100 Künstler für einen neuen Börsen-Index

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Aus der Kunstwelt kommen regelmäßig sensationelle Storys. Denken wir nur an die Selbstzerstörung des Werkes „Girl With Ballon“ von Banksy, direkt als das Werk bei Sotheby versteigert wurde oder die zufällige Entdeckung eines neuen Werkes von einem weltbekannten Künstler auf dem Flohmarkt oder bei einem Garagenverkauf.

Diese Nachrichten gehen um die Welt, und der eine oder andere kommt auf die Idee, vielleicht selbst ein bisschen in diesem augenscheinlich illustren Kunstmarkt zu investieren. Schließlich gilt Kunst als Kunst gilt als alternative Geldanlage, bei der nicht nur teils hohe Renditen möglich sind, sondern auch als Anlage in Sachwerte, die lange Bestand haben und somit neben dem Faktor Lebensart auch – ähnlich wie Immobilien – eine gewisse Portion Sicherheit geben soll.

Kunst-Ausstellungen sind nach Corona wieder beliebte Besuchermagnete (Bildquelle: Pixabay / Pexels)

Börse und Kunst – ein schwieriger Mix

Bisher konnte ein Anleger das Lebensart-Thema Kunst an der Börse nur so angehen, indem er beispielsweise in Aktien von Artnet (WKN: A1K037 / ISIN: DE000A1K0375) oder Weng Fine Art investierte. Die Aktien von letzterem Unternehmen sind jedoch nicht im Regulierten Markt zugelassen oder in den Regulierten Markt einbezogen, während Artnet-Aktien jedermann handeln kann.

In seinem 20-jährigen Bestehen hat sich Artnet als B2B-Unternehmen auch für das B2C-Geschäft geöffnet und betreibt mit artnet Auctions außerdem ein qualifiziertes C2C-Geschäft. Damit ist artnet sowohl für die Fachwelt als auch für private Sammler das Synonym für effizienten Kunsthandel im Internet. Das klingt beeindruckend und für Aktionäre beruhigend – sollte doch das Geschäft mit der Kunst laufen.

Kunst kann auch Geld verbrennen

Ein Blick auf den Chartverlauf der Artnet-Aktie zeigt anderes auf.

Dass das Unternehmen aktuell nur bedingt gut dasteht, weiß auch der größte Aktionär von Artnet, die Rüdiger K. Weng A+A GmbH, die eine Sperrminorität an Artnet hat, welche aber noch unterhalb der Schwelle der Stimmrechtsschwelle liegt. In einer Pressemitteilung von Anfang Juni von Weng Fine Art heißt es: „Insgesamt hat Artnet seit dem Börsengang 1999 einen Konzern-Verlustvortrag von fast 53 Mio. US-Dollar angehäuft. Infolgedessen hat das Unternehmen in 23 Jahren keine einzige Dividende an ihre Aktionäre ausschütten können. Als bilanzielles Eigenkapital sind aktuell lediglich noch ca. 5 Mio. US-Dollar (nach 5,9 Mio. US-Dollar in 2020) verblieben, was nicht einmal dem Nominalbetrag des Grundkapitals entspricht.“

Augenscheinlich ist das Thema Kunst und Börse ein schwieriges. Nun kommt es zu einem neuen Versuch, Anleger davon zu überzeugen, am Finanzmarkt in Kunst zu investieren. Ein neuer Index soll es sein, der Rendite verspricht. Der Artprice100-Index. Aufgelegt wird dieser von Artmarket.com.

Der neue Artprice-100-Index

Der Artprice100-Index von Artprice zielt darauf ab, den Wertzuwachs des Kunstmarktes zu überwachen und zu quantifizieren, indem er sich auf seine stabilsten Elemente konzentriert.

Die Zusammensetzung des Artprice100-Index wird jedes Jahr am 1. Januar von einem wissenschaftlichen Ausschuss angepasst, um die Entwicklung des Kunstmarktes widerzuspiegeln. Der Index identifiziert im Wesentlichen die 100 Künstler, die in den vergangenen fünf Jahren bei Auktionen am besten abgeschnitten haben und ein wichtiges Liquiditätskriterium erfüllen (mindestens zehn verkaufte Werke vergleichbarer Qualität pro Jahr). Die Gewichtung jedes Künstlers ist proportional zu seinem jährlichen Auktionsumsatz während des betreffenden Zeitraums.

