Wochenrückblick KW 22: Commerzbank kaufen oder verkaufen? Deutsche Börse haussiert

Bildquelle: Pressefoto Deutsche Börse

Die Börse ist keine Einbahnstraße. Dies konnten Anleger in dieser Woche wieder einmal mehr oder minder schmerzhaft feststellen. Doch auch beim DAX ist noch nicht aller Tage Abend – wenn man auf die Charttechnik schaut (siehe unten). Interessantes von der Datenfront gab es derweil vom Statistischen Bundesamt. Wo sind alle die Deutschen hin, könnte man singen, wenn man der Volkszählung glauben darf. Denn offenbar hat Deutschland nur 80,2 Millionen Einwohner – rund 1,5 Millionen Einwohner weniger als bislang angenommen. Die Auswirkungen für den Staat (Länderfinanzausgleich, Rentenversicherung), aber auch für die Wirtschaft (Versicherungskalkulationen) dürften erst in den nächsten Wochen Stück für Stück deutlich werden. Für die Börse dürften sich indes erstmal weniger Folgen ergeben – die Zahl der Aktienanleger ist und bleibt wohl gering.
Apropos Aktienanleger: Die Deutsche Börse (WKN 581005) zählte am Freitag zu den größten Gewinnern im ansonsten schwachen Frankfurter Markt. Grund ist die Abschwächung der Finanztransaktionsteuer. Mal wieder ein EU-Projekt, das als Tiger gestartet und als Schoßkätzchen gelandet ist. Aber die Ungleichbehandlung von Aktien und Derivaten war sowieso wenig sinnvoll, von daher ist es nicht verkehrt, wenn das Projekt scheitert.
Für Emotionen sorgte vergangene Woche die Commerzbank (WKN CBK100). Am Mittwoch war die Kapitalerhöhung erfolgreich vollbracht. Immerhin rund 2,5 Mrd. Euro konnte die kriselnde Bank einsammeln, womit der vollständigen und vorzeitigen Rückzahlung der Stillen Einlagen des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) sowie der Allianz nichts mehr im Wege steht. Soweit die guten Nachrichten. Doch nur wenn nun auch die Sanierung gelingt, kann sich die Coba-Aktie zu neuen Höhen aufschwingen. Wie unterschiedlich hierzu die Meinungen sind, zeigen die aktuell extremsten Analystenkommentare zur Coba. Während Independent Research (“Verkaufen”) das Kursziel nach Abschluss der Kapitalerhöhung von 6 auf 7 Euro angehoben hat, senkte das Bankhaus Lampe (“Kaufen”) das Kursziel von 12,71 auf 11,50 Euro. Wir tendieren derzeit weiter eher zur ersteren Meinung.

Der DAX und sein Chart

Der DAX gönnt sich nach dem massiven Kursanstieg seit Mitte April derzeit eine kleine Verschnaufpause. Bislang gibt es aber noch keine Anzeichen für eine deutlichere Korrektur. Vielmehr lässt die aktuelle Konsolidierung eine baldige Wiederaufnahme des Aufwärtstrends erwarten, wie wir in unserem Ausblick DAX schreiben. Auch aus Sicht der Point & Figure-Analyse ist die Lage im DAX nicht düster, die aktuelle Phase mag zwar ein wenig anstrengend sein. Allerdings dürfte sie sich als Kaufchance herausstellen. Denn der Unterstützungsbereich zwischen 8050 bis 8150 wirkt zumindest aktuell mehr als vertrauenserweckend.

