DAX Charttechnik: Kampf um‘s Geld

Nachdem EZB-Chef Mario Draghi in der vergangenen Woche die große „Geldkeule“ geschwungen hat, steht in dieser Woche bereits der nächste Schlagabtausch auf dem Programm. Denn am Mittwoch (12. September) wird neben dem richtungsweisenden Urteil des Verfassungsgerichtes auch der Vorschlag von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zur europäischen Bankenunion erwartet. Im Kern geht es bei allen Diskussionen aber schlichtweg um ein Thema: Wer muss den Schuldenberg tragen, wenn es tatsächlich einmal hart auf hart kommt. Aus Karlsruhe werden wohl keine Überraschungen erwartet. Das höchste der Gefühle dürfte ein „Ja, aber …“ sein, das den Verfassungsrichtern über die Lippen kommt. Und so dürfte Karl Albrecht Schachtschneider auch diesmal mit leeren Händen aus der württembergischen Metropole abreisen. Der bekannte Staatsrechtler hatte bereits gegen den EU-Vertrag von Maastricht und Lissabon geklagt und legte auch gegen die Griechenland-Hilfen Beschwerde ein. Soviel Engagement in allen Ehren – genützt hat es dennoch nicht viel.

Im Grunde wird es den Verfassungsrichtern nur darum gehen, dass die Bundesregierung keinen „Blankoscheck“ ausstellt. Was strenggenommen aber bereits Mario Draghi getan hat. Denn erinnern wir uns: Als größtes Euro-Land steht Deutschland mit knapp 27 Prozent für die Schulden der EZB gerade. Man muss nun nicht gerade Mathematik studiert haben, um zu erkennen, was es bedeutet, wenn der EZB-Chef – selbstverständlich völlig unabhängig – unbegrenzte Käufe von Staatsanleihen verkündet.

Eine „kleine“ Hürde gibt es allerdings auch bei Draghi, denn um in den Genuss der Europäischen Geldkanonen zu kommen, muss sich das Land den Richtlinien des Rettungsfonds ESM unterwerfen. Das bedeutet „unpopuläre“ Sparmaßnahmen und „lästige“ Troika-Besuche. Es kann also durchaus sein, dass Draghi unbegrenztes Geld verspricht, dieses aber niemand in absehbarer Zeit abrufen wird. Das Prozedere weckt Erinnerungen an die Merkel-Steinbrück-Show in Zeiten der Finanzkrise und die Aussage, dass die Einlagen der deutschen Sparer sicher seien.

Die Anleger schenken den Rettungsmaßnahmen daher nur wenig Vertrauen und greifen in dieser Woche wieder beherzter auf der Baisse-Seite zu. Im DAXDaytrading hatten wir auch einen Short-Einstieg bei 7.230 Punkten auf dem Programm, wurden aber ärgerlich ausgestoppt, als der Sicherheitsstop auf Break-Even nachgezogen wurde. Wir liebäugeln für den nächsten Versuch mit dem Niveau rund um die 2007er-Abwärtstrendgerade, die derzeit zwischen 7.300 und 7.400 Punkten verläuft. Dabei sind wir aber nur sehr kurzfristig ausgerichtet, denn trotz der schon sehr beachtlichen Erholung lassen sich auch Argumente für die Long-Seite finden. Neben dem „wieder“ negativen Sentiment dürfte gerade der kostenlose EZB-Sicherheitsstop manch einen Investor überzeugen. Klar, Verluste durch Kursschwankungen lassen sich nie ganz verhindern, doch zumindest hat man als Optimist die Währungshüter mit ihren Geldkanonen auf seiner Seite, die den Markt schon früher oder später stützen werden. Interessant ist auch das Volumen, das sich nach der EZB-Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag deutlich erhöht hatte. Auf dem Parkett scheint man also die Lust am Spekulieren verloren zu haben und wartet lieber ab bis harte Fakten vorliegen. Allerdings hat sich in diesem Jahr nur allzu oft gezeigt, dass die Party genau dann vorbei war, als man die Katze aus dem Sack gelassen hat. Zur nächsten Ausgabe sind wir schlauer.

Sebastian Hoffmann ist Trading-Analyst bei Prime Quants. Dort ist er vor allem für die Intraday-Analysen, die Handelssysteme und die Trading-Services verantwortlich.