Ettore Bugatti: „Wenn es einen Vergleich gibt, ist es nicht mehr Bugatti.“

Wann immer es um die Kombination von Geschwindigkeit und Luxus geht, führt an Bugatti kein Weg vorbei. Der Name steht für die erfolgreichsten Rennwagen sowie die edelsten und besten Sportwagen ihrer Zeit.

(Bildquelle: Pressebilder Bugatti)

Wann immer es um die Kombination von Geschwindigkeit und Luxus geht, führt an Bugatti kein Weg vorbei. Der Name steht für die erfolgreichsten Rennwagen sowie die edelsten und besten Sportwagen ihrer Zeit. Die heutige Supersportwagenschmiede des VW-Konzerns blickt auf eine schillernde und sehr bewegte Geschichte zurück. Inzwischen schreibt das Unternehmen mit jedem neuen Fahrzeug erneut Geschichte, getreu dem Leitspruch von Gründer Ettore Bugatti: „Art, Forme, Technique“.

Das Credo der Marke Bugatti beruht ganz auf der Persönlichkeit seines Gründers Ettore Bugatti. Aus einer Künstlerfamilie stammend, waren automobile Eleganz und Formensprache sowie das Überwinden technischer Grenzen ihm immer ein Anliegen. Der 1881 in Mailand geborene Ettore folgte zunächst dem familiären Vorbild und ging auf die Kunstakademie in Mailand. Doch das Interesse an Automobiltechnik war größer.

Die Anfänge

Mit 17 begann er in der Gießerei des italienischen Kleinmechanikunternehmens Prinetti & Stucchi zu arbeiten. Dank der dort erlernten Fähigkeiten konnte Ettore den ersten eigenen Wagen, den Typ 2, konstruieren. Die Lizenz für dessen Bau wurde an die Firma De Dietrich im elsässischen Niederbronn verkauft, wohin Bugatti mit 20 als Konstrukteur wechselte. Nach zwei weiteren Stationen in Illkirch und in Köln folgte 1909 der Umzug ins elsässische Molsheim. Dort machte sich der inzwischen verheiratete Familienvater in einer stillgelegten Färberei selbständig und es begann die einzigartige Erfolgsgeschichte. Bis zum Zweiten Weltkrieg baute Ettore Bugatti zahlreiche Automodelle: angefangen von kleinen und schnellen Sportwagen bis hin zu den edelsten Luxuslimousinen der Welt.

Der erfolgreichste Rennwagen der Welt

Der Type 13 war das erste, vollständig unter dem Namen Bugatti, verkaufte Fahrzeug. Bis zum Ersten Weltkrieg wurden jedoch nur 435 Stück gebaut. 1919 begann dann der motorsportliche Aufstieg von Bugatti mit dem Type 35. Dieser gehört zu den erfolgreichsten Rennwagen aller Zeiten. Und das zu Recht: Über 2.000 Siege fuhr der offene, 750 kg schwere Sportwagen zwischen 1924 und 1930 ein.

Der Bugatti Type 35 gehört zu den erfolgreichsten Rennsportwagen aller Zeiten. (Bildquelle: Pressebilder Bugatti)

Das beruhte auf einer technischen Meisterleistung: Erstmals setzte Bugatti einen zweifach rollengelagerten und dreifach kugelgelagerten Kurbelbetrieb ein – die Kurbelwelle gilt heute noch als Meisterstück der Ingenieurskunst. Sie ließ sie mit bis zu 6.000 U/min drehen, um die acht Kolben in dem nur anfangs 2,0 Liter großen Motor zu bewegen. Durch unter anderem zwei statt einem Vergaser stieg die Leistung auf rund 95 PS, die Kraftübertragung erfolgte über eine nasse Mehrscheibenkupplung. Mit dem Antrieb fuhren die ersten Type 35 über 190 km/h. Neben der hohen Leistung zeichneten sich die Triebwerke vor allem durch ihre Zuverlässigkeit und Langlebigkeit aus.