Einzeltitel aus Deutschland

Am letzten Samstag trat nicht nur der FC Bayern gegen Dortmund im Champions League Finale an, sondern auch die beiden Ausstatter dieser Vereine, adidas (WKN A1EWWW) und Puma (WKN 691660). Während adidas durchaus interessant ist, wie die Point & Figure-Analyse zeigt, ist Puma aktuell ein zahnloses Aktienkätzchen. Borussia Dortmund (WKN 549309), der einzige börsennotierte Fußballclub Deutschlands, wiederum ist auch nach dem verlorenen Champions League Finale interessant, wie wir hier feststellten.
Ebenfalls spannend war vergangene Woche Dürr (WKN 556520). Manch unbedarfter Anleger schaute am Montag geschockt auf den Kurszettel von Dürr. Doch keine Sorge: Der Kurseinbruch um 50 Prozent war nur optischer Natur, denn seit Wochenbeginn hat jeder Aktionär die doppelte Anzahl an Aktien im Depot. Ziel dieser Aktion ist es, die Aktie des Anlagenbauers für die Automobilfertigung liquider und für Privatinvestoren attraktiver zu machen – zurecht wie wir hier meinen.
Der Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger (WKN 590900) sorgte ebenfalls für Schlagzeilen. Dieser setzt seinen Konzernumbau unverändert fort. Am späten Montagabend kündigte das Mannheimer Unternehmen an, sich vom Geschäftsfeld Concessions trennen zu wollen. Der zu erwartende Geldsegen könnte der Aktie neues Kurspotenzial eröffnen.
Nachdem die Aktie des Saatzuchtkonzerns KWS Saat (WKN 707400) zuletzt eine kleine Pause von ihrem langfristigen Höhenflug eingelegt hatte, gehört das Papier am Dienstagnachmittag dank sehr guter Ergebnisse für die ersten neun Monate des laufenden Geschäftsjahres zu den Top-Performern im SDAX. In der Folge haben auch Analysten reagiert und ihre Ratings und Kursziele angepasst.
Es gibt Nebenwerte, da freut man sich über den Besuch der Hauptversammlung und die Zurschaustellung der eigenen Waren. Ein solches Unternehmen ist die Hawesko Holding (WKN 604270). Das SDAX-Unternehmen ist ein Weinhändler mit weltweiten Verbindungen und Weinen im Angebot. Durch die Integration von Einzel-, Groß- und Versandhandel verfügt Hawesko über eine einzigartige Aufstellung. Das Ergebnis kann sich ebenso sehen lassen wie der Kursverlauf der Aktie.
Nach einem durchwachsenen Geschäftsjahr 2012 musste die Beteiligungsgesellschaft INDUS (WKN 620010) zum Jahresauftakt 2013 mit einer Stagnation bei Umsatz und Ergebnis fertig werden. Trotzdem blieb das Management bei seinem positiven Ausblick für das laufende Geschäftsjahr. Allerdings formulierte das Unternehmen eher verhaltene Ziele, so dass das Erreichen selbiger kein großes Kunststück darstellen dürfte.
Es sind stürmische Zeiten für den im SDAX notierte Bahn- und Verkehrstechnikkonzern Vossloh (WKN 766710). Auf der Hauptversammlung am Mittwoch kam es zu einem Machtkampf um den Aufsichtsratsvorsitz. Während eigentlich die Gründerfamilie Vossloh diesen bislang erfolgreich für sich beanspruchte, wurde überraschend der weitere Großaktionär Heinz Hermann Thiele in das Aufsichtsgremium gewählt. Neben der Ex-Dividendenotierung ist dieser Machtkampf ein weiterer Belastungsfaktor für die Aktie. Sie fiel in Richtung GD200. Mehr dazu hier.
Seit einigen Handelstagen ist die Praktiker-Aktie (WKN A0F6MD) zum Pennystock mutiert. Die angeschlagene Baumarkt-Kette war eigentlich ein Top-Turnaround-Kandidat für 2013. Doch der lange Winter und die daher fehlenden Umsätze machen dieses Ziel weniger wahrscheinlich. Noch dazu wurde auf der heutigen Hauptversammlung angedeutet, dass man noch mehr Auslandsaktivitäten in Frage stellt. Die Sanierung von Praktiker und der Umbau in Richtung Max Bahr ist offenbar weitaus schwieriger, als gedacht. Der Turnaround lässt also auf sich warten.
Nach den enttäuschenden vorläufigen Zahlen hat Solarworld (WKN 510840) nun seine desaströse Quartalsbilanz bestätigt. Der zum Pennystock verkommene frühere TecDAX-Star dürfte daher seine Talfahrt weiter fortsetzen, meinen wir hier.

