Nach dem „Betty Power“-Deal: William Hill Aktie fällt weiter

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Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die britischen Wettunternehmen „Paddy Power“ und „Betfair“ fusionieren. Das Ganze schlug hohe Wellen an der Börse. Die Aktie des Konkurrenten William Hill, die derzeit ohnehin auf dem absteigenden Ast ist, fiel sofort um weitere 3%. Der englische Branchenriese und bisherige Marktführer möchte nun möglicherweise auf den deutschen Markt zurückkehren, von dem er sich 2012 zurückgezogen hatte.

Im Konzert der Großen Wettanbieter gibt es gerade großes Stühlerücken: Es geht darum, wer in Zukunft die erste Geige spielen wird. In der letzten Woche erregten die Branchenriesen Betfair und Paddy Power Aufsehen, weil sie eine Fusion planen. Überraschend gaben die Unternehmen am Mittwoch bekannt, dass sie sich über den Zusammenschluss bereits einig sind. Der Umfang des Deals beträgt rund sieben Milliarden Euro. Die beiden Anbieter hoffen, mit einem gemeinsamen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro zum größten Online-Glücksspiel-Konzern aufsteigen zu können und den bisherigen Branchenprimus William Hill von der Pole Position zu verdrängen.

Die Börse reagierte umgehend auf den angekündigten Deal: Die William-Hill-Aktie fiel um satte 3%. Auch der Konkurrenz von Ladbrokes musste einen Knick im Aktienkurs hinnehmen. Ungeachtet dessen möchten die Engländer von William Hill wohl wieder auf den deutschen Sportwetten-Markt. Hier hatte man sich zurückgezogen, nachdem zum 1. Juli 2012 eine Wettsteuer von 5% eingeführt worden war. Genauso radikal hatte seinerzeit Betfair reagiert und hatte Kunden aus Deutschland ausgeschlossen. Das Unternehmen war allerdings kaum ein Jahr später wieder zurückgekehrt. William Hill soll jetzt Interesse angemeldet haben, am offiziellen Lizensierungsverfahren für den deutschen Markt teilnehmen zu wollen.

Online-Glücksspiel: Lizenzvergabe in Deutschland hakt

Der Hintergrund ist folgender: Online-Sportwetten war in Deutschland lange Zeit illegal. Wetten durften nur beim staatlichen Anbieter Oddset abgeschlossen werden. Seit 2011 hat sich die Lage verändert: Anbieter, die eine Lizenz für den deutschen Raum erworben haben, dürfen Online-Wetten ganz legal anbieten. Der neue Glücksspielstaatsvertrag ließ den Bundesländern zwar das staatliche Lotto-Monopol, zwang sie aber, private Wettbewerber auf den Markt zu lassen. Dass man als solcher nun nicht mehr mit einer Lizenz aus dem Glücksspiel-Paradies Malta in der rechtlichen Grauzone operieren konnte, passte vielen Glücksspiel-Konzernen nicht in den Kram, weil natürlich alles teurer wurde. Deshalb zogen sich mit Betfair oder William Hill zwei ganz Große von den Sportwetten zurück. Der deutsche Wett-Markt boomt allerdings inzwischen, und erfolgreiche Anbieter wie Tipico zeigen, dass er auch für Private ein absolut lohnenswertes Geschäft ist.

Die Vergabe der Lizenzen funktioniert noch nicht richtig. Es gibt Streit, weil es eine Höchstzahl von 20 Zulassungen geben soll, und Bewerber, die nicht erfolgreich waren, sich durch Klagen gegen die Regulierung wehren. Das kostet die Behörden Kraft, Zeit und Geld. Das Bundesland Hessen, das 2012 im Rahmen der Änderung des Glücksspielstaatsvertrages von den anderen Bundesländern den Auftrag erhalten hatte, die Lizenzen zu vergeben, plädiert deshalb für eine neue Regulierung der Lizenzvergabe. Darauf spekuliert auch William Hill und würde sich im Falle des Falles wohl bewerben.

