Teures Unterfangen

Bildquelle: Pressefoto Schweizerische Nationalbank

Nun hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) tatsächlich die Interventionsgrenze des Franken im Verhältnis zum Euro von 1,20 CHF aufgegeben. Naturgemäß haben die Märkte darauf mit einem Schock reagiert. Gleichwohl spielt es für mich eine eher untergeordnete Rolle, auf welchem Niveau sich der Wechselkurs des Franken in den kommenden Tagen etablieren wird. Immerhin ist es der SNB gelungen, seit Herbst 2011 den von ihr gewünschten Wechselkurs standhaft zu verteidigen – damals und zuletzt im Dezember 2014 hatte die Nationalbank immer wieder betont, sie werde ausländische Valuten (notfalls in unbegrenzter Höhe) kaufen, um dieses Ziel zu erreichen. Damals sprach ich von einem schweren Sündenfall (vgl. HIER), zumal sich seinerzeit keine andere Zentralbank finden wollte, die die SNB in ihrem Vorhaben unterstützte. Psychologisch gesehen war dies ein riesiges eskalierendes Commitment, das über die Jahre mit einer massiven Erhöhung der Währungsreserven einherging. Diese erfahren nun mit der gestrigen Entscheidung der SNB eine kräftige Abwertung, die sie Milliarden Franken kosten wird.

Auf den ersten Blick dürfte sich die SNB mit der Aufgabe der Interventionsgrenze einen massiven psychologischen Vertrauensverlust eingehandelt haben. So stellte sich mancher Händler in einer ersten Reaktion die Frage, ob denn die Zentralbank völlig die Kontrolle über das Marktgeschehen verloren habe, wenn sie so heftig reagiere. Wie stünde es in einer vergleichbaren Situation um das Versprechen der Europäischen Zentralbank, für die Stützung des Euro alles Erdenkliche zu tun? – Ein Gedanke, der in diesem Augenblick so manchem Devisenhändler durch den Kopf gegangen sein mag.

Die Kapitulation

Bei genauerem Hinsehen kann man sich natürlich auch darüber streiten, ob angesichts eines bevorstehenden quantitativen Lockerungsprogramms der EZB, das mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit den Euro weiter geschwächt hätte, ein stures Festhalten am 1,20er Interventionskurs tatsächlich sinnvoll gewesen wäre. Wenn mancher Kommentator nun von einer Kapitulation der SNB spricht, hat er natürlich Recht, denn mit der Aufgabe des Interventionskurses entstehen nach dem Anstieg der Währungsreserven auf zuletzt (Oktober 2014) mehr als 500 Milliarden Franken mit einem Schlage riesige (Buch)verluste…

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GoldbergEin Beitrag von Joachim Goldberg.

Er beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein. Seitdem setzt er sich intensiv mit der ”Behavioral Finance” genannten verhaltensorientierten Finanzmarktanalyse auseinander.
Joachim Goldberg schreibt regelmäßig auf seinem Blog www.der-goldberg.de.

Bildquelle: Pressefoto Schweizerische Nationalbank