Thyssenkrupp: Die Rolle rückwärts

Bildquelle: worldsteel / Robert Kolykhalov

Thyssenkrupp (WKN: 750000 / ISIN: DE0007500001) ist ein Urgestein der deutschen Industriegeschichte. Umso schmerzlich wurde die Ankündigung aufgenommen, sich vom Stahlgeschäft zu verabschieden. Das war 2017. Nach inzwischen mehreren gescheiterten Versuchen, sich vom Ursprung zu lösen, erfolgte diese Woche die vermutlich endgültige Rolle rückwärts. Die Gespräche mit Liberty Steel über einen möglichen Erwerb von thyssenkrupp Steel Europe wurden beendet. Und nun?

Stahlkonzern ohne Stahl?

Der Wandel vom Stahlkonzern hin zum Industriekonzern mit Stahlfokus ist durch diesen Schritt vom Tisch. Thyssenkrupp formulierte die Entscheidung wie folgt: „thyssenkrupp wird nun eine zukunftsfähige Aufstellung des Stahls aus eigener Kraft weiter vorantreiben.

Dazu arbeitet der Stahlvorstand an einer konsequenten Weiterentwicklung der Stahlstrategie 20-30, um die Folgen der Corona-Pandemie zu adressieren und den Stahl nachhaltig profitabel und damit zukunftsfähig zu machen.“

Die Vision künftig Stahl für die eigenen Produkte extern bei einem Dritten oder einem Joint-Venture zu erwerben, ist auf diese Weise beerdigt. Thyssenkrupp wird also logischerweise seine Stahlaktivitäten so umbauen müssen, dass End- und Rohprodukte zusammenpassen.

Anders gesagt: Thyssenkrupp stellt nur noch den Stahl her, den es künftig auch selbst für die Fertigung hochwertiger Industrieprodukte benötigt.

Bildquelle: Pressefoto ThyssenKrupp

Vorbild aus Linz

Ein Unternehmen, dass diese Variante des Technologiekonzerns auf Stahlbasis seit geraumer Zeit lebt, ist die österreichische Voestalpine (WKN: 897200 / ISIN: AT0000937503). Dort werden aus Stahl hochwertige Endprodukte für die Automobil-, Luftfahrt-, Eisenbahn- und Öl- und Gasindustrie gefertigt. Wohl gemerkt alles aus eigenem Stahl.

Wenn Thyssenkrupp das nun auch auf seine Geschäftsfelder – angefangen bei Aufzügen über Anlagenbau bis zum Schiffbau – adapiert, kann der angedachte Umbau tatsächlich gelingen. Und das dann tatsächlich unter dem altehrwürdigen Namen Thyssenkrupp. Für Aktionäre sind das echte Perspektiven. Zweistellige Kurse sprechen hierbei eine klare Sprache. Weiter so!

Fazit

Der Anfang für die neue Thyssenkrupp ist gemacht. Der Umbau wird aber mit Sicherheit schmerzlich werden. Daher sollten sich Aktionäre nicht zu früh freuen. Das Management, das die letzten Jahre nicht gerade durch klare, langfristige Strategien aufgefallen ist, muss nun zeigen, dass es eine tatsächlich Zukunftsvision von Stahl Made in Germany hat.

Vor allem aufgrund der Umweltproblematik ist hier echte deutsche Ingenieurskunst gefragt. Wenn das gelingt, wäre das ein echtes Aufbruchsignal für die unter Druck stehende deutsche (Schwer-)Industrie.

In diesem Sinne,
weiterhin viel Erfolg bei der Geldanlage

Ihre marktEINBLICKE-Gründer
Christoph A. Scherbaum & Marc O. Schmidt

Bildquelle: worldsteel / Robert Kolykhalov