Ettore Bugatti erkannte schon Anfang der 1920er-Jahre, dass viel Leistung zwar hilft, doch in einem schweren Auto wenig bewirkt. Also setzte er damals kompromisslos wie kein Zweiter im Motorsport auf Leichtbau und bestmögliche Fahrbarkeit. Insgesamt baute Bugatti rund 340 Fahrzeuge des Type 35, die genaue Produktionszahl lässt sich nicht mehr genau bestimmen. 1931 löste der Nachfolger Type 54 den Type 35 ab. Viele Fahrzeuge wurden noch jahrelang bei Rennen eingesetzt, modifiziert und umgebaut. Nur wenige sind heute noch erhalten. Diejenigen, die einen Type 35 besitzen, können sich glücklich schätzen. Ettore Bugatti nannte es so: „Der Type 35 war der Stammvater einer Zucht von reinrassigen Rennpferden aus Molsheim – ein echter Vollblüter.“

Die königliche Ikone

Bugatti träumte schon als junger Mann davon, den stärksten und luxuriösesten Serienwagen der Welt zu bauen. Dafür konstruierte Ettore 1926 einen knapp 15 Liter großen Reihenachtzylinder mit obenliegender Nockenwelle, bei dem Motorblock und -kopf ein monolithisches Ganzes bildeten. Der Serienmotor des sagenumwobenen Type 41 „Royale“ hatte schließlich 12,7 Liter Hubraum mit damals für Bugatti üblichen drei Ventilen pro Zylinder. Bei weniger als 2.000 Umdrehungen pro Minute entwickelte der Motor ca. 300 PS. Auch die Maße des Royale sind mit einer Länge von etwa 6,50 Meter und einem Radstand von 4,30 Meter wahrhaft königlich.

Der Bugatti Type Royal sollte an Könige verkauft werden, wegen der Weltwirtschaftskrise scheiterte dieser Plan jedoch. (Bildquelle: Pressebilder Bugatti)

Der Type 41 wiegt ca. drei Tonnen und sein Tank hat eine Kapazität von 190 Litern. Der Royale stellte am Ende alle anderen Automobile an Leistung, Größe, Komfort, Qualität und Eleganz in den Schatten. Als Krönung zierte den Kühler eine Elefantenskulptur, die Ettores Bruder, der Künstler Rembrandt Bugatti geschaffen hat. Einen Haken hatte die Geschichte jedoch: Der Plan, eine Gesamtauflage von ca. 25 Stück zu bauen und den Royale an Könige und Staatsoberhäupter zu verkaufen, scheiterte aufgrund der Weltwirtschaftskrise. So wurden am Ende nur sechs Fahrzeuge gebaut, die jedoch auch heute noch den Inbegriff des automobilen Luxus darstellen.

Design und Kreativität

Bugattis Kreativität kannte keine Grenzen. Nachdem er 1931 mit einem Entwurf die Ausschreibung für einen neuen Hochgeschwindigkeitszug in Frankreich gewann, stattete er ihn mit nicht benötigten Royale-Motoren aus. Der als Schienenbus konzipierte Bugatti-Triebwagen war zwischen 1933 und 1958 in Frankreich in Betrieb. Weitere Ideen entwickelte er für Flugzeuge und andere Verkehrsmittel. Die Entwürfe, die heute keineswegs mehr futuristisch anmuten, sind zum Teil der heutigen Realität sehr nahe. Der elegante Tourenwagen Type 57 war das automobile Erfolgsmodell in den 1930er Jahren. Mit etwa 700 verkauften Fahrzeugen sollte dieser Fahrzeugtyp sein letzter großer wirtschaftlicher Erfolg werden.

Die Kriegswirren und die Folgen

Trotz der großen Erfolge im Rennsport mit dem Sieg in Le Mans 1939, setzte der Tod des ältesten Bugatti-Sohns Jean und kurze Zeit später der Beginn des Zweiten Weltkriegs dem Erfolg von Bugatti ein Ende. Zwar hatte sich Ettore neben dem Automobilbau auch anderen Verkehrsmitteln gewidmet. Doch in den Kriegswirren ging viel Wissen und Technik verloren. Versuche, die Produktion nach 1945 wieder aufzunehmen, scheiterten. Zwei Jahre später starb Ettore und die Führung des Unternehmens ging an seinen zweiten Sohn Roland über.

