Kommt die Praktiker-Aktie nach der Finanzierungsvereinbarung weiter voran?

Die angeschlagene Baumarktkette Praktiker (WKN A0F6MD) scheint erst einmal über den Berg zu sein. Die seit einiger Zeit laufenden Verhandlungen über die Fremdfinanzierung der Restrukturierung und der Neuausrichtung wurden am Dienstag erfolgreich abgeschlossen. Doch der Aktienkurs hat bislang eher verhalten auf die neue Nachrichtenlage reagiert. Allerdings war der jüngste Kurssprung ja auch schon durch ein hohes Maß an Vorschußlorbeeren begründet, so dass die operativen Erfolge nun rasch eintreten müssen, damit auch die Aktionäre wieder Spass an dem SDAX-Titel haben.

Nach wie vor gilt, was ich bereits bei der Gesprächsaufnahme mit der österreichischen Semper Constantia Privatbank AG Ende August geschrieben habe:

Der SDAX-Titel kann sich mit dem 20 Prozent -Satz nach vorne nachhaltig vom Allzeittief absetzen. Damit ist der bisherige Abwärtstrend gebrochen. Kurzfristig sind also durchaus auch Kurse von 1,50 Euro und mehr drin. Doch muß die Euphorie am Markt auch bald mit wirklich guten Nachrichten untermauert werden. Dann sieht es auch für die Kursentwicklung der Praktiker-Aktie wieder besser aus.

Der Sprung über die Marke von 1,50 Euro ist inzwischen erfolgt. Doch wie sieht es nun aus?

Schauen wir zunächst auf die am Dienstag getroffenen Vereinbarungen: Zunächst erhält Praktiker von der Semper Constantia Privatbank Finanzmittel in Höhe von 40 Mio. Euro. Zudem liegt Praktiker die verbindliche Zusage eines anderen Kreditinstituts vor, nach erfolgreicher Durchführung der von der Hauptversammlung am 4. Juli 2012 beschlossenen Kapitalerhöhung zusätzliche Mittel in Höhe von 20 Mio. Euro zu gewähren. Da hierdurch wesentliche Finanzierungsmittel gesichert sind, ist die bestehende Kreditlinie unter Federführung der Commerzbank in Höhe von 40 Mio. Euro auf drei Jahre verlängert worden. Die Warenkreditversicherer von Praktiker sind schließlich bereit, den Restrukturierungsprozess durch entsprechende Limitzusagen gegenüber Lieferanten zu unterstützen. Letzter Baustein des Fremdfinanzierungspakets ist ein weiteres Darlehen in Höhe von 15 Mio. Euro. Praktiker geht davon aus, auch diese Verhandlungen kurzfristig zum Abschluss bringen zu können. Laut Finanzvorstand Markus Schürholz ist das Darlehensvolumen zwar etwas geringer als ursprünglich angestrebt. Aber dafür seien die Konditionen, auf die man sich mit Semper Constantia einigen konnte, in der Gesamtbetrachtung günstiger als das, was man an die internationale Fondsgesellschaft hätte leisten müssen. Somit kann man die finanzielle Seite des Konzerns also zunächst einmal als gesicht betrachten.

Derweil kommt offenbar auch die operative Umsetzung der Neuausrichtung des Praktiker-Konzerns zügig voran. Die erste Welle der Umstellung von Praktiker-Standorten auf die ertragsstarke Marke Max Bahr läuft derzeit, die Neueröffnung der ersten sieben Märkte fand am 27. September statt. Die zweite Welle mit ebenfalls sieben Marktumstellungen folgt in wenigen Wochen. Gleichzeitig werden die Arbeiten am Prototyp eines neuen Praktiker-Marktes forciert, der Rollout neuer Serviceelemente bei Max Bahr fortgesetzt und die notwendigen Verhandlungen zur Einbindung der Lieferanten in die Konzeptarbeit aufgenommen. Im Oktober findet schließlich der Aufbau der neuen Konzernzentrale in Hamburg seinen Abschluss. Alles in allem gute Aussichten, die aber als vertrauensbildende Maßnahmen auch alle termingerecht umgesetzt werden müssen.

Sollten die nun angekündigten Maßnahmen also laut Plan über die Bühne gebracht werden können, dürfte sich dies auch auf den Aktienkurs positiv auswirken. Als Hürde stehen derzeit jedoch noch zahlreiche personelle Veränderungen im Raum. Kolportiert werden verschiedene Neubesetzungen im Aufsichtsrat, aber auch an der Konzernspitze – allesamt durch die veränderte Eigentümerstruktur und die Finanzierungsrunde bedingt. Davon sollte man sich als Anleger nicht verunsichern lassen, wenngleich entsprechende Meldungen durchaus das Potenzial haben, den Kurs zu drücken. Aus charttechnischer Sicht liegt die nächste Hürde bei rund 1,90 Euro. Erst bei einem nachhaltigen Überwinden dieser Marke ist das Absturzpotenzial deutlich reduziert, auch wenn der Ausbruch über 1,50 Euro als starkes Signal in Richtung 2,XX Euro zu werten ist. Die nächsten Woche bleiben also spannend. Für Gewinnmitnahmen dürfte es zu früh sein, wenngleich entsprechende Stop-Loss-Absicherungen über den Einstiegskursen nie verkehrt sind. Einziger Belastungsfaktor dürfte indes von der Konjunkturseite kommen: Falls sich rezessive Signale zeigen sollten, dürfte sich dies auch bei Praktiker negativ auf den Aktienkurs auswirken.