüstung teilhaben. Sicherheit – das zeigt der aktuelle Konflikt – ist die Grundlage für unser Leben in Frieden und Freiheit.“

Entsprechend geht man bei Rheinmetall für 2022 von einem organischen Umsatzwachstum von 15 bis 20 Prozent aus. Die operative Ergebnisrendite soll auf über 11 Prozent steigen. Dabei lief es schon 2021 gut. Das operative Ergebnis stieg um 33 Prozent und erreichte mit 594 Mio. Euro einen Rekordwert. Die operative Marge lag bei 10,5 Prozent, nach 8,3 Prozent im Vorjahr. Wer als Anleger im Fall von Rheinmetall-Investments auch den moralischen Aspekt im Blick behalten möchte, dürfte gerne hören, dass das Unternehmen nicht nur auf Rüstung setzt. Als Zulieferer der Automobilindustrie möchte Rheinmetall von der Elektromobilität profitieren. Darüber hinaus ist das Unternehmen im Bereich Brennstoffzellensysteme tätig.

Prestige-Projekt F-35

Besonders deutlich werden die Auswirkungen der höheren deutschen Rüstungsausgaben wiederum am Vorhaben, den F-35-Kampfjet des US-Rüstungskonzerns Lockheed Martin (WKN: 894648 / ISIN: US5398301094) zu kaufen. Damit soll der als modernstes Kampfflugzeug der Welt geltende Jet den veralteten Tornado ersetzen. Auf diese Weise würde die Bundeswehr auch in der Lage sein, mit ihren F-35-Maschinen US-Atomwaffen zu transportieren. Für Lockheed Martin bedeutet dies eine zusätzliche Nachfrage, mit deren Hilfe der Konzern seinen Titel als größter Rüstungskonzern der Welt verteidigen dürfte. 2021 lagen die Umsatzerlöse bei 67,0 Mrd. US-Dollar. Dabei macht Lockheed vor allem Geschäfte mit dem US-Militär.

Im Rüstungsbereich gibt es jedoch viele weitere Hersteller, die von den steigenden Verteidigungsausgaben profitieren sollten. Die meisten von ihnen haben auch große zivile Bereiche. Zu ihnen zählen allen voran die beiden großen Flugzeughersteller Airbus und Boeing. Dabei ist der Rüstungsbereich im Vergleich zum Gesamtkonzern bei Boeing deutlich größer als beim europäischen Konkurrenten Airbus. Im Geschäftsjahr 2021 setzte Boeing konzernweit 62,3 Mrd. US-Dollar um. Knapp 43 Prozent oder rund 26,5 Mrd. US-Dollar kamen aus dem Segment Defense, Space & Security.

FAZIT

Wer als Anleger bereits in der Vergangenheit kein Problem damit hatte, in Rüstungskonzerne zu investieren, dürfte seine Meinung nach Ausbruch des Russland-Ukraine-Krieges kaum ändern. Schließlich ist es nicht der erste Krieg auf diesem Planeten. Zumal man sich von vornherein klar machen muss, dass die Produkte dieser Unternehmen genau für solche Situationen gedacht sind. Ob der mutmaßliche Kampf um die demokratischen Werte und die dafür benötigte Aufrüstung einen ruhiger schlafen lässt, bleibt einem jedem selbst überlassen.

Mini-Future Long auf Rheinmetall
WKN MD27X2
ISIN DE000MD27X29
Emissionstag 1. März 2022
Produkttyp Hebelzertifikat
Emittent Morgan Stanley

 

Mini-Future Long auf Lockheed Martin
WKN MD1GFT
ISIN DE000MD1GFT4
Emissionstag 27. Januar 2022
Produkttyp Hebelzertifikat
Emittent Morgan Stanley

 

Bildquelle: Pressefoto Rheinmetall