„Betty Power“: Alles begann mit einem Scherz

Um zu wenig Konkurrenz brauchen sich die Engländer jedenfalls nicht zu sorgen: Die Fusion von Paddy Power und Betfair ist eine gewaltige Kampfansage, die für großes Aufsehen sorgt, auch weil die Ankündigung völlig überraschte. Dabei war das ganze am Anfang nur ein kleiner Scherz: Als sich im Juli die Konkurrenten Ladbrokes und Gala Coral ebenfalls auf einen milliardenschweren Zusammenschluss einigten, reagierten die Iren von Paddy Power mit einem Tweet, der verkündete, man schließe sich mit Betfair zusammen und würde sich dann „Betty Power“ nennen. Da hätte die Social-Media-Abteilung wohl mal besser ganz oben nachgefragt, was eigentlich die Pläne des Unternehmens vorsehen, denn nur ein paar Wochen später kommt es tatsächlich zu dem Deal. Den Spitznamen „Betty Power“ hat sich das neue Unternehmen durch den PR-Fehltritt – ob absichtlich oder nicht – damit schon einmal gesichert, auch wenn man offiziell ganz langweilig „Paddy Power Betfair“ heißen will.

Dabei ist der „Betty Power“-Deal nur die bisherige Spitze des Eisbergs. Der Online-Wettmarkt ist zurzeit in ständiger Unruhe. Ladbrokes und Gala Coral hatten sich erst im Juli zu einem neuen 3,1 Milliarden Euro schweren Giganten zusammengeschlossen. Zudem steht der österreichische Anbieter bwin.party derzeit in Verhandlungen mit dem Glücksspiel-Portal 888poker.com für eine Übernahme. Im Gespräch sind rund 1,5 Milliarden Euro. Die Briten liefen sich hierbei offenbar ein Wettbieten mit der Konkurrenz von GVC.

Je größer, desto besser – Online-Glücksspiel-Szene im Konsolidierungswahn

Die plötzliche Konsolidierungswelle unter den Online-Wettanbietern liegt zum einen an einer Entwicklung der Kundennachfrage weg von den klassischen Wetten auf Renn-Ausgänge hin zu Sportwetten. Zudem verlagert sich das Online-Wetten immer mehr auf mobile Endgeräte. Als letzten und womöglich wichtigsten Grund für die Zusammenschlüsse kann man wohl die allerorts stärker werdenden Regulierungen und steuerlichen sowie rechtlichen Schranken anführen, die den Wettanbietern das Leben schwer machen. Umso größer ein Konzern ist, desto mehr profitiert der Gewinn natürlich von den eingespielten Mechanismen, die an diesen Regulationen vorbei das Geschäft am Laufen halten sollen.

Wie verrückt es derzeit bei den Wettunternehmen und ihren zugehörigen Aktionären an der Börse zugeht, zeigt das Beispiel bwin.party. Um die Österreicher gab es schon im vergangenen November Übernahme-Gerüchte: Die Amaya Gaming Group aus Kanada sollte ein Auge auf den Sportwettenanbieter geworfen haben. Viele Investoren spekulierten auf einen Deal und versuchten den Aktienwert zu erhöhen – was auch klappte. Es passierte allerdings nichts und der Kurs viel wieder. Im Februar stieg die Aktie mit einem Mal um knapp 5 Prozent. Grund dafür war bizarrerweise ein Übernahmegerücht von William Hill an 888poker.com – ein Deal hier würde den anderen begünstigen, so wohl die Denke der Aktionäre. Auch dieses Geschäft kam nicht zustande, und mittlerweile buhlt, wie beschrieben, 888poker.com selbst um die Übernahme an bwin.party. In diesem Wirrwarr noch den Überblick zu behalten, ist alles andere als einfach. Klar ist nur, dass bei den Online-Glückspiel-Konzernen inzwischen die Maxime gilt: Je größer, desto besser.

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