Ist E.ON wirklich so ein schlechtes Investment?

Derzeit werden die beiden großen Versorger RWE und E.ON an den Börsen gemieden, wie sonst aktuell nur rohes Gemüse. Besonders E.ON wird wegen seines hohen Atomstromanteils von den Anlegern im großen Stil verkauft. Schließlich sieht man den Konzern auf dem absteigenden Ast. Nach dem Atomausstieg verdiene der Konzern ja kein Geld mehr und überhaupt seien die großen Versorger ja sowieso bald verschwunden. Das Energiegeschäft der Zukunft liege bei den Stadtwerken und den kleinen privaten Versorgern im Bereich Erneuerbare Energien, so hört man allenthalben.

[ad#Google Adsense XL-links]Nach aktuellen Regierungsentwürfen will man bis 2020 auf 35% Erneuerbare Energien kommen. Dabei bleibt man bei den restlichen 65% aber nur in dem Punkt klar, dass Kernkraftwerke bis dahin so gut wie keine Rolle mehr spielen sollen – der vollständige Ausstieg muss bis 2021/22 erfolgen – so zumindest das aktuelle Datum. Statt mit Uran will man einen Großteil der Energie durch Verfeuerung fossiler Brennstoffe, also Stein- und Braunkohle sowie Erdgas, erzeugen. Besonders Erdgas wird dabei eine rosige Zukunft zugestanden, da diese Kraftwerke sehr flexibel gesteuert werden können.

Auf Schwankungen bei Wind und Sonne kann so am ehesten reagiert werden. Dabei treten jedoch zwei kaum genannte Probleme auf: Zum einen benötigt man genügend “Schattenkraftwerke” um die Erneuerbaren Energien als zuverlässige Energieträger abzusichern. Wie hoch das Verhältnis genau sein muss, ist derzeit nicht abzusehen, aber 20 Prozent oder mehr muss man sicherlich einkalkulieren. Zum anderen muss man sicherstellen, dass die ebenfalls zur Nutzung vorgesehene Wärme auch dann produziert wird, wenn sie gebraucht wird. Schließlich sind Gaskraftwerke nur durch die parallele Nutzung der Abwärme von der Energiebilanz so positiv bewertet. Sollten also aufgrund eines windreichen Wintertags ein Gaskraftwerk so gut wie nicht zum Einsatz kommen, müssen sie dennoch die Fernwärme an die angeschlossenen Haushalte liefern. Es sei denn diese Wärme kommt von woanders her. Dann kann das Argument mit dem hohen Wirkungsgrad aber nicht greifen. Doch weg von der Technik hin zum Energieträger Gas und zu E.ON.

Der mit Abstand größte Gasversorger in Deutschland ist die E.ON-Tochter E.ON Ruhrgas. Von daher wird der Konzern von der Entwicklung hin zum Erdgas besonders stark partizipieren. Schaut man sich die derzeitigen Konzernprognosen (Seite 43) an, wird deutlich, dass bis 2013 die rückläufigen EBITDA-Beiträge im Bereich konventioneller Energieträger durch die Steigerungen im Gasgeschäft kompensiert, wenn nicht gar überkompensiert werden. Dabei sind in dieser Berechnung die angestrebten Gaskraftwerke in der Menge noch garnicht gebaut. Schaut man auf die Herkunft des Gases wird die künftige Dominanz Russlands deutlich. Nordseegas steht zwar noch Verfügung, aber mit den sinkenden Ölvorräten, geht auch das Gasvorkommen mehr und mehr zur Neige. Die deutschen Vorräte werden aber noch deutlich schneller am Ende sein. Flüssiggas (LNG) spielt in Deutschland mangels passender Terminals noch keine Rolle. So oder so liegen die größten Gasvorkommen in Russland, weshalb der Marktanteil von Gas aus Russland von derzeit rund einem Viertel sicher bald nach oben schnellen dürfte. Diese Entwicklung wird zumindest in Russland bereits klar gesehen, denn nicht umsonst hat Gazprom Interesse an einer Beteiligung und/oder Partnerschaft mit E.ON bzw. Ruhrgas. Auch die Beteiligungen von E.ON an den strategisch wichtigen Russland-Pipelines Nord Stream bzw. South Stream sind vor diesem Hintergrund als höchst sinnvoll zu bewerten.

[ad#Google Adsense L-rechts]Skeptiker für dieses Vorgehen werfen an dieser Stelle geostrategische Erwägungen ein, die bislang seitens der Politik noch nicht durchdiskutiert wurden. (Näheres dazu in Zettels Raum) Dennoch muss man auch feststellen, dass die unter Kanzler Schröder gemachte Hinwendung zu Russland und seinen Gasvorkommen auch nun fortgesetzt werden. Der mMn sehr wahrscheinliche Aufstieg von Schröder in den Gazprom-Aufsichtsrat macht dies nur um so logischer. Darüber hinaus sei an dieser Stelle auch ein Hinweis auf die “Dreizehn Energiewende-Märchen” von Günter Keil gegeben. Die darin kritisierten Elektroauto-Phantasien sollten auch einmal unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, dass Daimler und Linde eher auf Wasserstoffbetankte Brennstoffzellen-Autos setzen, denn auf den Batteriebetrieb und damit extern erzeugte Energie. Wobei das jetzt wieder ein anderes Thema wäre.

Zurück zu E.ON und den Kurschancen. E.ON dürfte das verlorene Geschäft mit deutschen Kernkraftwerken recht bald durch Gasverkäufe (über-)kompensiert haben. Nur die Anleger trauen dem Braten noch nicht so Recht. Das Kursniveau hat mittlerweile fast das langjährige Tief vom März 2009 erreicht und dürfte von daher nicht auf Dauer in diesem Bereich bleiben. Die breite Aufstellung des Konzerns sichert die Gewinne nach unten ab, weshalb eine Bodenbildung immer wahrscheinlicher wird.