Im Lauf des Jahres wird an der Zusammensetzung des Artprice100-Index nichts geändert. Daher entwickelt sich der Gesamtwert des Artprice100-Index entsprechend der durchschnittlichen Leistung jedes einzelnen Künstlers im Portfolio, angepasst an seine Gewichtung innerhalb des Portfolios.

Kunst ist Lebensart und für manche Anleger auch ein alternatives Investment. (Bildquelle: Unsplash)

Erhebliche Risiken beim Handel mit Kunst

Der Index scheint für Kunst-affine Anleger auf den ersten Blick eine gute Option zu sein, das Thema an der Börse erstmals anzupacken und eben nicht direkt in Objekte zu investieren und somit das eigene Risiko zu minimieren.

Hier bildet der Kunstmarkt keine Ausnahme und beinhaltet mindestens so viele Risiken wie der „normale“ Aktienhandel. Die Kunst, auch auf dem Kunstmarkt, ist es Risiken zu minimieren, bzw. unter Kontrolle zu halten. Gelingen kann dies, wenn der Wert eines Kunstwerkes bekannt ist und zum besten Preis eingekauft wird.

Auf der anderen Seite sind natürlich auch hohe Gewinne möglich, wie das folgende Beispiel zeigt. Im Jahr 2020 kaufte ein unbekannter Käufer das Werk Untiteld (1990) von Christopher Wool für 35.250 US-Dollar. 15 Jahre später wird das Werk für gut 2,4 Mio. US-Dollar weiterverkauft.

Interessant dabei ist, dass die Wertsteigerung eigentlich erst nach der Finanzkrise 2008 begann, wie der Preisindex von Artprice für das Originalwerk enthüllt. Hätte ein Käufer das Werk dementsprechend das Werk erst 2006 nach der Ausstellung von Christopher Wool in Gagosian-Gallery und der der Simon Lee Gallery gekauft, wäre der Gewinn ebenso hoch gewesen. Das Risiko jedoch deutlich geringer.

Preisentwicklung der Kunstwerke von Christopher Wool. (Datenquelle: artprice.com)

Die Diversifizierung des Portfolios

Eine Möglichkeit die Risiken zu Reduzieren liegt in der Diversifizierung des Portfolios. Die Daseinsberechtigung des Artprice100-Index ist: eine Sammlung zu simulieren, die einer einfache und objektiven Diversifizierungsstrategie folgt. Wie die wichtigsten Börsenindizes investiert der Artprice100-Index in die hundert am besten performenden Namen auf dem sekundären Kunstmarkt.

Die Entwicklung des Artprice100-Index im Vergleich zu S&P500. (Datenquelle: artprice.com)

Die Vorteile der Diversifizierung haben jedoch ihre Grenzen. Der Artprice100-Index zeigt zwar eine Steigerung von plus 36 Prozent, die deutlich höher ist als diejenige des S&P 500 mit plus 27 Prozent im Jahr 2021. Gleichzeitig enthüllt der Artprice-Global- Index, dass der Wert eines generellen Portfolios, bezogen auf den gesamten Kunstmarkt, im Jahr 2021 um -1 Porzent gefallen wäre.

mE-Fazit

Der Artprice100 Index ist eine rein theoretische Überlegung, da es praktisch unmöglich ist, ein Portfolio mit repräsentativen Werken des Marktes der hundert erfolgreichsten Künstler der Welt zusammenzustellen. Doch genau diese Idee scheint vielen Investoren zu gefallen, ein Instrument zu haben das ihnen erlaubt, auf flexible Weise am Kunstmarkt teilzunehmen.

Wer ein Kunst-affiner Anleger ist, dürfte am Ende sich wohl eher für ein Investment entscheiden, dass letztlich nach dem Kauf an der Wand hängt oder als Skulptur auf dem Boden oder dem Sideboard steht – und eben nicht für fiktive Anteile von Werken, auch wenn das Thema NFT massiv in die Kunstszene drängt.

Bildquelle: Unsplash, artprice.com