Internationale Einzelwerte

In den vergangenen Jahren konnten wir in verschiedenen Etappen den Abstieg Nokias (WKN 870737) vom größten Handyhersteller der Welt und Europas wertvollstem Unternehmen zu einem Anbieter verfolgen, dem die übermächtige Konkurrenz nur kleine Teile des Marktes übrig gelassen hat. Eine weitere Etappe konnten wir nun erleben, als das Marktforschungsunternehmen IDC bekannt gab, dass im ersten Quartal nicht mehr Nokia, sondern Samsung (WKN 888322) die meisten Handys in Finnland verkaufte. Doch so wie die Aktie nach unten fiel, hat sie nun Potenzial sich wieder zu erholen.
Bei den Baukonzernen fällt das erste Quartal saisonal bedingt eher schwach aus. In diesem Jahr musste der österreichische Baukonzern STRABAG (WKN A0M23V) sogar mit einem ungewöhnlich langen Winter fertig werden, so dass der Start in die Bausaison wetterbedingt verspätet ausfiel. Allerdings konnte die Jahresprognose betätigt werden. Zudem will das im ATX notierte Unternehmen nach dem Ende des Baubooms in Polen in den Schwellenländern neues Wachstum generieren. Mehr dazu hier.
Die Aktie der Telekom Austria (WKN 588811) gehört wie viele andere europäische Telekom-Werte zu den Langweilern auf dem Kurszettel. Heute wird nun die jährliche Hauptversammlung abgehalten und es stellt sich die Frage, ob dort etwas Optimismus aufkommen kann, oder die Aktie weiterhin vor sich hindümpelt.
Es waren solide Zahlen, die da heuer aus Wien von der Vienna Insurance (WKN A0ET17) kamen. Das an der Wiener Börse gelistete Unternehmen hat den Gewinn vor Steuern um 5,2 Prozent auf insgesamt 159,4 Mio. Euro erneut steigern können und damit das beste Ergebnis in einem ersten Quartal der Unternehmensgeschichte erreicht. Gratulation!
Die Jungs von C.A.T. oil (WKN A0JKWU), einer der führenden Anbieter von Öl- und Gasfelddienstleistungen in Russland und Kasachstan, schließt das erste Quartal 2013 mit einem neuen Rekord ab. Und zugleich wurde der Ausblick bestätigt. Die Aktie von C.A.T. oil wiederum sollte davon mehr als profitieren können.

Wochenvorschau: Unternehmenstermine

In Sachen Quartalszahlen gibt es in der kommenden Woche keine nennenswerten Veröffentlichungen. Stattdessen dürften einige Hauptversammlungen im Blickpunkt stehen. Unter anderem: Tom Tailor (Montag); BayWa, JENOPTIK, Nordex, SAP (Dienstag); Grammer, Kontron, KUKA, STADA, zooplus (Mittwoch); Air Berlin, GERRY WEBER, LEIFHEIT, MAN, MLP, Schaltbau (Donnerstag).

Wochenvorschau: Konjunkturdaten

Montag
09:55 Uhr: DE; Einkaufsmanagerindex Mai
10:00 Uhr: EU; Einkaufsmanagerindex Mai
16:00 Uhr: USA; ISM-Index Mai
16:00 Uhr: USA; Bauausgaben April

Dienstag
14:30 Uhr: USA; Handelsbilanz April
USA; Automobilverkäufe Mai

Mittwoch
10:00 Uhr: EU; Einkaufsmanagerindex Dienstleistungen Mai
11:00 Uhr: EU; BIP Q1 (2. Schätzung)
14:15 Uhr: USA; ADP-Arbeitsmarktreport Mai
16:00 Uhr: USA; ISM Dienstleistungsindex Mai
16:00 Uhr: USA; Industrieaufträge April
20:00 Uhr: USA; Beige Book
GB; Bank of England Ratssitzung

Donnerstag
12:00 Uhr: DE; Auftragseingang Industrie April
13:00 Uhr: GB; Bank of England Sitzungsergebnis
13:45 Uhr: EU; EZB-Sitzungsergebnis
14:30 Uhr: USA; Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe Vorwoche

Freitag
08:00 Uhr: DE; Außenhandel April
12:00 Uhr: DE; Produktion produzierendes Gewerbe April
14:30 Uhr: USA; Arbeitsmarktdaten Mai
21:00 Uhr: USA; Verbraucherkredite April

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