Ab dem 31. Oktober 2021 zeigt die Berliner Helmut Newton Stiftung die große Retrospektive „HELMUT NEWTON. LEGACY“. Die Ausstellung sollte ursprünglich anlässlich des 100. Geburtstags des Fotografen eröffnet werden, wurde jedoch aufgrund der aktuellen Situation um ein Jahr verschoben. Neben zahlreichen Bildikonen von Helmut Newton bietet sie auch so manche Überraschung.
Ausstellung zeigt noch nie veröffentlichte Werke
Auf der Ausstellungsfläche im ersten Stock des Museums wird das Leben und das visuelle Vermächtnis des gebürtigen Berliner Fotografen chronologisch nachgezeichnet. Mit etwa 300 Werken, von denen die Hälfte zum ersten Mal gezeigt wird, präsentiert der Stiftungskurator Matthias Harder unbekanntere Aspekte aus Newtons Werk, darunter vor allem seine ungewöhnlichen Modefotografien der unterschiedlichen Dekaden, die den sich wandelnden Zeitgeist widerspiegeln. Abgerundet wird die Präsentation durch Polaroids und Kontaktbögen, mit denen man in der Ausstellung der Entstehung berühmter Motive nachspüren kann, sowie Sonderveröffentlichen, Archivalien und Zitate des Fotografen.

Einer der begehrtesten Fotografen
Helmut Newton wurde im Jahr 1920 in Berlin geboren. Nach seinem Schulabbruch machte er eine Lehre bei der bekannten Berliner Fotografin Yva und eröffnete 1945 ein Fotostudio in Melbourne. Seinen unnachahmlichen Stil fand der Deutsch-Australier im Paris der 1960er-Jahre, etwa mit den Aufnahmen der damals revolutionären Modeentwürfe von André Courrèges. Neben den klassischen Studioaufnahmen arbeitete der Fotograf auch in den Straßen von Paris und inszenierte seine Modelle etwa als vermeintliche Demonstrantinnen oder im Rahmen einer Paparazzi-Story, stets im Auftrag bekannter Modemagazine. Die teilweise engen Rahmenbedingungen und Erwartungen seiner Auftraggeber waren für ihn gleichzeitig ein Anreiz, gegen die traditionellen Darstellungsmodi zu opponieren.

Unzählige Promis vor der Linse
Seit den 1970er-Jahren hatte Newton hingegen nahezu unbegrenzte Möglichkeiten beim Shooting vor Ort, ob per Helikopter am Strand von Hawaii oder in einem Pariser Stundenhotel, wo er Unterwäsche fotografierte und über die Spiegel im Raum stets im eigenen Bild sichtbar blieb. Er galt als der begehrteste und teuerste Mode-, Werbe-, Porträt- und Aktfotograf der Welt. Zu den berühmten porträtierten Prominenten gehören Helmut Kohl, Catherine Deneuve, Liz Taylor, Margaret Thatcher und Romy Schneider.


Am Rand gesellschaftlich-moralischer Grenzen
1976 erschien sein erster Bildband „White Women“, der mit dem Kodak-Fotobuchpreis ausgezeichnet wurde. Im Jahr 2000 erregte Newton mit seinem Sumo-Bildband Aufsehen. Das handsignierte Exemplar Nummer eins erzielte auf einer Charity-Auktion 620.000 DM und brach damit den Rekord für das teuerste Buch des 20. Jahrhunderts. Newton testete immer wieder gesellschaftlich-moralische Grenzen aus und definierte sie mitunter neu. Er verstörte und verzauberte die Menschen mit seinen Visionen und Visualisierungen von Mode und Weiblichkeit – und das bis zu seinem Lebensende. Wohl kein Fotograf wurde häufiger publiziert als Helmut Newton. Heute sind viele seiner ikonischen Bilder Bestandteil eines kollektiven Bildgedächtnisses. Doch nach einer intensiven Recherche im Stiftungsarchiv kommen nun vergessene, überraschende Fotografien ans Licht.


Sonderausstellung für Newtons Ehefrau June
In June’s Room wird während der Laufzeit der Retrospektive eine Sonderausstellung zum Werk von June Newton, bekannt unter dem Pseudonym Alice Springs, gezeigt – im Andenken an die Stiftungspräsidentin, die im April 2021 mit 87 Jahren in Monte Carlo verstarb und inzwischen neben ihrem Mann in Berlin zur letzten Ruhe gebettet wurde. Die Australierin June Newton galt als eine Meisterin der Porträtfotografie und macht neben ihrem Ehemann eine eigene Karriere als Fotografin.
Ausstellung mit Buch
Zur Ausstellung HELMUT NEWTON. LEGACY erscheint die umfangreiche, gleichnamige Publikation im TASCHEN Verlag, hg. v. Matthias Harder, Hardcover, 24 x 34 cm, 424 Seiten, ISBN 978-3-8365-8458-6.
Die Newton Ausstellung in Berlin kann von 31. Oktober 2021 – 22. Mai 2022 besucht werden.

Bildquelle: Alice Springs, Helmut Newton, Hollywood, 1996, © Helmut Newton Estate, courtesy Helmut Newton Foundation