In den 1950er Jahren gab es zwar viele Ideen, doch keine setzte sich durch. Stattdessen fokussierte sich das Unternehmen auf Reparaturen und Umbauten alter Bugattis, bevor 1963 das endgültige erste Aus von Bugatti folgte. Roland verkaufte das Unternehmen an den französischen Luft- und Raumfahrtkonzern Hispano-Suiza. Die Sammler Fritz und Hans Schlumpf erwarben im gleichen Jahr von Roland Bugatti und den anderen Erben alle restlichen Bugattis, inklusive aller Prototypen, Motoren und Ersatzteile für ihre Kollektion. Diese einzigartige Sammlung ist noch heute erhalten und in der Cité de l’Automobile zu besichtigen.

Von den zu Ettores Lebzeiten rund 7.900 gebauten Fahrzeugen, existieren heute noch etwa 2.000. Die Preise sind dementsprechend gigantisch. Ein Bugatti 57 SC Atlantic ging 2010 für 20 Mio. Euro über den Auktionstisch. Weniger seltene Modelle sind schon für sechsstellige Summen zu haben – sofern sich ein Sammler von seinem historischen Bugatti überhaupt trennt.

Der erste Supersportwagen der Moderne

Einer dieser Sammler ist Romano Artioli. 1987 übernahm er die Markenrechte an Bugatti und gründete die Bugatti Automobili S.p.A. Als Ziel gab er den Bau des ultimativen Sportwagens aus. Dies gelang ihm mit dem Bugatti EB110, der von 1991 bis 1995 gebaut wurde. EB steht für Ettore Bugatti, 110 für dessen 110. Geburtstag. In Campogalliano, in der Nähe des legendären Modena, entstand dazu eine Fertigungsstätte, die bis heute genutzt wird.

Der erste  ultimative Sportwagen war der Bugatti EB110, der von 1991 bis 1995 gebaut wurde. (Bildquelle: Pressebilder Bugatti)

Das von Grund auf neu konzipierte Fahrzeug stand in bester Tradition der historischen Bugattis. Das lediglich 125 Kilogramm leichte Monocoque bestand erstmals bei einem Serienauto aus Carbon. Für die Karosserie kamen Aluminium, Carbon und aramidfaserverstärkter Kunststoff zum Einsatz, die Räder wurden aus Magnesium gegossen, jede Schraube war aus Titan. Als Antrieb für den Supersportwagen wählte Artioli einen 3,5-Liter-V12-Mittelmotor, dem damaligen Formel-1-Reglement entsprechend, mit vier Turboladern und einer Höchstdrehzahl von 8.250 U/min. Je nach Modell und Ausbaustufe leistete das Triebwerk zwischen 560 und 610 PS. Einen V12 mit vier Turbos mit Ladeluftkühlung, Allrad und zwei Differenzialen gab es sonst nicht. Der EB110 fuhr in einer neuen Liga, war eine epochale Entwicklung und der Konkurrenz um Dekaden voraus. Von 0 auf 100 km/h sprintete der EB110 in bis zu 3,26 Sekunden und war damit das schnellste Serienauto seiner Zeit. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 351 km/h, ebenfalls ein Weltrekord für einen Seriensportwagen.

Doch der Markt für Supersportwagen brach Anfang der 1990er Jahre dramatisch ein, die Nachfrage sank drastisch. Bis 1995 entstanden in der Fabbrica Blu in Campogalliano nur rund 96 Stück des EB110 GT und 32 Stück des EB110 Super Sport, davon 2 offizielle Werksrennwagen mit 670 PS. Der ausbleibende wirtschaftliche Erfolg sorgte für das zweite Aus von Bugatti.

Die Hypersportwagen

1998 übernahm der Volkswagen-Konzern die Markenrechte an Bugatti und verhalf in den Folgejahren dem Unternehmen zu einem Neustart. Dazu kam das Unternehmen sogar wieder zurück ins elsässische Molsheim, wo 1909 Ettore Bugatti sein erstes Auto unter eigenem Namen baute.

Der Bugatti Veyron knackte als erstes Serienfahrzeug die Marke von 400km/h. (Bildquelle: Pressebilder Bugatti)

Mit der Eröffnung des Ateliers und der Restaurierung des Château St. Jean begann 2005 in Molsheim eine neue Zeitrechnung – die der Hypersportwagen der Moderne. Mit dem Veyron 16.4 hob Bugatti die Spitze des Automobilbaus in eine neue Sphäre im Bereich Technik, Design, Qualität und Luxus. Der 16-Zylinder-Motor mit vier Turboladern leistete anfangs 1.001 PS und beschleunigte das Fahrzeug auf bis zu 408,84 km/h – Weltrekord für Serienfahrzeuge. Seit Anfang 2015 waren alle der geplanten 450 Veyron verkauft: 300 Coupés (Veyron 16.4 und Super Sport) sowie 150 offene Supersportwagen (Grand Sport und Grand Sport Vitesse).

Der Nachfolger Bugatti Chiron wird seit 2017 gebaut. Der Preis lag bei anfänglich netto 2,5 Mio. Euro. Ein stolzer Preis, doch der Chiron ist der erste Serien-Supersportwagen der Welt, der 1.500 PS mit einem Drehmoment von 1.600 Nm bei 2.000 bis 6.000 U/min enorm effektiv, äußerst sicher und unvergleichlich komfortabel auf die Straße bringt. Das verdankt er seinem legendären einzigartigen W16-8 Liter-Motor, den Bugatti neu entwickelt hat. Bei maximaler Beschleunigung erreicht der Chiron so eine für den Straßenverkehr zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 420 km/h (abgeregelt) im Top-Speed-Modus. Die aktuelle Serienversion des Chiron ist der auf 60 Stück limitierte und 3 Mio. Euro teure Chiron Pur Sport.

Die Zukunft

Der Bugatti Bolide ist nur für die Rennstrecke zugelassen. (Bildquelle: Pressebilder Bugatti)

Die Zukunft von Bugatti dürfte reduziert, roh und authentisch sein. Mit dem technologischen Konzept des Bugatti Bolide präsentierte das Unternehmen die Antwort auf die Frage, was wäre, wenn Bugatti um den ikonenhaften 8,0-Liter-W16-Motor herum ein radikal leichtes Fahrzeug bauen würde. Heraus kam ein rennstreckenorientierter Hypersportwagen mit 1.850 PS und einer 1.240 Kilogramm schweren, auf maximalen Abtrieb getrimmten, minimalen Karosserie. Der Bugatti Bolide erreicht nahezu Formel-1-Werte, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei deutlich über 500 km/h.

Das Markenzeichen

Das Bugatti-Emblem, das sogenannte Macaron, ist gleich geblieben. (Bildquelle: picabay / Tama66)

Neben den bekannten Designlinien gibt es bei Bugatti ein Detail, von dem wahrscheinlich nie abgerückt werden wird. Die Rede ist vom Bugatti-Emblem. Das sogenannte Macaron überzeugt von Anfang an durch 150 Gramm Sterlingsilber, glänzender Emaille und einem 3-D-Effekt. Es prangt an jedem Hufeisenkühler und zeugt von Exklusivität, Luxus, Design und außergewöhnlicher Handwerkskunst. „Es ist eines der ganz wenigen Bauteile an unseren Fahrzeugen, bei dem das Gewicht keine Rolle gespielt hat. Uns ist die massive, aus 970er Sterlingsilber gefertigte und, angesichts der Größe des Emblems, sehr hochwertige Ausführung in diesem Falle wichtiger als ein Leichtbauteil“, erklärte Stephan Winkelmann, Präsident von Bugatti.

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mE-Tipp
Die Cité de l’Automobile im elsässischen Mülhausen ist das größte Automobilmuseum der Welt. Mit der Sammlung der Gebrüder Schlumpf enthält sie zudem eine der größten Bugatti-Sammlungen – 87 Fahrzeuge sind dort zu sehen. Darunter zwei von insgesamt sechs noch existierenden Bugatti Royale.

www.citedelautomobile.com

Buchtipp

Art of Bugatti
Ettore Bugatti war mehr als „nur“ ein Automobilproduzent – seine Autos wurden zu Meilensteinen der Renngeschichte sowie Ikonen des Automobildesigns. Dieser Band erzählt die Geschichte der Legende Bugatti und zeigt vor allem die Eleganz der Marke in rund 300 Abbildungen.

ISBN: 978-3-613-04264-3
79 EUR